Handbuch des Strafrechts. Jan C. Joerden

Handbuch des Strafrechts - Jan C. Joerden


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Strafgewalt nur gebrauchen, wenn der Tatortstaat seine originäre Strafgewalt zwar ausüben will, aber nicht kann. Grundlegende Voraussetzung ist demzufolge zunächst die Strafbarkeit der Tat im Tatortstaat.[71] Selbst bei bestehender Strafbarkeit nach der lex loci geht die stellvertretende Strafrechtspflege aber ins Leere, wenn der Tatortstaat kein Interesse an der Verfolgung der Straftat hat und es somit gewissermaßen an dem willentlich Vertretenen mangelt.[72] Insbesondere scheidet eine stellvertretende Strafrechtspflege aus, wenn der Tatortstaat die Tat bereits abschließend behandelt hat, sei es durch Verurteilung oder Freispruch oder auch durch Straferlass und Begnadigung.[73]

      7. Abschnitt: Geltungsbereich des Strafrechts§ 31 Räumlicher Geltungsbereich › C. Hauptteil

C. Hauptteil I. Allgemeine Erläuterungen

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      In Deutschland ist das Strafanwendungsrecht in den §§ 3 ff. StGB geregelt. Primärer Anknüpfungspunkt für die nationale Strafgewalt ist gemäß § 3 StGB der Begehungsort der Tat. Er muss grundsätzlich im Inland liegen, damit die nationalen Strafvorschriften anwendbar sind. In erster Linie wird in Deutschland somit das Territorialitätsprinzip zur Bestimmung wie Begrenzung der nationalen Strafgewalt herangezogen.

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      Aus der Anknüpfung an das Territorialitätsprinzip ergibt sich eine wesentliche Systematik der §§ 3 ff. StGB: die Differenzierung zwischen Inlands- und Auslandstaten. Für Inlandstaten gilt gemäß § 3 StGB das deutsche Strafrecht ohne weitere Voraussetzungen. Wo eine Straftat begangen wird, bestimmt sich nach § 9 StGB, der als Begehungsorte sowohl den Handlungs- als auch den Erfolgsort nennt und somit das Ubiquitätsprinzip (Rn. 19) übernimmt.

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      Auf Auslandstaten ist das deutsche Strafrecht nur unter den Voraussetzungen der §§ 4 ff. StGB anwendbar. Zunächst gilt das deutsche Strafrecht nach § 4 StGB – unter Heranziehung des Flaggenprinzips (Rn. 20) – für Taten auf Schiffen oder Luftfahrzeugen unter deutscher Flagge bzw. deutschem Staatszugehörigkeitszeichen. Des Weiteren zählt § 5 StGB abschließend bestimmte Straftaten auf, in denen das deutsche Strafrecht gilt. Überwiegend greift der Gesetzgeber hierbei auf das Realprinzip (Rn. 26 f.) zurück, zum Teil werden aber auch Personalitätsprinzipien sowie das Wohnsitz- und das Domizilprinzip herangezogen. Gemeinsam ist sämtlichen Nummern des § 5 StGB, dass die Strafbarkeit am Tatort unbeachtlich bleibt. § 6 StGB zählt unter Berufung auf das Weltrechtsprinzip (Rn. 28 f.) weitere Straftaten auf, bei denen – wiederum unabhängig vom Recht des Tatorts – das deutsche Strafrecht gilt.

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      An das passive und aktive Personalitätsprinzip (Rn. 21 ff.) knüpfen § 7 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 StGB an. § 7 Abs. 2 Nr. 2 StGB übernimmt schließlich den Grundsatz der stellvertretenden Strafrechtspflege (Rn. 30 f.) in das deutsche Recht. Insoweit wird jeweils die lex loci berücksichtigt und setzt die Erstreckung der nationalen Strafgewalt auf die Auslandstat daher voraus, dass „die Tat am Tatort mit Strafe bedroht ist oder der Tatort keiner Strafgewalt unterliegt“.

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2. Inlandstaten

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