Umsatzsteuerrecht. Christian Möller
Verbot) nichtig; der Hehler erwirbt nach §§ 929 ff BGB auch kein Eigentum. Dennoch ist eine steuerbare Lieferung des Diebes an den Hehler zu bejahen.
§ 4 Leistung gegen Entgelt (Leistungsaustausch) › B. Handeln gegen Entgelt/Leistungsaustausch
B. Handeln gegen Entgelt/Leistungsaustausch
§ 4 Leistung gegen Entgelt (Leistungsaustausch) › B. Handeln gegen Entgelt/Leistungsaustausch › I. Einleitung
I. Einleitung
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Lieferungen und sonstige Leistungen sind nach § 1 Abs. 1 Nr 1 UStG nur steuerbar, wenn sie „gegen Entgelt“ erfolgen. Es muss ein Leistungsaustausch vorliegen. Einseitige, also ohne Gegenleistung erbrachte Leistungen, sind dagegen grundsätzlich nicht steuerbar. Danach unterliegen insbesondere Schenkungen, (echter) Schadensersatz und Beistellungen nicht der Umsatzsteuer (s. zu Einzelfällen des Leistungsaustauschs noch Rn 198 ff). Nur in den Fällen des § 3 Abs. 1b und Abs. 9a UStG sind unentgeltliche Wertabgaben entgeltlichen Leistungen gleichgestellt und damit steuerbar.
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Das Entgelt spielt im Umsatzsteuerrecht eine doppelte Rolle. Entgeltlichkeit ist zunächst Voraussetzung für die Steuerbarkeit nach § 1 Abs. 1 Nr 1 UStG (s. o.). Daneben ist das Entgelt im Regelfall Bemessungsgrundlage für die Umsatzsteuer (§ 10 Abs. 1 S. 1, 2 UStG, s. Rn 527 ff).
§ 4 Leistung gegen Entgelt (Leistungsaustausch) › B. Handeln gegen Entgelt/Leistungsaustausch › II. Entgelt
II. Entgelt
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Ein Entgelt kann zunächst in einer Zahlung von Geld (Bar- oder Giralgeld) bestehen. Daneben kommen sonstige geldwerte Leistungen in Betracht.
• | Nach § 3 Abs. 12 S. 1 UStG liegt ein Tausch vor, wenn das Entgelt für eine Lieferung in einer Lieferung besteht. |
• | Nach § 3 Abs. 12 S. 2 UStG handelt es sich um einen tauschähnlichen Umsatz, wenn das Entgelt für eine sonstige Leistung in einer Lieferung oder sonstigen Leistung besteht. |
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Beispiele:
Ein Computerhändler tauscht mit einem Juwelier ein Notebook gegen eine Rolex. Es liegt ein umsatzsteuerbarer Tausch vor (§ 3 Abs. 12 S. 1 UStG), beide Unternehmer erbringen jeweils eine steuerbare Lieferung. Lässt Steuerberater Steeb sich von seinem Jugendfreund Ante, der Arzt geworden ist, „kostenlos“ behandeln, und berät Steeb dafür Holte ebenfalls „kostenlos“ in Steuersachen, handelt es sich um steuerbare tauschähnliche Umsätze (§ 3 Abs. 12 S. 2 UStG). Antes Umsatz ist als ärztliche Heilbehandlung gemäß § 4 Nr 14 lit. a) UStG steuerfrei. Beteiligen sich schließlich zwei Banken als Kommanditisten an einer KG, die an die Banken Dienstleistungen im Kreditgeschäft erbringt, und stellen die Banken der KG das für deren Tätigkeiten nötige Personal (Personalgestellung), sind Entgelte im umsatzsteuerrechtlichen Sinne nicht nur die Zahlungen, die die Banken an die KG leisten. Vielmehr liegt im Hinblick auf die Personalgestellung ein „tauschähnlicher Umsatz mit Baraufgabe“ vor, der Wert der Personalgestellung erhöht also die Bemessungsgrundlage für die USt.[8] Zur Bemessungsgrundlage bei Tauschumsätzen s. im Einzelnen § 10 Abs. 2 S. 2, 3 UStG und dazu Rn 547 ff.
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Zwar enthält das Unionsrecht keine § 3 Abs. 12 UStG (Tausch/tauschähnlicher Umsatz) entsprechende Bestimmung. Die Einbeziehung auch von Tauschvorgängen und tauschähnlichen Umsätzen in die Steuerbarkeit entspricht nach der Rechtsprechung dennoch dem Unionsrecht.[9]
§ 4 Leistung gegen Entgelt (Leistungsaustausch) › B. Handeln gegen Entgelt/Leistungsaustausch › III. Unmittelbarer Zusammenhang
III. Unmittelbarer Zusammenhang
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Für die Annahme eines Leistungsaustauschs müssen Leistung und Gegenleistung in einem wechselseitigen Zusammenhang stehen.[10] Dieser Zusammenhang ist zunächst zu bejahen bei Leistungen, zu deren Ausführung sich die Vertragsparteien in einem gegenseitigen Vertrag – etwa einem Kauf-, Werk- oder Mietvertrag – verpflichtet haben.[11] Dieser „Normalfall“ eines vertraglichen Austauschverhältnisses (Synallagma), der Prüfung und Praxis dominiert, bereitet keine Schwierigkeiten. Leistung und Gegenleistung müssen aber nicht zwingend durch ein vertragliches Austauschverhältnis verknüpft sein. Eine frühere Entscheidung, nach der zwischen den wechselseitigen Leistungen ein „innerer (synallagmatischer) Zusammenhang“ bestehen müsse,[12] hat der BFH inzwischen ausdrücklich aufgegeben.[13] Im Anschluss an die Rechtsprechung des EuGH bejaht der BFH heute eine Leistung gegen Entgelt, „wenn zwischen dem Unternehmer und dem Leistungsempfänger ein Rechtsverhältnis besteht, das einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen Leistung und Entgelt begründet, so dass das Entgelt als Gegenwert für die Leistung anzusehen ist“.[14]
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Beispiele:
Der EuGH verneint die Steuerbarkeit der Einnahmen von Straßenmusikern.[15] Spricht ein „Abmahnverein“ eine wettbewerbsrechtliche Abmahnung aus, liegt dagegen nach dem BFH ein steuerbarer Umsatz vor. Der Verein handele als Geschäftsführer ohne Auftrag und habe nach § 683 BGB einen Anspruch auf Aufwendungsersatz. Dieser Ersatz sei Entgelt im umsatzsteuerrechtlichen Sinne. Eine „Zielgerichtetheit des Handelns“ in dem Sinne, dass die Abmahnung „um des Aufwendungsersatzes willen“ erfolge, sei dafür nicht nötig.[16] Vielmehr genüge ein Rechtsverhältnis zwischen den Beteiligten und ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen einer erbrachten Leistung und dem dafür erhaltenen Gegenwert.
§ 4 Leistung gegen Entgelt (Leistungsaustausch) › C. Einzelfälle zum Leistungsaustausch
C. Einzelfälle zum Leistungsaustausch
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Im Folgenden werden praxisrelevante Fälle behandelt, in denen sich die Frage stellt, ob ein Leistungsaustausch vorliegt. In den Fällen fehlenden Leistungsaustausches fehlt es meist schon an der Erbringung einer Leistung, seltener an einer Gegenleistung.
§ 4 Leistung gegen Entgelt (Leistungsaustausch) › C. Einzelfälle zum Leistungsaustausch › I. Entgeltzahlung
I. Entgeltzahlung
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Die bloße Entrichtung eines Entgelts, insbesondere durch Barzahlung oder Überweisung, ist keine Leistung i. S. d. Umsatzsteuerrechts (s. bereits Rn 187).[17]