Gesellschaftsrecht I. Recht der Personengesellschaften. Ulrich Wackerbarth
von ein Halb inne hat.
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Wird ein neuer Gesellschafter durch Aufnahmevertrag in die Gesellschaft aufgenommen, so wird er mit dem Moment seines Eintritts in die Gesellschaft automatisch – durch „Abwachsung“ bei den Mitgesellschaftern – Mitberechtigter am Gesamthandsvermögen[4].
Beispiel:
Tritt in Fortführung des oben geschilderten Beispiels ein neuer Gesellschafter ein, der die gleichen Rechte wie die übrigen haben soll, so wächst ihm ein Drittel am Gesamthandsvermögen zu, das bei den anderen Gesellschaftern – zu je einem Sechstel – „abwächst“.
Es ist also stets zu unterscheiden zwischen dem Vermögen der BGB-Gesellschaft (Gesamthandsvermögen) einerseits und dem Privatvermögen der einzelnen Gesellschafter andererseits. Die Vermögensgegenstände, die ein Gesellschafter in die Gesellschaft eingebracht hat, unterliegen nicht mehr seiner ausschließlichen Verfügungsgewalt. Die zum Gesellschaftsvermögen gehörenden Gegenstände stehen vielmehr den Gesellschaftern in der oben bezeichneten Weise gemeinschaftlich zu (§ 719 BGB).
Beispiel:
Hat ein Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, der sich im Gesellschaftsvertrag verpflichtet hatte, einen ihm gehörenden LKW in die Gesellschaft einzubringen, diesen LKW der Gesellschaft wirksam übereignet, so gehört dieser LKW nicht mehr zu seinem Privatvermögen. Er ist nun Teil des Gesellschaftsvermögens. Inhaberin des Gesamthandvermögens ist nach h. M. die Gesellschaft selbst, jedenfalls soweit sie als Außengesellschaft rechtsfähig ist.[5] Verfügungen erfolgen nur noch nach dem Willen der Gesellschaft, der nach den gesellschaftsvertraglichen oder gesetzlich vorgeschriebenen Regeln zustande kommt.
Der einzelne Gesellschafter ist nicht berechtigt, die Teilung des Gesamthandsvermögens zu verlangen (§ 719 Abs. 1 BGB).
Teil II Die BGB-Gesellschaft › § 5 Die Rechtsbeziehungen der Gesellschafter untereinander (Innenverhältnis) › III. Rechte und Pflichten der Gesellschafter
1. Überblick
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Zu den sich aus Gesetz und Gesellschaftsvertrag ergebenden Rechte und Pflichten zählen die Sozialansprüche und die Sozialverpflichtungen.
Zu den Ansprüchen, die der BGB-Gesellschaft aus dem Gesellschaftsverhältnis gegen die einzelnen Gesellschafter erwachsen können, zählen
– | Ansprüche auf Leistung von Beiträgen, |
– | Ansprüche auf die Erfüllung von Geschäftsführungspflichten, |
– | Ansprüche auf Erfüllung von gesellschaftlichen Treuepflichten, insbesondere auf die Einhaltung des Wettbewerbsverbots (§ 112 HGB). |
Diese Ansprüche, die nach Gesetz und Gesellschaftsvertrag der Gesellschaft gegen die einzelnen Gesellschafter zustehen, werden Sozialansprüche genannt.
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Andererseits erwachsen den Gesellschaftern nach dem Gesetz oder aus dem Gesellschaftsvertrag Ansprüche gegen die Gesellschaft. Zu diesen Ansprüchen können gehören:
– | der Anspruch auf den Gewinnanteil, |
– | der Anspruch auf Ausübung des Stimmrechts, |
– | der Anspruch auf Information und Kontrolle, |
– | der Anspruch auf eine Vergütung für die Geschäftsführung, |
– | der Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen, soweit solche gemacht worden sind. |
Der Gesellschaft erwachsen in diesem Rahmen aus dem Gesellschaftsverhältnis gegenüber den einzelnen Gesellschaftern Verpflichtungen, die man Sozialverpflichtungen nennt.
a) Überblick
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Die Gesellschafter sind regelmäßig zur Leistung von Beiträgen verpflichtet (§§ 705 ff. BGB). Beiträge der Gesellschafter sind alle Leistungen, zu denen diese sich durch den Gesellschaftsvertrag zur Förderung des Gesellschaftszweckes verpflichten. Beiträge können z. B. sein: Geldzahlungen, die Übereignung von beweglichen Sachen und Grundstücken, die Einbringung von Wertpapieren, das Überlassen von Patenten und Lizenzen, die Gestattung des Gebrauchs von Sachen zur gemeinsamen Nutzung sowie Dienstleistungen.
Beispiel:
Zwei Chemieunternehmen, die Pharma-Süd AG und die Lenne Arzneimittelfabrik GmbH, schließen sich zu einer „Interessengemeinschaft“ – einer BGB-Gesellschaft – zusammen, um Arzneimittelforschung zu betreiben. Im Gesellschaftsvertrag wird vereinbart, dass die Gesellschafter u. a. folgende Beiträge zu erbringen haben: Die Pharma-Süd AG verpflichtet sich zur Gestattung des Gebrauchs ihrer umfangreichen Forschungsanlage zur gemeinschaftlichen Nutzung; die Lenne Arzneimittelfabrik GmbH hat der Gesellschaft 20 im Vertrage genau benannte Patente zu überlassen.
Der Beitrag eines Gesellschafters kann nach § 706 Abs. 3 BGB auch in der Leistung von Diensten bestehen. Schließen sich Anwälte zu einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts zusammen, so besteht ihr Beitrag zur Förderung des gemeinsamen Zwecks im Zweifel darin, dass sie für die Gesellschaft Dienstleistungen – nicht zuletzt Mandanten gegenüber – erbringen und dabei ihre Kenntnisse und Fähigkeiten einsetzen.
b) Die Folgen der Verletzung von Beitragspflichten
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Fraglich ist, wie zu verfahren ist, wenn ein Gesellschafter seine Beitragspflicht nicht oder schlecht erfüllt. Zu klären ist insbesondere, ob und ggf. welche Ansprüche aus Leistungsstörungen entstehen können.
Wie oben (Rn. 64 ff.) schon erörtert, ist der Gesellschaftsvertrag, durch den die BGB-Gesellschaft begründet wird, sowohl ein Schuldvertrag als auch ein organisationsrechtlicher Vertrag. Soweit der Gesellschaftsvertrag ein schuldrechtlicher Vertrag ist, können grundsätzlich auch die Vorschriften des allgemeinen Schuldrechts auf ihn angewandt werden. Deshalb haftet ein Gesellschafter, der die für ihn aus dem Gesellschaftsvertrage erwachsenden Pflichten verletzt, für den daraus entstehenden Schaden nach den allgemeinen Regeln des Vertragsrechts, im Zweifel aus Pflichtverletzung gem. § 280 BGB. Hat ein Gesellschafter z. B. seine Beitragspflicht im Sinne des § 706 Abs. 3 BGB unzureichend erfüllt, so kann die Gesellschaft gegen ihn einen Schadensersatzanspruch aus § 280 BGB erworben haben[6]. Bei der Erfüllung der ihnen aus dem Gesellschaftsverhältnis insgesamt erwachsenden Verpflichtungen haben die Gesellschafter nach der gesetzlichen Regelung (§ 708 BGB) nur für diejenige Sorgfalt einzustehen, die sie in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegen (diligentia quam in suis). Das bedeutet im Höchstfall den Ausschuss der Haftung für leichte, nicht aber für grobe Fahrlässigkeit (§ 277 BGB).
c)