Umwandlungsgesetz. Oliver Schmidt

Umwandlungsgesetz - Oliver Schmidt


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beruht ausschließlich auf der Entsch des deutschen Gesetzgebers, eine umfassende Kodifizierung des UmwR vorzunehmen. Eine Verpflichtung zum Erlass des UmwG aufgrund europarechtlicher Vorschriften bestand nicht. Die Verschmelzungsrichtlinie (Dritte Richtlinie) war bereits 1982 umgesetzt worden. Die Spaltungsrichtlinie (Sechste Richtlinie) war nur zu beachten, falls der nationale Gesetzgeber Regelungen zur Spaltung treffen wollte. Einen europarechtlichen Zwang zur Regelung der Spaltung gab es also nicht. Die ergänzend zu berücksichtigende gesellschaftsrechtliche RL war ebenfalls bereits in nationales Recht umgesetzt.

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      Nachdem sich der nationale Gesetzgeber für eine umfassende Kodifizierung im UmwG entschieden hatte, wurden die europarechtlichen Vorgaben der genannten RL in das UmwG eingearbeitet. Hierbei regelt die Verschmelzungsrichtlinie die Verschmelzung von AG. Die Spaltungsrichtlinie regelt die Aufspaltung einer AG, und zwar zur Neugründung und zur Aufnahme. Beteiligte Rechtsträger können lediglich AG sein. Von der Kapitalrichtlinie wird für den Fall des Formwechsels in eine AG die Anwendung der aktienrechtlichen Gründungsvorschriften verlangt. Die europarechtlichen Vorgaben betreffen also nur wenige vom UmwG erfasste Umwandlungsfälle. Lediglich insoweit setzt das UmwG die europarechtlichen Vorgaben um, was bei der Auslegung der umwandlungsgesetzlichen Bestimmungen zu berücksichtigen ist. IÜ werden die Vorgaben der RL vom nationalen Gesetzgeber – ohne dass hierzu eine Verpflichtung bestand – auch auf die anderen Umwandlungsmöglichkeiten nach UmwG ausgedehnt. Eine solche über das Ziel der RL hinausgehende Umsetzung ist zulässig.

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      Aufgrund der Umsetzung der RL iRd UmwG sind die Richtlinienvorschriften bei der Auslegung des UmwG zu berücksichtigen. Dabei betreffen die RL aufgrund ihres eingeschränkten Regelungsbereichs unmittelbar nur einen geringen Teil der umwandlungsrechtlichen Bestimmungen. Wegen der Gesetzestechnik des UmwG, nämlich grdl Regelungen für alle Umwandlungsvorgänge in einem allg Teil zusammenzufassen, auf den dann in den bes Teilen jeweils verwiesen wird, und außerdem die einzelnen Umwandlungsvorgänge für die jeweiligen Umwandlungsfälle und Rechtsformen weitgehend parallel zu regeln, haben die Richtlinienvorschriften jedoch Auswirkungen auf weite Teile des UmwR. Dies ist iRd Auslegung der umwandlungsrechtlichen Vorschriften zu berücksichtigen (vgl zur richtlinienkonformen Auslegung der umwandlungsrechtlichen Vorschriften bei Lutter/Bayer in Lutter, Einl I Rn 26 ff; Mayer in Widmann/Mayer, Einf UmwG Rn 106 ff).

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      Soweit die einzelne Bestimmung des UmwG danach unmittelbar auf der RL beruht, muss sie richtlinienkonform ausgelegt werden. Dies bedeutet, dass nach den herkömmlichen Auslegungsmethoden zu ermitteln ist, ob die Norm des UmwG der entspr Richtlinienbestimmung entspricht. Lässt sich der Inhalt der Richtliniennorm nicht eindeutig bestimmen, ist die Auslegungsfrage im Rahmen von Gerichtsverfahren vorab dem EuGH zur Entsch vorzulegen. IÜ ist die Norm des UmwG mit der Richtlinienvorschrift in Einklang zu bringen. Würde die Bestimmung des UmwG der RL widersprechen, wäre unmittelbar die Regelung der RL im nationalen Recht anzuwenden. Soweit das UmwG strengere Anforderungen als die RL stellen sollte, ist zunächst zu prüfen, ob eine solche strengere Regelung zulässig ist oder der RL widerspricht. Lässt die RL keine höheren Anforderungen zu, würde die nationale Vorschrift der Richtlinienanforderung widersprechen und wäre insoweit unwirksam.

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      Die unmittelbare Auslegung greift nur, soweit das UmwG die RL unmittelbar umsetzt. Aufgrund der eingangs geschilderten Gesetzgebungstechnik bei Abfassung des UmwG (vgl dazu auch unten Rn 48 ff) haben die RL jedoch darüber hinaus Ausstrahlungswirkung auf weite Teile des UmwG. Es fragt sich, ob auch insoweit eine richtlinienkonforme Auslegung dieser umwandlungsrechtlichen Normen erfolgen soll oder ob sich die Auslegung hier ausschließlich am nationalen Recht orientiert.

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      Aufgrund der Gesetzestechnik gelten die unmittelbar auf den RL beruhenden umwandlungsrechtlichen Vorschriften auch für die entspr anderen Umwandlungsfälle. Deshalb sind auch diese richtlinienkonform auszulegen. Dies beruht zwar nicht auf einer europarechtlichen Pflicht. Wäre eine ausschließlich auf nationalem Recht beruhende Auslegung gewollt, hätte dies der Gesetzgeber jedoch unmissverständlich zum Ausdruck bringen müssen.

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      Das Gesetzgebungsverfahren zum UmwG beruht auf einer Anregung des Rechtsausschusses des Bundestags aus dem Jahr 1980, der anlässlich der GmbH-Novelle 1980 anregte, Verschmelzung und Umw umfassend in einem Gesetz zu regeln. Aufgrund dieser Anregung erstellte das Bundesjustizministerium den „Diskussionsentwurf für ein Gesetz zur Bereinigung des Umwandlungsrechts“ v 3.8.1988, der bereits die Grundstruktur des heutigen UmwG enthielt (Beilage Nr 214a BAnz Nr 214 v 15.11.1988). Wegen der Wiedervereinigung verzögerten sich die Arbeiten am UmwG. Allerdings wurden unter Berücksichtigung der im Diskussionsentwurf enthaltenen Regelungen Bestimmungen über die Spaltung sowohl in das Landwirtschaftsanpassungsgesetz als auch in das Gesetz über die Spaltung der von der Treuhandanstalt verwalteten Unternehmen aufgenommen (vgl Rn 23).

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      Am 14.4.1992 wurde der „Referentenentwurf für ein Gesetz zur Bereinigung des Umwandlungsrechts“ vorgelegt (Beilage Nr 112a BAnz Nr 112 v 20.6.1992), der – wie bereits der Diskussionsentwurf – in der Lit breit diskutiert wurde. Hierbei lag bes Gewicht auf arbeitsrechtlichen Belangen, insbes in Bezug auf die Unternehmensmitbestimmung.

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      Das Gesetzgebungsverfahren als solches fand im Jahr 1994 statt. Es wurde eingeleitet durch die im Januar 1994 erfolgte Vorlage des RegE (BR-Drucks 75/94). In dem RegE wurden insbes die arbeitsrechtlichen Vorschriften des RefE ergänzt (zB Einf des § 5 Abs 1 Nr 9 und der entspr Regelungen für Spaltung und Formwechsel, in denen die voraussichtlichen Folgen der Umw für die Arbeitnehmer und ihre Vertreter dargestellt werden müssen). Am 16.6.1994 wurde der Gesetzentwurf im BTag verabschiedet. Nachdem der BR jedoch seine Zustimmung verweigert hatte, konnte erst im Vermittlungsausschuss ein Kompromiss zu den str arbeits- und mitbestimmungsrechtlichen Fragen erzielt werden (so wurde zB die Mitbestimmungsbeibehaltung nach § 325 aufgenommen, das Übergangsmandat des Betriebsrats nach § 321 wurde auf sechs Monate und die kündigungsrechtliche Stellung nach § 321 Abs 1 auf zwei Jahre verlängert), dem der BTag am 6.9.1994 und der BR am 23.9.1994 zustimmten. Das UmwG wurde am 28.10.1994 im BGBl verkündet und trat zum 1.1.1995 in Kraft (vgl im Einzelnen zum Gesetzgebungsverfahren bei Stratz in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, Einf UmwG A Rn 9; Lutter/Bayer in Lutter, Einl I Rn 8 ff; Mayer in Widmann/Mayer, Einf UmwG Rn 1 ff).

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      Wesentliche Änderungen erfuhr das UmwG durch das Gesetz zur Änderung des UmwG, des PartGG und anderer Gesetze v 27.7.1998 (BGBl I 1998, 1878), durch das insbes die PartGes als umwandlungsfähiger Rechtsträger in das UmwG aufgenommen wurde. Das Spruchverfahrensneuordnungsgesetz v 12.6.2003 (BGBl I 2003, 838) regelt einheitlich das Spruchverfahren. Die einzelgesetzlichen Regelungen, die im AktG, im UmwG und im FGG enthalten waren, sind entfallen. An entspr Stelle ist im UmwG nunmehr auf das Spruchverfahrensneuordnungsgesetz verwiesen.

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      Durch das Zweite Gesetz zur Änderung des UmwG v 19.4.2007 (BGBl I 2007, 542) wurde die grenzüberschreitende Verschmelzung innerhalb der EU ermöglicht (§§ 122a–122l). Die Bestimmungen setzen den gesellschaftsrechtlichen Teil der RL 2005/56/EG v 26.10.2005 (Verschmelzungsrichtlinie) sowie die SEVIC-Entsch des EuGH v 13.12.2005 (DB 2005, 2804) um. Die Regelungen der §§ 122a ff erfassen nur grenzüberschreitende Verschmelzungen, nicht jedoch Spaltungen, Formwechsel oder Vermögensübertragungen. Zudem ist der Anwendungsbereich auf KapGes beschränkt. Das Zweite Gesetz zur Änderung des UmwG sieht – neben verschiedenen anderen Änderungen – weiter eine wesentliche Erleichterung für die Verschmelzung und Spaltung vor.


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