Arbeitsrecht. Jean-Martin Jünger
zusteht; ist dies nicht voraussehbar, so sind für die Berechnung, soweit im Tarifvertrag nichts anderes vereinbart ist, jeweils die letzten sechs Monate, bei kürzerer Dauer der Tätigkeit dieser Zeitraum, maßgebend […]
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Weitere Vorschriften mit Sonderregelungen für arbeitnehmerähnliche Personen finden sich in den §§ 2 S. 2 BUrlG, 11 EFZG, 5 Abs. 1 S. 2 ArbGG.
Der Gruppe der arbeitnehmerähnlichen Personen können beispielsweise Heimarbeiter (§ 2 Abs. 1 HAG) angehören.
2. Teil Individualarbeitsrecht › A. Grundbegriffe › IV. Scheinselbstständigkeit
IV. Scheinselbstständigkeit
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Eine in der Praxis häufig vorkommende Form der Mitarbeit ist die so genannte „freie Mitarbeit“. Freie Mitarbeiter sind selbstständig Tätige, die im Rahmen eines Dienstvertrags für Auftraggeber handeln. Vorteile dieser Art der Zusammenarbeit bestehen hauptsächlich für den Auftraggeber, der für einen echten freien Mitarbeiter keine Arbeitgeberanteile an die Sozialversicherungsträger zahlen muss. Denn der freie Mitarbeiter ist sozialversicherungsrechtlich nicht als Beschäftigter zu sehen und unterliegt damit nicht der Versicherungspflicht nach oben genannten Normen, vgl. §§ 2, 7 Abs. 1 SGB IV.
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Problematisch wird die freie Mitarbeit, wenn der Auftragnehmer nur für einen Auftraggeber arbeitet. In dem Fall wird regelmäßig eine „Scheinselbstständigkeit“ vorliegen, also eine verschleierte Arbeitnehmereigenschaft des Dienstleistenden. Ob dies der Fall ist, bestimmt sich nach den oben unter dem Punkt „Arbeitnehmer“ genannten Kriterien.
2. Teil Individualarbeitsrecht › A. Grundbegriffe › V. Übungsfall Nr. 1
V. Übungsfall Nr. 1
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„Der Sportredakteur[9]“
A hat Journalismus studiert und ist seit mehreren Jahren bei dem öffentlich-rechtlichen Fernsehsender B in der Redaktion „Sport“ beschäftigt. Die Zusammenarbeit basiert auf mit „Honorarvertrag“ überschriebenen Vereinbarungen, nach denen der A als Reporter, Berichterstatter, Redakteur oder Moderator inhaltlich gestaltend am Programm der Beklagten mitwirken soll, indem er seine Fachkenntnisse, Informationen und journalistischen Arbeitsergebnisse, seine eigene Auffassung zu politischen, wirtschaftlichen, kulturellen und anderen Sachfragen sowie seine individuelle künstlerische und journalistische Befähigung und Aussagekraft in die Sendungen einbringen soll.
Dazu übermittelt B dem A sechs Wochen vor Beginn des Planungszeitraums einen Vordruck, in den der A eintragen soll, wann und wie viel Zeit er für die B arbeiten will. A schreibt stets hinein, wann er für andere Auftraggeber arbeitet und folglich keine Zeit hat, andernfalls vermerkt er: „Keine besonderen Wünsche“. Daraufhin wird A hauptsächlich als Moderator des Sportteils einer überregionalen Nachrichtensendung eingesetzt, die montags bis freitags abends je drei Mal zu festen Zeiten ausgestrahlt wird. Am jeweiligen Sendungstag begibt sich A gegen 13 Uhr in die Redaktion, wo er zunächst eigene Themenvorschläge mit dem Redakteur vom Dienst bespricht. Nach einer Redaktionskonferenz, an der A nicht teilnimmt, bekommt er mitgeteilt, welche Themen er bringen soll. Daraufhin recherchiert A und bereitet seine Beiträge vor. Die Ergebnisse liest der Redakteur vom Dienst gegen und korrigiert und kürzt sie gegebenenfalls.
Für die Einsätze erhält A festgelegte Honorare. Von diesen werden Lohnsteuer, Solidaritätszuschlag und Beiträge zu den Sozialkassen einbehalten und von der B an die zuständigen Behörden abgeführt.
Als A schwer erkrankt und vier Wochen arbeitsunfähig ist, verlangt er von B Entgeltfortzahlung. Hat er darauf einen Anspruch?
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Lösung
Anspruch aus § 3 EFZG
A könnte gegen die B einen Anspruch auf Fortzahlung seiner Vergütung aus § 3 EFZG haben. Nach dieser Vorschrift hat der Arbeitnehmer, der aufgrund von Krankheit arbeitsunfähig unverschuldet erkrankt ist, einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung für einen Zeitraum von bis zu sechs Wochen.
Zu prüfen ist, ob A Arbeitnehmer i.S.d. § 3 EFZG ist. Arbeitnehmer ist nach der Rechtsprechung, wer aufgrund eines privatrechtlichen Vertrags im Dienste eines anderen zur Leistung weisungsgebundener fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet ist.
1. Privatrechtlicher Vertrag
Zwischen A und B müsste zunächst ein privatrechtlicher Vertrag geschlossen worden sein. B ist zwar als öffentlich-rechtlicher Fernsehsender eine Anstalt des öffentlichen Rechts. Es sind aber keine Hinweise auf ein Sonderverhältnis, etwa einen Beamtenstatus des A, erkennbar. Folglich basiert die zwischen A und B bestehende Vereinbarung auf privatem Recht.
2. Arbeitsvertrag, § 611a Abs. 1 S. 1 ff. BGB
Zu prüfen ist weiterhin, ob der Vertrag als Arbeitsvertrag i.S.d. § 611a Abs. 1 S. 1 ff. BGB anzusehen ist. Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass A und B ein Gesellschafts- oder Auftragsverhältnis verbinden könnte. Folglich ist lediglich eine Abgrenzung zum Werkvertrag i.S.d. §§ 631 ff. BGB vorzunehmen. Dies wäre dann zu bejahen, wenn der A dem B einen Erfolg schulden würde statt einer Tätigkeit. Dies kann zum Beispiel der Fall sein, wenn er als Journalist lediglich einen Zeitungsartikel oder Nachrichtentext abliefern müsste. Hier schuldet A aber nicht nur die Lieferung eines von ihm zu fertigenden Beitrages, sondern er muss Beitragsthemen vorschlagen, sie vorbereiten und anschließend auch im Fernsehen vortragen. Dies entspricht einer arbeitsvertraglichen Tätigkeit. Damit liegt ein Vertrag i.S.d. § 611a Abs. 1 S. 1 BGB vor.
3. Unselbstständigkeit der Dienstleistung
Fraglich ist jedoch, ob A seine Leistungen als freier Mitarbeiter oder als unselbstständiger Arbeitnehmer erbringt. Maßgebliches Unterscheidungskriterium ist hier der Grad der persönlichen Abhängigkeit des Dienstverpflichteten vom Dienstberechtigten. Hier kann auf die Regelung des § 84 Abs. 1 S. 2 HGB zurückgegriffen werden. Demnach ist Selbstständiger, wer im Wesentlichen seine Tätigkeit frei gestalten und die Arbeitszeit bestimmen kann.
Fraglich ist, ob diese Grundsätze auch bei dem B herangezogen werden können. Denn B genießt als Fernsehsender den besonderen Schutz des Art. 5 Abs. 1 GG, die Rundfunkfreiheit. Auf diese Besonderheit ist bei der Auswahl, Einstellung und Beschäftigung der Mitarbeiter, die bei der Gestaltung der Programme mitwirken, Rücksicht zu nehmen. Nur so kann gewährleistet werden, dass die Sender frei ihre Programme entwerfen und durchführen können und nicht unbillig an einzelne Mitarbeiter gebunden werden, die nicht in das aktuelle Konzept des Senders passen. Konkret wirkt sich das so aus, dass zwar grundsätzlich die allgemeinen Abgrenzungskriterien des Arbeitsrechts anwendbar sind. Dabei ist aber eine fallbezogene Abwägung zwischen der Bedeutung der Rundfunkfreiheit einerseits und dem Rang der von den Normen des Arbeitsrechts geschützten Rechtsgüter andererseits zu treffen. Hier ist wiederum zu unterscheiden, ob ein Programm gestaltender Mitarbeiter betroffen ist oder einer, der auf das Programm keinen Einfluss hat, somit die Rundfunkfreiheit des Senders nicht beeinträchtigen kann und daher als normaler Arbeitnehmer gewertet werden könnte.
Zu prüfen ist demnach, zu welcher Gruppe der A gehört. Zu seinen Aufgaben gehört die Einbringung eigener Ideen für die von ihm moderierte Sendung. In dieser muss er seine Kenntnisse und Fähigkeiten nutzen, um den Zuschauer von dem Programm zu überzeugen, sodass er