Verteidigung in der Hauptverhandlung. Klaus Malek
Vgl. Murmann S. 6; dies gilt für alle Medien, nicht nur für das berüchtigte Blatt mit den vier Buchstaben, das ohnehin mit dem Begriff „Tatwaffe“ treffender beschrieben wäre.
Bei Sommer 3. Kap. Rn. 560 heißt es treffend: „Chefredakteure fühlen sich nicht einem funktionierenden Rechtsstaat verpflichtet, sondern der Höhe ihrer Auflage.“
Lehr in: MAH Strafverteidigung, § 21 Rn. 3.
Vgl. Hamm Strafverteidigung im Rechtsstaat S.139, 141: „In der Normwelt des Journalisten gibt es keine Verwertungsverbote, keine Belehrungspflichten, kein Verbot, aus dem Schweigen eines Verdächtigen Schlüsse zu seinen Lasten zu ziehen und nicht einmal die Unschuldsvermutung.“
Sommer 3. Kap. Rn. 560.
Hamm Strafverteidigung im Rechtsstaat S. 142.
Höbermann S. 227.
Lesenswert hierzu Lehr in: MAH Strafverteidigung, § 21 Rn. 79 ff.
Zum Narzissmus und Werbebedürfnis der Verteidiger bei solchen Gelegenheiten vgl. Hamm Strafverteidigung im Rechtsstaat S. 144 f.; bei Heinrich Konfliktverteidigung im Strafprozess, liest sich das so: „Selbst bei überregional bedeutsamen Verhandlungen besteht meist nur am ersten (und letzten) Hauptverhandlungstag ein Medieninteresse. Diese Chance will aus Sicht der Verteidigung genutzt sein, um sich eindringlich ins Bewusstsein der Öffentlichkeit zu bringen“ (Kap. 4 Rn. 1).
Lehr in: MAH Strafverteidigung, § 21 Rn. 76 ff.
Teil 2 Allgemeines › V. Verteidigungsziele – Strategie und Taktik in der Hauptverhandlung
V. Verteidigungsziele – Strategie und Taktik in der Hauptverhandlung
Die wesentliche Aufgabe der Vertheidigung liegt in derwirkungsvollen Geltendmachung des Vertheidigungsstoffes(Vargha Die Vertheidigung in Strafsachen, 1879, § 329) |
Teil 2 Allgemeines › V. Verteidigungsziele – Strategie und Taktik in der Hauptverhandlung › 1. Verteidigungsziele
1. Verteidigungsziele
48
Allgemein formuliert bezeichnet das Verteidigungsziel das von der Verteidigung anzustrebende Ergebnis bei Abschluss des Strafprozesses. In der Sache geht es regelmäßig darum, die negativen Auswirkungen des Verfahrens, die in strafrechtlichen, aber auch in außerstrafrechtlichen Nachteilen bestehen können, so gering wie möglich zu halten.
49
Die Verteidigungsziele orientieren sich selbstverständlich am Interesse des Angeklagten und nicht des Verteidigers. Ob dieser die Ziele seines Mandanten mittragen kann, sollte möglichst frühzeitig geklärt werden. Ist dies nicht der Fall, so ist das Mandat zu beenden. Schon die Frage, was das Interesse des Mandanten sei, birgt Konfliktpotential, etwa dann, wenn der Verteidiger die Möglichkeit eines Freispruches sieht, weil sich der Tatvorwurf bei streitiger Verhandlung wahrscheinlich nicht beweisen lässt, der Mandant selbst aber unbedingt ein Geständnis ablegen will. Auf welchen Motiven[1] dieser Wunsch auch beruhen mag: Der Verteidiger hat ihn zu respektieren und sich darauf zu beschränken, seinem Mandanten die prozessuale Situation und die sich daraus ergebenden Möglichkeiten realistisch zu erläutern.
50
Verteidigungsziele haben sich realistischerweise am konkreten Verfahrensstand und den sich daraus ergebenden prozessualen Möglichkeiten zu orientieren. Eine der undankbarsten Aufgaben des Verteidigers liegt darin, die manchmal utopischen Vorstellungen des Mandanten von dem prozessual Machbaren auf den Boden der Tatsachen zurückzuholen. Dem Angeklagten muss auch vermittelt werden, dass es in der Hauptverhandlung schädlich ist, die anzustrebenden Ziele so hoch zu stecken, dass deren Realisierung vom Gericht nicht ernsthaft in Betracht gezogen wird. Wer sich auf diese Weise einmal lächerlich gemacht hat, wird auch Schwierigkeiten haben, mit ernsthaften Anliegen durchzudringen.
51
Verteidiger und Angeklagter müssen sich auch darüber im Klaren sein, dass Verteidigungsziele keine unveränderlichen Größen sind. Dies gilt mehr denn je seit der gesetzlichen Regelung der strafprozessualen Verständigung. Die Ziele müssen den jeweiligen Möglichkeiten des Verfahrens angepasst werden. Viele unterschiedliche Faktoren können ihre Realisierung positiv oder negativ beeinflussen: Diese reichen von der Gerichtsbesetzung über die Person des Sitzungsvertreters der Staatsanwaltschaft (der z.B. einer Verfahrenseinstellung zustimmen muss oder gegenüber dem Sachbearbeiter ganz andere Vorstellungen vom Strafmaß hat) bis hin zum Gang der Beweisaufnahme (z.B. wenn der als gefährlichstes Beweismittel erwartete Belastungszeuge überraschend von einem Auskunftsverweigerungsrecht Gebrauch macht). Entsprechend diesen sich ändernden Bedingungen sind dann die Verteidigungsziele neu zu definieren; dies kann in der Hauptverhandlung z.B. den Antrag des Verteidigers notwendig machen, das Verfahren für eine Besprechung mit dem Angeklagten zu unterbrechen.
52
Unter den Verteidigungszielen in der Hauptverhandlung sind zunächst die verfahrensbeendenden Alternativen ins Auge zu fassen. Ein Freispruch ist anzustreben, wenn der objektive Tatbestand nicht gegeben oder nicht nachzuweisen ist. Allerdings wird sich der Verteidiger fragen müssen, wie es unter diesen Umständen überhaupt zu einer Anklageerhebung und zur Eröffnung des Hauptverfahrens kommen konnte.[2] Wurden bereits im Vorverfahren Einwendungen erhoben, die die Staatsanwaltschaft und das Gericht nicht überzeugt haben, so darf der Verteidiger nicht darauf vertrauen, dass dies in der Hauptverhandlung ohne wesentliche Änderung der Umstände anders gesehen wird.
53
In Betracht zu ziehen sind insbesondere auch die verschiedenen Einstellungsmöglichkeiten, zum einen die gesamte Verfahrenseinstellung etwa aufgrund eines Prozesshindernisses (z.B. Verjährung oder dauernde Verhandlungsunfähigkeit), zum anderen die Einstellung nach den Vorschriften der §§ 153 Abs. 2, 153a Abs. 2, 153b Abs. 2, 153c Abs. 3 sowie § 154 Abs. 2 (zu den Einstellungsmöglichkeiten und -anträgen vgl. im Einzelnen Rn. 184 ff.).
54
Die Festlegung des Verteidigungsziels kann auch, wenn eine Verurteilung nicht zu vermeiden ist, die Rechtsfolgen betreffen. Wichtige Gesichtspunkte