Arbeitsrecht. Jean-Martin Jünger
auf das Programm Einfluss nimmt. Fraglich ist, welche Rolle es spielt, dass die endgültige Themenwahl dem Redakteur vom Dienst oblag und A insofern keine Entscheidungsgewalt hatte. Maßgeblich muss hier aber sein, dass A überhaupt in der Position ist, eigene Ideen und Akzente zu setzen, zumal bei getroffener Themenwahl die Präsentation wieder allein in As Machtbereich lag. A war also Programm gestaltender Mitarbeiter des B. Bei diesen Mitarbeitern kann ein Arbeitsverhältnis gegeben sein, wenn ihnen nur ein geringes Maß an Selbstständigkeit und Gestaltungsfreiheit verbleibt und der Sender über die Arbeitsleistung des Mitarbeiters verfügen kann. Zu prüfen ist daher zunächst, ob A über ein gewisses Maß an Selbstständigkeit und Gestaltungsfreiheit verfügt. Wie gesagt, ist er insofern eingeschränkt, als der Redakteur vom Dienst über die Themen entscheidet und die Texte des A redigiert. Allerdings ist hier nach obigen Maßstäben i.S.d. Art. 5 Abs. 1 GG zu beachten, dass B ein Programmauftrag obliegt, der nicht zuletzt wegen der ihn finanzierenden GEZ-Gebühren erfüllt werden muss. Es ist daher unabdingbar, dass B darauf achtet, was seine Programm gestaltenden Mitarbeiter zur Sendung vorbereiten. Außerdem ist auch der freie Mitarbeiter nicht auf allen Gebieten gänzlich frei, sondern muss bestimmte Vorgaben des Auftraggebers beachten. Er muss sich daher an Verpflichtungen des Auftraggebers seinerseits halten und mit Kontrollen der Qualität seiner Arbeit rechnen. So verhält es sich im vorliegenden Fall. A steht die Gestaltung der Sendung, die Formulierung seiner Worte etc. frei. Er ist lediglich an die Themenvorgaben des Redakteurs gebunden. Da dies auch bei freien Mitarbeitern der Fall sein kann, spricht hier noch nichts für seine Arbeitnehmereigenschaft. Fraglich ist, ob aus den Zeitvorgaben für den A etwas anderes hergeleitet werden kann. A muss sich den Sendezeiten unterwerfen und könnte daher in dieser Hinsicht weisungsgebunden sein. Weisungsgebunden ist in zeitlicher Hinsicht, wem Arbeitszeiten zugewiesen werden. Hier hat der B die Dienstpläne einseitig erstellt. Dies geschah jedoch im Rahmen der Vorgaben des A, der Zeiten blockte, in denen er nicht für B arbeiten wollte, und dem B im Übrigen freie Hand ließ. Dies kann nicht mit den Fällen verglichen werden, in denen einem Arbeitnehmer die Arbeitszeit diktiert wird, denn A begab sich freiwillig in die freie Einteilung durch B. Hieran ändert auch nichts, dass die Tätigkeit des A von den festen Sendezeiten abhängig war. Es handelt sich hier um einen Umstand, der dem Wesen der freien Mitarbeit nicht fremd ist. Auch im Rahmen von freien Dienstverträgen sind häufig feste Fristen, Arbeitsdauer u.ä. einzuhalten, ohne dass daraus eine Abhängigkeit vom Auftraggeber abgeleitet werden kann. Vielmehr sind diese Mitarbeiter von den konkreten Gegebenheiten ihres Auftragsinhalts abhängig, so auch A. Eine zeitliche Unselbstständigkeit ist also nicht erkennbar.
Die Prüfung der wesentlichsten Arbeitnehmermerkmale hat demnach ergeben, dass der A ein freier, Programm gestaltender Mitarbeiter des B und nicht sein Arbeitnehmer ist. Fraglich ist, ob unter Heranziehung sonstiger Umstände ein anderes Ergebnis vorliegt. A könnte als Arbeitnehmer zu werten sein, weil er steuer- und sozialversicherungsrechtlich wie ein solcher behandelt wird. Dies ist indes ein schwaches Indiz, weil auf die Umstände abzustellen ist, die die Dienstleistung betreffen, nicht ihre Entlohnung. Außerdem könnte eine falsche Beurteilung der Sach- und Rechtslage durch B zu der Behandlung der Vergütung wie Arbeitslohn geführt haben. Dies kann sich nicht auf die richtige Beurteilung der Arbeitnehmereigenschaft des A auswirken. Nachdem A zudem bei anderen Auftraggebern arbeiten darf, dies auch tut und sogar seine Arbeitszeit bei dem B danach ausrichtet, kann eine Arbeitnehmereigenschaft des A nicht bejaht werden.
4. Ergebnis
A ist kein Arbeitnehmer. Er hat keinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung nach § 3 EFZG.
2. Teil Individualarbeitsrecht › A. Grundbegriffe › VI. Arbeitgeber
VI. Arbeitgeber
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Der Arbeitgeber- und der Arbeitnehmerbegriff hängen naturgemäß eng zusammen.
Der Arbeitgeberbegriff lässt sich kurz und knapp definieren wie folgt:
Arbeitgeber ist, wer zumindest einen Arbeitnehmer beschäftigt.[10]
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Arbeitgebereigenschaft können natürliche und juristische Personen, aber auch Personengesellschaften innehaben. Die Ausübung der Arbeitgeberaufgaben obliegt je nach Gesellschaftsform dem zuständigen Organ, bei der GmbH z.B. dem Geschäftsführer i.S.d. § 35 GmbHG.
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Eine Hauptaufgabe des Arbeitgebers gegenüber seinem Arbeitnehmer und gleichzeitig ein starkes Recht des Arbeitgebers ist das Weisungs- oder auch Direktionsrecht. Eine Normierung dazu beinhaltet § 106 S. 1 GewO. Demnach darf der Arbeitgeber einseitig Bestimmungen treffen hinsichtlich des Inhalts, des Orts und der Zeit der Arbeitsleistung des Arbeitnehmers. Dieses Recht geht durch die einmalige Ausübung nicht unter, sondern besteht im Arbeitsverhältnis stets fort, sodass der Arbeitgeber bei Bedarf Änderungen vornehmen und neue Weisungen aussprechen darf.[11]
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Einschränkungen des Weisungsrechts gibt § 106 S. 1 Hs. 2 GewO selbst vor. Der Arbeitgeber darf dem Arbeitnehmer keine Weisungen erteilen, die dem Arbeitsvertrag, Betriebsvereinbarungen, Tarifverträgen oder dem Gesetz zuwiderlaufen. Außerdem muss er bei Ausübung seines einseitigen Leistungsbestimmungsrechts die Grenzen der Billigkeit gem. § 315 BGB beachten. Vor Erteilung einer Weisung ist also seitens des Arbeitgebers eine umfassende Interessenabwägung notwendig. Nur wenn die Abwägung ergibt, dass der Arbeitnehmer nicht unbillig benachteiligt wird, darf die Weisung ergehen. Eine den obigen Grundsätzen und Rechtsquellen zuwiderlaufende Weisung muss der Arbeitnehmer nicht beachten. Dies geht aus § 315 Abs. 3 S. 1 BGB hervor, der eine Unverbindlichkeit unrechtmäßiger Weisungen vorsieht.
2. Teil Individualarbeitsrecht › A. Grundbegriffe › VII. Betrieb
VII. Betrieb
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Das geschriebene Arbeitsrecht bietet auch für den Begriff Betrieb keine einheitliche gesetzliche Definition. Die Rechtsprechung hat daher folgende Definition entwickelt:
Der Betrieb ist die organisatorische Einheit von Arbeitsmitteln, mit deren Hilfe jemand allein oder in Gemeinschaft mit seinen Mitarbeitern einen bestimmten arbeitstechnischen Zweck fortgesetzt verfolgt.[12]
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Diese Definition wird auch im Betriebsverfassungsgesetz sowie im Kündigungsschutzgesetz (§§ 1, 15, 17 und 23 KSchG) verwendet.[13]
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Im Einzelnen ist bei Zweifeln am Vorliegen eines Betriebs wie folgt zu prüfen:
1. Organisatorische Einheit
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Das wahrscheinlich wichtigste und aussagekräftigste Kriterium bei der Bestimmung, ob ein Betrieb vorliegt, ist das der organisatorischen Einheit. Ob eine solche vorliegt, hängt davon ab, ob der fragliche Unternehmensteil einer einheitlichen Leitung untersteht. Das BAG hat betont, dass sich diese Frage an der Existenz eines Leistungsapparates, der wesentliche personelle und soziale Entscheidungen selbst trifft, festmachen lässt.[14] Zu prüfen ist demnach, wer im Betrieb oder für den Betrieb diese Richtlinien vorgibt. Ist hier erkennbar, dass die Verwaltung von einer einzigen, selbstständigen Stelle ausgeht, liegt in der Regel ein Betrieb vor.
2.