Handbuch des Strafrechts. Jan C. Joerden
einzelnen Straftatbestände nennen die Nrn. 12 bis 14. Abgestellt wird hier auf die Stellung von Täter bzw. Opfer insbesondere als „Amtsträger oder für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteter“. So gilt nach Nr. 12 das deutsche Strafrecht für sämtliche „Taten, die ein deutscher Amtsträger oder für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteter während eines dienstlichen Aufenthalts oder in Beziehung auf den Dienst begeht“. Bei ausländischen Amtsträgern oder für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteten soll dies gemäß Nr. 13 sogar ohne entsprechenden dienstlichen Bezug gelten. Nr. 14 erfasst schließlich „Taten, die jemand gegen einen [deutschen wie ausländischen] Amtsträger, einen für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteten oder einen Soldaten der Bundeswehr während der Ausübung ihres Dienstes oder in Beziehung auf ihren Dienst begeht“. Diese Regelungen beruhen auf der Überlegung, dass zwischen dem Staat und seinen Beamten eine noch engere Beziehung besteht als zu den sonstigen Bürgern, der Amtsträger jedenfalls bei Ausübung seines Amtes einer besonderen Pflicht unterliegt.[103] Nicht zu Unrecht kritisiert wird insoweit, dass nach Nr. 12 sämtliche Straftaten während eines dienstlichen Auslandsaufenthalts erfasst werden, auch wenn diese nicht in einem Zusammenhang mit der Dienstausübung stehen.[104] Dem wird entgegengehalten, dass ein Beamter aufgrund der besonderen personalen Bindung zum Staat auch im Ausland verpflichtet sei, unabhängig von dem Tatortrecht die deutsche Rechtsordnung zu respektieren.[105]
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Es ist hier nicht der Platz, auf die Berechtigung jeder Nummer des § 5 StGB näher einzugehen.[106] Festhalten lässt sich aber jedenfalls die nicht unbedenkliche Tendenz, dass der Gesetzgeber dazu übergeht, bei Neuregelungen im Besonderen Teil des StGB reflexartig auch den Katalog des § 5 StGB anpassen bzw. erweitern zu wollen. So wurden allein seit 2014 die Straftatbestände des § 237 (Nr. 6 lit. c), der § 226 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. Abs. 2, § 226a (Nr. 9a), der §§ 265c, 265d (Nr. 10a) und der §§ 331 bis 337 (Nr. 15) in § 5 StGB aufgenommen. Dies erfolgt nicht zuletzt mit dem Ziel, Umgehungshandlungen im Ausland vorzubeugen.[107]
c) § 6 StGB: Weltrechtsprinzip
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§ 6 StGB dehnt den Anwendungsbereich des deutschen Strafrechts auf bestimmte, abschließend aufgezählte Auslandstaten unter Berufung auf das Weltrechtsprinzip (Rn. 28 f.) aus. Zu den Straftaten gegen international geschützte Rechtsgüter zählen im Einzelnen bestimmte Kernenergie-, Sprengstoff- und Strahlungsverbrechen (Nr. 2), Angriffe auf den Luft- und Seeverkehr (Nr. 3), Menschenhandel (Nr. 4), unbefugter Vertrieb von Betäubungsmitteln (Nr. 5), bestimmte Formen der Verbreitung gewalt-, tier-, kinder- und jugendpornographischer Schriften (Nr. 6), bestimmte Geld- und Wertpapierdelikte (Nr. 7), Subventionsbetrug (Nr. 8) sowie schließlich Taten, die aufgrund eines für die Bundesrepublik Deutschland verbindlichen zwischenstaatlichen Abkommens auch dann zu verfolgen sind, wenn sie im Ausland begangen werden (Nr. 9). Für die in den §§ 6 bis 12 VStGB sanktionierten Straftaten gegen das Völkerrecht, namentlich Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und aufgezählte Kriegsverbrechen, findet sich eine spezielle Regelung in § 1 VStGB. Das Recht des Tatorts ist jeweils unbeachtlich, liegt die Verfolgung der dem Weltrechtsprinzip unterfallenden Straftaten doch im gemeinsamen Staateninteresse.
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Kritisch zu untersuchen bleibt bei den in § 6 StGB genannten Straftaten, ob den dadurch geschützten Sicherheitsinteressen und Rechtsgütern die notwendige internationale allgemeine Akzeptanz zuteilwird, so dass der Verfolgerstaat seine Strafgewalt auch bei Auslandstaten beanspruchen darf.[108] Problematisch erscheint vor allem § 6 Nr. 6 StGB, der unter anderem die Verbreitung der Erscheinungsformen der Gewalt- und Tierpornographie erfasst und insoweit auf Taten weltweit das deutsche Strafrecht anwenden will.[109] Fraglich ist außerdem, ob der Subventionsbetrug in § 6 Nr. 8 StGB wegen seines primären Schutzes (nur) nationaler finanzieller Interessen oder der Europäischen Union dem Weltrechtsprinzip unterstellt werden kann.[110]
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Bei dem Rückgriff auf § 6 StGB zeigt sich die Rechtsprechung mitunter zurückhaltend, um einer Einmischung in innere Angelegenheiten anderer Staaten vorzubeugen. So verlangte der BGH wiederholt für die Anwendbarkeit des deutschen Strafrechts auf den bis zum 29. Juni 2002 in § 220a StGB normierten Völkermord nach § 6 Nr. 1 StGB einschränkend einen legitimierenden Anknüpfungspunkt, der im Einzelfall einen unmittelbaren Bezug der Strafverfolgung zum Inland herstellt. Ansonsten verstoße die Strafverfolgung gegen den völkerrechtlichen Nichteinmischungsgrundsatz.[111] Dem wurde entgegengehalten, dass sich eine solche zusätzliche Voraussetzung nicht mit dem Charakter weltweit allgemein anerkannter Rechtsgüter vereinbaren lasse, deren Schutz eine originäre Aufgabe eines jeden Rechtsstaates darstellt.[112] § 1 VStGB hält nunmehr indessen ausdrücklich fest, dass das VStGB für alle darin bezeichneten Verbrechen (wie nicht zuletzt den Völkermord gemäß § 6 VStGB) auch dann gilt, wenn die Tat im Ausland begangen wurde und keinen Bezug zum Inland aufweist. In einem Anfragebeschluss erwog der Zweite Strafsenat vorübergehend, auch für § 6 Nr. 5 StGB (unbefugter Vertrieb von Betäubungsmitteln) einen hinreichenden Inlandsbezug zu verlangen, aus dem sich ein inländisches Interesse an der Verfolgung der Auslandstat ergibt.[113] Auf die Erwiderung des Ersten Strafsenats[114] entschied der Zweite Strafsenat sodann aber – jedenfalls für die seinem Urteil zugrunde liegende Fallkonstellation –, dass weder nach Wortlaut und Sinn und Zweck des § 6 Nr. 5 StGB noch wegen der notwendigen Beachtung höherrangigen Rechts oder aus völkerrechtlicher Sicht eine solche einschränkende Auslegung erforderlich sei.[115]
d) § 7 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 StGB: Personalitätsprinzipien
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§ 7 Abs. 1 StGB knüpft an die Staatsangehörigkeit des Opfers als „genuine link“ an. Handelt es sich hierbei um einen Deutschen, steht die Anwendbarkeit des deutschen Strafrechts auch bei Auslandstaten im Raum. Dieser Rückgriff auf das passive Personalitätsprinzip scheidet aber aus, wenn sich die konkrete Tat nicht gegen eine natürliche Person im Sinne eines bestimmten oder jedenfalls bestimmbaren deutschen Staatsangehörigen richtet[116] oder wenn eine Straftat ausschließlich Universalrechtsgüter schützt und damit von vornherein kein Individuum als Opfer haben kann.[117]
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Wer Deutscher im Sinne des § 7 StGB ist, bestimmt sich nach Art. 116 Abs. 1 GG.[118] Danach ist jede natürliche Person Deutscher, welche (auch) „die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt oder als Flüchtling oder Vertriebener deutscher Volkszugehörigkeit oder als dessen Ehegatte oder Abkömmling in dem Gebiete des Deutschen Reiches nach dem Stande vom 31. Dezember 1937 Aufnahme gefunden hat“. Juristische Personen sind selbst bei Sitz im Inland nach herrschender Meinung nicht erfasst.[119] Hiervon abweichenden Überlegungen steht nicht zuletzt der Wortlaut des § 7 StGB entgegen, der gerade nicht – anders als etwa § 5 Nr. 7 StGB, der offenbart, dass dem Gesetzgeber die Problematik des Schutzes von Interessen juristischer Personen bekannt ist – auf die Belegenheit des Sitzes eines Unternehmens verweist, sondern von Straftaten gegen einen Deutschen spricht.[120] Nach zunehmender Ansicht soll auch das ungeborene Leben unter den Deutschenbegriff fallen.[121] Dies bleibt jedoch abzulehnen, da die Staatsangehörigkeit erst mit der Geburt verliehen wird und ein Embryo somit zur maßgeblichen Zeit der Tat von vornherein kein Deutscher sein kann.[122]
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Auf das aktive Personalitätsprinzip verweist § 7 Abs. 2 Nr. 1 StGB. Danach bildet die deutsche Staatsangehörigkeit des Täters einen legitimierenden Anknüpfungspunkt für die Anwendbarkeit des deutschen Strafrechts. Notwendig ist der Rückgriff auf das aktive Personalitätsprinzip vor allem deswegen, weil Art. 16 Abs. 2 S. 1 GG es untersagt, einen Deutschen an das Ausland auszuliefern.[123]
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Das aktive Personalitätsprinzip wird nach der ausdrücklichen Regelung in Nr. 1 nicht nur dann bemüht, wenn der Täter zur Zeit der Tat Deutscher