Handbuch Ius Publicum Europaeum. Adam Tomkins

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rel="nofollow" href="#u260f21a7-dd4f-5cee-b100-59b648ed5b2d">§ 15 Offene Staatlichkeit: Frankreich › I. Verfassungsrechtliche Grundlagen für die Umsetzung europäischen Rechts

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      Bis 1992 gab es keine spezielle verfassungsrechtliche Grundlage, die eine Umsetzung europäischen Gemeinschaftsrechts in das französische Recht ermöglichte. Europäisches Recht wurde als Bestandteil des Völkerrechts betrachtet (1). Eine Wende sowohl für den Aufbau Europas selbst als auch in Bezug auf die Einschätzung des Gemeinschaftsrechts in Frankreich brachte erst die Errichtung der Europäischen Union durch den Vertrag von Maastricht. Aus ihm resultierte die verfassungsrechtliche Anerkennung des besonderen Charakters des Gemeinschaftsrechts (2).

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      Die die V. Republik konstituierende französische Verfassung von 1958 unterschied ursprünglich nicht nach der Quelle der in das französische Recht umzusetzenden Regeln. Der Verfassungstext differenzierte nicht zwischen Gemeinschaftsrecht und allgemeinem Völkerrecht (a). Bezeichnenderweise fand die europäische Frage im Verlauf von etwa 30 Jahren Verfassungsdebatte praktisch keine Erwähnung (b).

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      Der Kontrast zwischen der herausragenden Bedeutung französischer Politiker in entscheidenden Augenblicken der Einigung Europas einerseits und die fehlende Debatte über die Auswirkungen der Ratifizierung der Verträge auf das französische Rechtssystem andererseits sticht ins Auge.

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      Andere Persönlichkeiten Frankreichs haben beim Aufbau Europas eine eher ambivalente Rolle gespielt. Die Ablehnung des Vertragsentwurfs der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft (EVG) durch die Nationalversammlung 1954 lässt sich überwiegend noch mit der zeitlichen Nähe zum Krieg erklären und mit den Schwierigkeiten, eine Armee mit Beteiligung Deutschlands zu akzeptieren. Freilich konnte das passive Verhalten des Regierungschefs Pierre Mendès-France das integrationskritische Lager nur ermuntern. Mit seiner Weigerung, in dieser Sache klar Stellung zu Gunsten des Vertrages zu beziehen, überließ er seinen Gegnern das Feld. Im Gegensatz dazu nahm General de Gaulle immer eine entschlossen-kritische Haltung zu Europa ein. Weil er im Vereinigten Königreich das „Trojanische Pferd“ der Vereinigten Staaten in Europa sah, sprach er sich 1963 und 1967 auch gegen dessen Beitritt aus. Integrationspolitisch vertrat er eine strenge Konzeption der nationalen Souveränität. Wie die von seinem Außenminister Christian Fouchet Anfang der 1960er Jahre vorgelegten Pläne belegen, war er Verfechter einer politischen Kooperation der europäischen Staaten und lehnte eine immer weitergehende Integration ab. Dies wurde anlässlich der Krise der so genannten Politik des leeren Stuhls 1965–1966 besonders deutlich, als er seine Regierungsmitglieder zwang, nicht an den Treffen des Ministerrats in Brüssel teilzunehmen, um so gegen den Plan, die EWG mit Eigenmitteln auszustatten, zu protestieren. Unabhängig von ihren Vorstellungen über Europa haben freilich alle führenden französischen Politiker die Errichtung Europas immer als politisches Hauptthema betrachtet und sie in den Mittelpunkt der öffentlichen Debatte gerückt.

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