Einführung in die Praxis der Strafverteidigung. Olaf Klemke
des Mandanten sind ein Grund, die Übernahme eines Mandats abzulehnen.
d) Mandatsablehnung aus rechtlichen Gründen
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Rechtliche Gründe können den Verteidiger dazu zwingen, ein angetragenes Mandat nicht anzunehmen. In erster Linie ist hier das in § 146 StPO aufgestellte Verbot der simultanen Mehrfachverteidigung zu nennen.[28] Es untersagt dem Verteidiger die gleichzeitige Verteidigung mehrerer derselben Tat Beschuldigter sowie die gleichzeitige Verteidigung mehrerer in demselben Verfahren verschiedener Taten Beschuldigter. Dem Verteidiger ist jedoch nicht die sog. „sukzessive Mehrfachverteidigung“ verboten. Er kann nach der rechtlichen Beendigung des ersten Mandates dasjenige eines in demselben Verfahren oder derselben Tat Beschuldigten übernehmen.
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Weiterhin kann der Übernahme eines Mandates entgegenstehen, dass der Mandant bereits drei Verteidiger beauftragt hat, die Höchstzahl von drei Wahlverteidigern gem. § 137 Abs. 1 S. 2 StPO also überschritten würde. Diese Begrenzung der Zahl gilt allerdings nicht für zusätzlich bestellte Pflichtverteidiger, auch nicht für „Wahlpflichtverteidiger“.[29]
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Schließlich ist das Verbot der Wahrnehmung widerstreitender Interessen zu beachten, § 43a Abs. 4 BRAO, § 3 BORA. Die Vertretung widerstreitender Interessen kann zur Strafbarkeit des Verteidigers wegen Parteiverrates (§ 356 StGB) führen. Mehrere Tatbeteiligte derselben Straftat können nämlich „Parteien“ i.S.d. § 356 StGB sein.[30] Gerade in Fällen der sukzessiven Mehrfachverteidigung liegt die Gefahr der Vertretung widerstreitender Interessen und des Parteiverrates i.d.R. besonders nahe und veranlasst den Verteidiger zu einer sorgfältigen Prüfung.
e) Mandatsablehnung aus anderen Gründen
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Denkbar ist, dass der Verteidiger das Mandat ablehnt, weil er Vorbehalte gegen die Person des Mandanten hat. Dies kann der Fall sein, wenn bereits bei der Mandatsanbahnung für den Verteidiger offensichtlich ist, dass zwischen ihm und dem potentiellen Mandanten „die Chemie nicht stimmt“. Insbesondere kann sich bereits im Verlauf des ersten Gespräches ergeben, dass es sich bei dem Mandanten um eine schwierige Persönlichkeit handelt, insbesondere um eine beratungsresistente, querulatorische oder um eine mit erheblich übersteigerter Anspruchshaltung. Die Sache eines solchen Mandanten wird der Verteidiger nicht übernehmen. Komplikationen sind sonst vorprogrammiert. Das Verteidigungsverhältnis wird von erheblichen Spannungen beeinträchtigt und in den meisten Fällen vorzeitig beendet werden.
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Ein weiterer möglicher Grund könnte darin liegen, dass es dem Verteidiger aus Zeitgründen nicht möglich ist, das Mandat sachgerecht zu bearbeiten, nämlich weil er auf absehbare Zeit beruflich bereits voll ausgelastet ist. Dies kommt vor allem dann in Betracht, wenn es sich bei dem angetragenen Fall um eine Umfangssache handelt. Hierüber sollte sich der Verteidiger vor dem Hintergrund des § 44 BRAO in kürzester Zeit schlüssig werden.
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Auch kann die Übernahme des Mandates hindern, dass für seine Bearbeitung Spezialkenntnisse erforderlich sind, über welche der Verteidiger (noch) nicht verfügt. Dies lässt sich auf zweierlei Art und Weise kompensieren. Der Verteidiger kann – soweit die Mandatsbearbeitung dies zeitlich gestattet – sich die erforderlichen Kenntnisse im Wege des Selbststudiums verschaffen. Oder er zieht einen externen Spezialisten hinzu. Da dies auch mit finanziellem Aufwand verbunden sein dürfte, muss diese Vorgehensweise mit dem Mandanten abgesprochen werden.
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Schließlich sollte ein Mandat nur dann übernommen werden, wenn eine angemessene Vergütung des Verteidigers gesichert erscheint. Der Verteidiger soll ein Tätigwerden in der Regel von der Zahlung eines Vorschusses abhängig machen und vor Zahlungseingang auch nicht tätig werden. Keinesfalls darf er diversen nebulösen Versprechungen aufsitzen, dass bspw. nach der vom Verteidiger zu betreibenden Entlassung des Mandanten aus der Untersuchungshaft die zur Zahlung der Anwaltsvergütung erforderlichen Mittel „mit Sicherheit“ beschafft werden könnten. Regelmäßig wird er in solchen Fällen mit seinen Vergütungsansprüchen „ausfallen“.
Teil 1 Das Mandat des Strafverteidigers › I. Der Wahlverteidiger › 10. Die Vertragspflichten des Verteidigers
10. Die Vertragspflichten des Verteidigers
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Bei dem Anwaltsvertrag handelt es sich um einen Dienstvertrag (§§ 611 ff. BGB), gerichtet auf Dienste höherer Art (§ 627 BGB).[31] Der Verteidiger schuldet dem Mandanten eine sorgfältige Mandatsbearbeitung.
a) Die Sachaufklärungspflicht
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Dazu hat er zunächst den Sachverhalt umfassend aufzuklären. Dies bedeutet zuallererst eine umfassende Befragung des Mandanten.[32] Mit der Aufklärungspflicht des Verteidigers korrespondiert eine Informationspflicht des Auftraggebers. Krause ist der Auffassung, dass eine solche umfassende Offenbarungspflicht des Mandanten gegenüber seinem Verteidiger nicht bestünde. Er begründet dies damit, dass im Strafverfahren unwahre Angaben des Beschuldigten nicht sanktioniert würden.[33] Dies ist nicht zutreffend. Das Schweigerecht des Beschuldigten ist ein Schutzrecht gegen den die Strafverfolgung betreibenden Staat. Hierauf kann sich der Beschuldigte im Verhältnis zu seinem Verteidiger nicht berufen. Krause ist zudem inkonsequent. Obwohl er eine – zivilrechtliche – Wahrheitspflicht des Mandanten gegenüber seinem Verteidiger ablehnt, dürfe sich der Verteidiger darauf verlassen, dass der Mandant ihn richtig und zuverlässig informiert. Es bestünde keine haftungsbewehrte Pflicht gegenüber dem Mandanten, an dessen Angaben zu zweifeln.[34] Eben dies ist Inhalt der „Wahrheitspflicht“ des Mandanten gegenüber seinem Verteidiger. Verletzt der Mandant diese Obliegenheit aus dem Mandatsverhältnis, kann er für nachteilige Folgen seinen Verteidiger nicht zivilrechtlich haftbar machen.
b) Die Pflicht zur Akteneinsicht
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Des Weiteren hat sich der Verteidiger detaillierte Aktenkenntnis zu verschaffen. Es bedeutet einen grob fahrlässigen Verstoß gegen die Sorgfaltspflichten des Verteidigers, wenn dieser die Verteidigung ohne eine umfassende, ggf. aktualisierte, Akteneinsicht führt.[35] In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass nur der Verteidiger ein originäres, spätestens bei Abschluss des Ermittlungsverfahrens nicht mehr beschränkbares, Akteneinsichtsrecht hat (§ 147 Abs. 1–6 StPO). Demgegenüber steht dem verteidigten Beschuldigten überhaupt kein eigener Anspruch auf Akteneinsicht zu.
c) Pflicht des Verteidigers zu eigenen Ermittlungen?
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Daneben können auch weitere Bemühungen, den Sachverhalt aufzuklären, erforderlich werden, so die Einholung von Auskünften sowie die Befragung von Zeugen oder Sachverständigen. Zwar ist der Verteidiger zu solchen eigenen tatsächlichen Erhebungen berechtigt.[36] Ein solches Recht ergibt sich zweifelsfrei aus dem Gesetz. Die Strafprozessordnung setzt ein Ermittlungsrecht des Verteidigers in §§ 222 Abs. 1 S. 1, Abs. 2, 246 Abs. 2, 364b Abs. 1 Nr. 1 StPO voraus. Eine Rechtspflicht des Verteidigers zu eigenen Nachforschungen begründen diese gesetzlichen Bestimmungen indes nicht.[37]
d) Die Pflicht zur umfassenden Rechtsprüfung
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Der Verteidiger