Handbuch Ius Publicum Europaeum. Adam Tomkins

Handbuch Ius Publicum Europaeum - Adam  Tomkins


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seiner Popularität ein Referendum über die Ratifizierung des Vertrags von Maastricht anzusetzen. Ebenso tragen das Scheitern der Rechten in den Regionalwahlen von 2004 und die Absicht, von der Spaltung innerhalb der größten Oppositionspartei, der sozialistischen Partei (PS), zu profitieren, zur Erklärung bei, weshalb Präsident Chirac auch bei der Ratifizierung des VVE auf ein Referendum gesetzt hat. Diese Gemengelage – die Hintergedanken der Politiker, die technokratisch formulierten Fragen, die Unkenntnis über Europa sowie das Gefühl, dass die Würfel bereits gefallen sind – mindern die Mitwirkungsbereitschaft der Bürger oder begünstigen eine Ablehnung der Verträge. Die Beteiligung am Referendum von 1972 war relativ schwach (etwa 60% gegenüber beinahe 80% anlässlich des von de Gaulle angesetzten Referendums); die Beteiligung am Referendum von 1992 betrug dagegen über 70%, doch gab es für das „Ja“ zum Maastrichter Vertrag nur eine hauchdünne Mehrheit (knapp 51%). Das Referendum vom 29. Mai 2005 über die Ratifizierung des VVE entsprach den vorangegangenen Volksbefragungen: Bei einer Beteiligung von wiederum 70% wurde der VVE mit 54,87% der abgegebenen Stimmen abgelehnt.

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      Insgesamt lässt sich die Ablehnung des VVE mit dem Zusammenspiel mehrerer Faktoren erklären. Manche waren konjunkturell bedingt und beruhten auf einer Reihe von Missverständnissen, aber auch auf der Missachtung der europäischen Herausforderungen aus Gründen des persönlichen Ehrgeizes. Vor allem Letzteres erklärt die verzerrte Darstellung des VVE durch einige seiner „gemäßigten“ Gegner, etwa den ehemaligen sozialistischen Premierminister Laurent Fabius, aber auch der Umstand, dass manche in der Ablehnung des VVE das einzige Mittel sahen, Europa sozial und politisch voranzubringen. Zu den Ursachen für die Ablehnung gehört ferner die Vermischung von Verfassungs- und Erweiterungsfragen, weil die Verfassungsdebatte von einigen Vertragsgegnern geschickt mit der Frage des Beitritts der Türkei verknüpft wurde. Schließlich haben zahlreiche Wähler die Abstimmung über den VVE mit einem Referendum über seinen Urheber verwechselt und die Gelegenheit ergriffen, ihre Ablehnung der Politik der Regierung und des Staatspräsidenten zu artikulieren.

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      Wie die Richter anderer Mitgliedstaaten so hatten auch die französischen Richter über das Verhältnis von Gemeinschaftsrecht und nationalem Recht zu entscheiden. Nach anfänglichem Zögern haben sie dessen unmittelbare Anwendbarkeit und seinen Vorrang gegenüber einfachen Gesetzen anerkannt (a). Dagegen fällt es ihnen wesentlich schwerer, den Vorrang des Gemeinschaftsrechts vor der Verfassung anzuerkennen, der nach Auffassung der drei obersten Gerichte Conseil d’État (Staatsrat), Cour de Cassation (Kassationsgerichtshof) und Conseil constitutionnel höchstrangigen Rechtsnorm des innerstaatlichen Rechts (b).

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