Einführung in die Praxis der Strafverteidigung. Olaf Klemke
Erhebung bestimmter Daten und Fakten beim Auftraggeber zu Beginn des Mandats ist zwangsläufig und ihre Notwenigkeit drängt sich auch dem Mandanten ohne Weiteres auf. Gleichwohl verlangt Art. 13 DS-GVO, den Mandaten als „betroffene Person“ eine Reihe von Informationen[7] zu erteilen, die bspw. im Zusammenhang mit der Vollmachterteilung auf einem Merkblatt übergeben werden können. Entsprechende Formulare werden u.a. vom Deutschen Anwaltverein (DAV) auf dessen Homepage als Download zur Verfügung gestellt.[8]Nur die Erfüllung der Informationspflichten führt zu einer ordnungsgemäßen Datenerhebung. Es bietet sich bereits aus Gründen der Effektivität, Konzentration und Übersichtlichkeit an, die bereits oben angesprochenen Belehrungen nach §§ 312b ff. BGB in diese Datenschutzhinweise mit aufzunehmen und sich deren Erteilung quittieren zu lassen, etwa im Rahmen der Einbeziehung Allgemeiner Mandatsbedingungen in den Anwaltsvertrag.
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Unter Berücksichtigung der DSG-VO empfiehlt es sich, alle den Mandanten betreffenden und für die sachgerechte Mandatsbearbeitung erforderlichen Daten auf einem Bogen aufzunehmen. Es müssen auf jeden Fall die „Pflichtangaben zur Person“ (§ 111 OWiG) notiert werden. Es sind auch sämtliche Kommunikationsverbindungen festzuhalten, damit in Eilfällen umgehend Kontakt mit dem Mandanten aufgenommen werden kann. Es ist ferner vorteilhaft, die Angaben zu notieren, welche für eventuelle Rechtsfolgen, insbesondere für die Berechnung der Tagessatzhöhe einer etwaigen Geldstrafe, von Bedeutung sein können. Dies betrifft das Nettoeinkommen des Mandanten, etwaige Unterhaltsverpflichtungen und besondere finanzielle Belastungen. Da die Nebenfolgen einer strafrechtlichen Verurteilung den Mandaten oft härter treffen als die eigentliche Strafe, empfiehlt es sich, spezifische Indikatoren für ein ggf. sich anschließendes berufs- oder verwaltungsrechtliches Verfahren schon im Mandantenaufnahmebogen als Merkposten zu erfassen. Solche Indikatoren können beruflicher Natur sein oder auch den Freizeitbereich betreffen, wie eine drohende Gewerbeuntersagung oder der drohende Widerruf des Jagdscheins.[9]
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Muster 2: Mandantenaufnahmebogen
Mandant:
• | Herr/Frau: |
• | Anschrift: |
• | gesetzlicher Vertreter: |
• | Telefon privat: |
• | Mobiltelefon: |
• | Fax: |
• | Telefon Arbeitsstelle: |
• | E-Mail-Adresse: |
• | Abweichende Postanschrift: |
• | Geburtstag und -ort: |
• | Familienstand: |
• | Staatsangehörigkeit: |
• | Ausgeübter Beruf: |
• | ggf. Indikatoren für Folgeverfahren oder außerstrafrechtliche Rechtsfolgen: |
Abweichender Rechnungsempfänger:
• | Herr/Frau/Rechtsschutzversicherung: |
• | Anschrift: |
• | Telefon: |
• | Fax: |
• | Versicherungsschein-Nr.: |
• | Schaden-Nr.: |
Ich möchte über alle wesentlichen Vorgänge und Maßnahmen von meinem Verteidiger ausschließlich per
☐ | verschlüsselter E-Mail[10]: |
☐ | Telefax: |
☐ | Post |
☐ | unter „persönlich/vertraulich“ |
unterrichtet werden.
Mit meiner Unterschrift bestätige ich das Merkblatt „Hinweise zur Datenverarbeitung“ und die Belehrungen über mein Widerrufsrecht als Verbraucher gemäß §§ 312b ff. BGB erhalten zu haben.
Ort, Datum
Auftraggeber
Teil 1 Das Mandat des Strafverteidigers › I. Der Wahlverteidiger › 5. Daten der Verfahrensbeteiligten
5. Daten der Verfahrensbeteiligten
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Vorteilhaft ist es auch, auf einem gesonderten Bogen, am besten dem sog. Aktenvorblatt, die Daten, insbesondere die Adressen, Telefon- und Telefaxverbindungen sowie die Aktenzeichen der Verfahrensbeteiligten, also der Polizeidienststelle, der Staatsanwaltschaft und des Gerichts zu vermerken. Der Name des Sachbearbeiters bei Polizei und Staatsanwaltschaft bzw. des Gerichtsvorsitzenden und die Telefondurchwahl sollten ebenfalls aufgenommen werden. Dies alles erspart später längeres Suchen in den Akten. Diese Daten sollten natürlich ständig aktualisiert werden, selbstverständlich immer unter Einhaltung der Datenschutzgrundverordnung.
Teil 1 Das Mandat des Strafverteidigers › I. Der Wahlverteidiger › 6. Erklärungen über die Entbindung von der Schweigepflicht
6. Erklärungen über die Entbindung von der Schweigepflicht
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Der Mandant ist zu veranlassen, seinen Verteidiger gegenüber eventuell von diesem bereits im Ermittlungsverfahren zu hörenden Zeugen sowie gegenüber den Verteidigern von Mitbeschuldigten von der anwaltlichen Schweigepflicht (§ 43a Abs. 2 BRAO, § 2 BORA) zu entbinden. Erst eine solche – vom Mandanten jederzeit widerrufliche – Entbindungserklärung ermöglicht es dem Verteidiger, mit Zeugen zu sprechen und Informationen mit anderen am Verfahren beteiligten Verteidigern auszutauschen. Sie verschafft der Verteidigung eine breitere Informations- und damit Entscheidungsgrundlage. Ohne eine Entbindung durch den Mandanten bringt sich der Verteidiger in die Gefahr der anwaltsgerichtlichen Verfolgung wegen Verletzung seiner Berufspflichten oder sogar der strafrechtlichen Verfolgung wegen Verrates von Privatgeheimnissen (§ 203 StGB). Auch hier sollte der Verteidiger die alte Binsenweisheit des Anwalts beherzigen: „Der schlimmste Feind des Anwalts ist der eigene Mandant!“
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Muster 3: Entbindung des Verteidigers von der anwaltlichen