Kapitalmarktrecht. Petra Buck-Heeb
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Eine Ausnahme gilt auch für soziale Projekte, sog. Kleinstkapitalgesellschaften des § 267a HGB (§ 2b VermAnlG)[89] sowie für gemeinnützige Projekte und Religionsgemeinschaften (§ 2c VermAnlG)[90]. Als Ausgleich für die Ausnahmen der §§ 2a–2c VermAnlG steht dem Anleger ein 14-tägiges Widerrufsrecht zu (§ 2d Abs. 3 VermAnlG)[91]. Unzulässig sind nach § 5b VermAnlG Vermögensanlagen, die eine Nachschusspflicht vorsehen.
a) Prospektinhalt
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Für Vermögensanlagen iS des VermAnlG besteht eine Prospektpflicht (§ 6 VermAnlG). Der Prospekt muss alle Angaben enthalten, die für eine zutreffende Beurteilung des Emittenten und der Vermögensanlage notwendig sind (§ 7 Abs. 1 VermAnlG)[92]. Die erforderlichen Angaben über die Vermögensanlagen, über die Personen, bzgl derer Informationen erteilt werden müssen, über Anlageziele, -politik und -strategie sind in der Vermögensanlagen-Verkaufsprospektverordnung (VermVerkProspV)[93] geregelt. Die BaFin kann zusätzliche Angaben im Prospekt verlangen, wenn das zum Schutz des Publikums geboten erscheint (§ 15a VermAnlG).
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An hervorgehobener Stelle ist das mit der Anlage verbundene maximale Risiko anzugeben. Hingewiesen werden muss auch darauf, dass die BaFin nicht die inhaltliche Richtigkeit des Prospekts prüft (§ 7 Abs. 2 Satz 1 VermAnlG). Zudem hat der Hinweis zu erfolgen, dass ein Prospekthaftungsanspruch nur demjenigen zusteht, der die Vermögensanlage während der Dauer des öffentlichen Angebots, spätestens innerhalb von zwei Jahren nach dem ersten öffentlichen Angebot der Vermögensanlagen, im Inland erworben hat (§ 7 Abs. 2 Satz 2 VermAnlG).
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Zwingend sind zudem etwa Angaben zur Kündigungsmöglichkeit, zur Fälligkeit bereits ausgegebener Vermögensanlagen sowie zu verbundenen Unternehmen. Damit bei den Anlegern keine Verwechslungsgefahr mit den KAGB-Anlagen besteht, dürfen Vermögensanlagen des VermAnlG nicht mehr als Fonds bezeichnet werden (§ 7 Abs. 2 VermAnlG). Der Prospekt muss außerdem seit 3. Januar 2018[94] Angaben zur Product Governance bzw zum Kundenzielmarkt enthalten (§ 7 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2a VermAnlG)[95].
b) Prospektbilligung
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Der BaFin obliegt die Billigung des Verkaufsprospekts. Der Prüfungsumfang entspricht dem des Billigungsverfahrens für Wertpapierprospekte nach Art. 20 ProspektVO. Der Prospekt wird damit nicht nur auf formale Vollständigkeit geprüft, welche sich nach den Mindestangaben des § 7 Abs. 3 VermAnlG iVm der VermVerkProspV richtet. Eine Prüfung erfolgt auch bzgl der Freiheit von inneren Widersprüchen (Kohärenz)[96] und Verständlichkeit, nicht aber im Hinblick auf die inhaltliche Richtigkeit oder die Bonität des Emittenten[97]. Bei der Kohärenzprüfung ist v.a. einzubeziehen, ob eine widerspruchsfreie Darstellung der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Emittenten, der Geschäftsaussichten sowie der Auswirkungen auf die Fähigkeit des Emittenten, der Verpflichtungen zur Zinszahlung und Rückzahlung für die Vermögensanlage nachzukommen, vorliegt (§ 8 Abs. 1 VermAnlG)[98]. Sofern die BaFin es zum Schutz des Publikums für geboten erachtet, kann sie zusätzliche Prospektangaben verlangen (§ 15a VermAnlG). Der Prospekt ist zwölf Monate lang gültig (§ 8a VermAnlG). Danach muss er, sofern die Anlage weiter angeboten werden soll, aktualisiert der BaFin wieder zur Billigung zugeleitet und auf der Internetseite des Anbieters zur Verfügung gestellt werden.
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Der Prospekt darf erst nach der Billigung veröffentlicht werden (§ 8 Abs. 1 VermAnlG). Die Veröffentlichung hat mindestens einen Werktag vor dem öffentlichen Angebot zu erfolgen (§ 9 Abs. 1 VermAnlG). Der Verkaufsprospekt muss im elektronischen Bundesanzeiger bekannt gemacht werden. Die BaFin kann die Veröffentlichung des Verkaufsprospekts sowie das öffentliche Angebot auch untersagen (§§ 17 f VermAnlG).
c) Nachtrags- und Ad-hoc-Mitteilungspflicht
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Nach § 11 VermAnlG besteht eine Nachtragspflicht nicht nur bei einem wichtigen neuen Umstand, sondern auch bei anfänglicher Unrichtigkeit des Prospekts[99]. Als „wichtiger neuer Umstand“ gilt insbesondere jeder neue Jahres- oder Konzernabschluss oder Lagebericht des Emittenten (§ 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 VermAnlG), sodann allgemein jeder Umstand, „der sich auf die Geschäftsaussichten des Emittenten mindestens für das laufende Geschäftsjahr erheblich auswirkt und geeignet ist, die Fähigkeiten des Emittenten zur Erfüllung seiner Verpflichtungen gegenüber dem Anleger erheblich zu beeinträchtigen“ (§ 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 VermAnlG). Es muss auch eine aktuelle Gesamtfassung erstellt werden (§§ 8a, 11 Abs. 3 VermAnlG). Im Nachtrag ist auch über das zweitägige Widerrufsrecht des Anlegers zu belehren (§ 11 Abs. 2 VermAnlG)[100]. Der Widerruf ist ausgeschlossen, sofern Erfüllung eingetreten ist.
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Der Nachtrag muss vor der Veröffentlichung von der BaFin gebilligt werden (§ 11 Abs. 1 Satz 2 VermAnlG). Hinterlegungsstelle für den Prospekt ist die BaFin (§ 14 Abs. 1 VermAnlG). Der Emittent muss nach dem Ende des öffentlichen Angebots, dh mit dem Ende der Nachtragspflicht, die Öffentlichkeit über Geschäftsvorfälle mit möglichen erheblichen Auswirkungen informieren (Ad-hoc-Mitteilungspflicht, § 11a Abs. 1 VermAnlG). Diese Pflicht besteht, wenn die Tatsache dazu geeignet ist, die Fähigkeit des Emittenten zur Erfüllung der Verpflichtungen gegenüber den Anlegern erheblich zu beeinträchtigen[101]. Eine Möglichkeit zum Aufschub der Veröffentlichung, wie in Art. 17 Abs. 4 MAR, gibt es nicht[102].
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Die Mitteilungspflicht des Emittenten besteht bis zur vollständigen Tilgung der Vermögensanlage. Die fragliche Tatsache ist Medien zuzuleiten, die eine Kenntnisnahme durch die Anleger im Inland sicherstellen (§ 11a Abs. 3 Satz 1 VermAnlG). Zudem ist die BaFin darüber zu informieren. Näheres bzgl dieser Ad-hoc-Mitteilungspflicht regelt die Vermögensanlagen-Veröffentlichungs- und MitteilungspflichtenVO (VermVerMiV)[103].
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Ob die Verletzung der Publizitätspflicht nach § 11a VermAnlG zu einer Haftung des Emittenten führt, ist im Gesetz nicht geregelt. Insofern stellt sich die Frage, ob § 11a VermAnlG ein Schutzgesetz iS des § 823 Abs. 2 BGB ist[104]. In der Argumentation kann an die Diskussion zu § 15 WpHG aF (jetzt: Art. 17 MAR) vor Schaffung der Haftungsregelungen der §§ 37b, c WpHG aF (jetzt: §§ 97 f WpHG) angeknüpft werden, wo die hM eine Schutzgesetzeigenschaft verneinte.
d) Vermögensanlagen-Informationsblatt
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Neben dem Verkaufsprospekt hat der Anbieter für jede Vermögensanlage ein Vermögensanlagen-Informationsblatt zu veröffentlichen (§ 13 VermAnlG), das höchstens drei DIN-A4-Seiten (§ 13 Abs. 3 Satz 1 VermAnlG) umfassen darf. Ein solches ist auch dann zu erstellen, wenn keine Prospektpflicht besteht. Ziel ist die Vergleichbarkeit der verschiedenen Vermögensanlagen für den Anleger[105]. Erforderlich ist eine Gestattung durch die BaFin (§ 13 Abs. 2 VermAnlG), die bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 13 VermAnlG zu erteilen ist. Andernfalls ist die Veröffentlichung des Informationsblatts zu untersagen (§ 17 Abs. 3 VermAnlG)[106].
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Inhaltlich müssen gemäß § 13 Abs. 2 Satz 2 VermAnlG die Mindestangaben der § 13 Abs. 3