Gesellschaftsrecht I. Recht der Personengesellschaften. Ulrich Wackerbarth
Gesellschafter persönlich erforderlich; diese sollte regelmäßig zugleich mit dem rechtsgeschäftlichen Handeln namens der Gesellschafter durch einen Vertreter derselben (§ 714 BGB) geschaffen werden (sog. Doppelverpflichtungstheorie).
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Nach h. M.[27] haften grundsätzlich alle Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts für alle rechtsgeschäftlichen Verbindlichkeiten der Gesellschaft persönlich und gesamtschuldnerisch. Der BGH begründet dies mit dem allgemeinen Grundsatz des bürgerlichen Rechts und des Handelsrechts, der in § 128 HGB seinen Niederschlag gefunden habe, dass derjenige, der als Einzelperson oder in Gemeinschaft mit anderen Geschäfte betreibt, für die daraus entstehenden Verpflichtungen mit seinem gesamten Vermögen haftet, solange sich aus dem Gesetz nichts anderes ergibt oder mit dem Vertragspartner keine Haftungsbeschränkung vereinbart wird. Der BGH[28] bezieht sich in seiner Begründung auch auf die Entstehungsgeschichte der Vorschriften über die Gesellschaft bürgerlichen Rechts und weist darauf hin, dass die persönliche und gesamtschuldnerische Haftung der Mitglieder einer solchen Gesellschaft für rechtsgeschäftliche Verbindlichkeiten eine selbstverständliche Folge der gemeinsamen Verpflichtung der Gesellschafter sei. Nach dem Willen des Gesetzgebers folge aus dem „Wesen und Zweck“ des Gesellschaftsverhältnisses, dass durch ein Rechtsgeschäft, das ein zur Vertretung bevollmächtigter Gesellschafter mit einem Dritten schließt, die Gesellschafter selbst berechtigt und verpflichtet werden sollten. Da für die Begründung der persönlichen Haftung der Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts eine ausdrückliche gesetzliche Regelung fehlt, wird inzwischen § 128 HGB analog angewandt[29].
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Die Gesellschafterhaftung ist wie bei der OHG (§§ 128 f. HGB) eine akzessorische. Das bedeutet, soweit die Gesellschafter für Verbindlichkeiten der Gesellschaft auch persönlich haften, ist der jeweilige Bestand der Gesellschaftsschuld auch für die persönliche Haftung maßgebend[30]. Der Anspruch des Gläubigers gegen einen Gesellschafter persönlich ergibt sich also aus der entsprechenden Norm, welche die Forderung gegen die Gesellschaft begründet, i. V. m. § 128 HGB analog.
Beispiel:
Die BGB-Gesellschaft ist Schuldnerin eines dem G zustehenden Werklohnanspruches in Höhe von 67.000 €. Nachdem die Gesellschaft nicht mehr als 25.000 € zahlen konnte, nimmt G den Gesellschafter A persönlich in Anspruch. Da der Anspruch nur noch in Höhe von 42.000 € besteht, haftet A gem. § 631 BGB und § 128 HGB analog nur in dieser Höhe.
Bei einer Anwaltssozietät in der Rechtsform der BGB-Gesellschaft erstreckt sich die persönliche Haftung nach § 128 HGB analog auch auf die berufshaftungsrechtlichen Verbindlichkeiten.[31] Wenn der Sozietät neben Anwälten noch Angehörige anderer Berufsgruppen angehören, so haften auch diese Gesellschafter für Verbindlichkeiten, die gegen die Gesellschaft wegen Schlechterfüllung durch einen Anwalt entstanden sind, denn es handelt sich um eine Verbindlichkeit der Gesellschaft, mit welcher der Mandant den Vertrag abgeschlossen hat.[32]
Beispiel:
Die Rechtsanwälte A und B haben sich mit dem Steuerberater S zu einer BGB-Gesellschaft zusammengeschlossen. Wegen eines Beratungsfehlers in einer Vertragsangelegenheit, den Anwalt B zu verantworten hat, hat der Mandant M gegen die Gesellschaft einen Anspruch aus § 280 BGB auf Schadensersatz in Höhe von 35.000 € erworben. Für diese Verbindlichkeit haften nach § 128 HGB analog alle Gesellschafter, also auch der S, obwohl er kein Anwalt ist.
Da die persönliche Haftung der Gesellschafter eine akzessorische ist, die derjenigen in § 128 HGB entspricht, ist es nur folgerichtig, auch die Rechtsgrundsätze des § 129 HGB sinngemäß anzuwenden[33]. Das bedeutet: Der wegen einer Verbindlichkeit der Gesellschaft in Anspruch genommene Gesellschafter kann u. a. alle diejenigen Einwendungen (z. B. Erfüllung, Erlass, Stundung) und Einreden (z. B. Verjährung) geltend machen, die der Gesellschaft selbst zustehen. Das ergibt sich schon aus dem Wortlaut der auf die BGB-Gesellschaft entsprechend anwendbaren §§ 128 ff. HGB und dem Sinn der akzessorischen Gesellschafterhaftung, wonach die die persönliche Haftung der Gesellschafter grundsätzlich und gerade auch hinsichtlich aller Einwendungen und Einreden zu Gunsten und zu Ungunsten des Gesellschafters mit der jeweiligen Gesellschaftsverbindlichkeit übereinstimmen muss.[34]
Beispiel:
Wäre die Werklohnforderung im oben genannten Beispiel von G in Höhe von 10.000 € erlassen worden, könnte sich nicht nur die Gesellschaft, sondern auch der persönlich in Anspruch genommene A in analoger Anwendung des § 129 HGB darauf berufen.
Die persönliche Haftung der Gesellschafter ist eine gesamtschuldnerische. Das bedeutet, nach § 421 S. 1 BGB kann grundsätzlich jeder Gläubiger wählen, welchen Gesamtschuldner er ganz oder teilweise in Anspruch nehmen will. Der so in Anspruch genommene Gesamtschuldner hat das hinzunehmen. Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass jeder Gesamtschuldner im Außenverhältnis zum Gläubiger das Risiko dafür trägt, dass die anderen Gesamtschuldner die ihnen nach dem Innenverhältnis obliegenden Leistungen nicht oder nicht vollständig erbringen.[35]
2. Die Anwendung des § 31 BGB
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Wenn ein Gesellschafter einem Dritten gegenüber eine schädigende Handlung begangen hat, so ist zu klären, ob und ggf. auf welche Art und Weise das Handeln des Gesellschafters der Gesellschaft zugerechnet werden kann. In Betracht kommen § 278 BGB und § 31 BGB. Der BGH[36] vertritt die Auffassung, die (Außen-)Gesellschaft bürgerlichen Rechts, welche durch Teilnahme am Rechtsverkehr eigene Rechte und Pflichten begründe, müsse sich das zum Schadensersatz verpflichtende Handeln ihrer geschäftsführenden Gesellschafter gem. § 31 BGB analog zurechnen lassen. Da diese Vorschrift dem Vereinsrecht und damit dem Recht der juristischen Personen zugeordnet ist, ist die analoge Anwendung auf eine Personengesellschaft fraglich. Die Anwendung des § 31 BGB setzt voraus, dass ein „verfassungsmäßig berufener Vertreter“ die zum Schadensersatz verpflichtende Handlung begangen hat. In der BGB-Gesellschaft sind grundsätzlich alle Gesellschafter zur Geschäftsführung und Vertretung befugt, es sei denn der Gesellschaftsvertrag sieht eine andere Regelung vor. Bei der Auslegung des Begriffs „verfassungsmäßig berufener Vertreter“ orientiert sich die Rspr. nicht strikt an der gesellschaftsrechtlichen Vertretungsbefugnis, sondern fasst den Begriff weiter. Darunter fallen nicht nur geschäftsführende Gesellschafter, sondern auch Nichtgesellschafter, denen durch die Betriebsregelung und Handhabung für die Gesellschaft wesensmäßige Funktionen zur selbstständigen, eigenverantwortlichen Erfüllung zugewiesen sind, so dass sie die Gesellschaft im Rechtverkehr repräsentieren[37].
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Beispiel:
Hat der Gesellschafter G einer BGB-Gesellschaft dem Dritten D gegenüber eine Pflichtverletzung, etwa durch Verursachung eines Verzuges mit Schadensfolge begangen, so haftet die Gesellschaft selbst mit ihrem Vermögen nach §§ 280, 286 BGB i. V. m. § 31 BGB analog.
Für den Fall, dass das schädigende Handeln eines Gesellschafters der Gesellschaft analog § 31 BGB zuzurechnen ist, erwirbt der Dritte gegenüber der Gesellschaft einen Anspruch. Neben dem Gesellschaftsvermögen haften dann auch in entsprechender Anwendung des § 128 HGB die einzelnen Gesellschafter mit ihrem Privatvermögen.
In dem oben geschilderten Beispiel haften G und seine Mitgesellschafter nach §§ 280, 286 BGB i. V. m. § 31 BGB analog und § 128 HGB analog.
3. Ansprüche gegen Mitglieder einer Scheingesellschaft
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Von einer Scheingesellschaft spricht man, wenn es an dem Abschluss eines wirksamen Gesellschaftsvertrages fehlt, eine Gesellschaft also nicht entstanden ist, aber gleichwohl nach außen der Anschein erweckt wird, es handele sich um eine Gesellschaft. Wenn z. B. Personen Briefbögen und Schilder benutzen, auf denen sie gemeinsam mit ihren Namen erscheinen, ohne