Prävention von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung. Mike White
produziert wurden. Nur als Randbemerkung sei hierzu erwähnt, dass dies auch die Grundrechte der betroffenen Kunden in erheblichem Maße beeinträchtigt, allein schon durch die Tatsache, einem Ermittlungsverfahren ausgesetzt zu sein.
1. Kapitel Einleitung › C. Effektivität der Regularien › II. Terrorismusfinanzierung
II. Terrorismusfinanzierung
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Die Financial Intelligence Unit (FIU) Deutschland verweist in ihrem Jahresbericht 2016 schon einleitend darauf, dass es von Juli bis Dezember 2016 mehr Terroranschläge mit islamistischem Hintergrund in Deutschland gegeben habe als im gesamten Jahrzehnt zuvor.[53] Diese Anschläge haben ein großes Medienecho gefunden und wurden in der Öffentlichkeit und in der Politik intensiv diskutiert. Aufgrund des medialen und polizeilichen Fokus auf das Thema wurde das Risiko, Opfer eines islamistisch-terroristischen Anschlags zu werden, von vielen Menschen ausgesprochen stark überschätzt. Wir wissen heute, ca. vier Jahre später, dass diese Welle von Anschlägen zunächst einmal vorübergehender Natur war und durch eine Welle rechtsradikalen Terrors abgelöst wurde. Dies sollte Anlass sein, den Terror durch Deutsche in den Mittelpunkt der Bekämpfung der Finanzierung des Terrorismus zu stellen.
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Der Verdachtsgrund „Terrorismusfinanzierung“ wurde über die Jahre konstant in etwa ein bis zwei Prozent der Verdachtsmeldungen angegeben. Im Jahr 2016 betraf das 784 Fälle.[54] Im Übrigen sind jedoch nur wenige Daten veröffentlicht worden. Die Zahl der Verdachtsmeldungen, die von der Abteilung „Polizeilicher Staatsschutz“ des BKA überprüft worden sind, lag in 2016 deutlich höher (1233). In 203 Fällen wurde eine Relevanz für den Bereich „Politisch Motivierte Kriminalität“ festgestellt.[55] Die Zahl der Verdachtsmeldungen mit Bezug auf Terrorismusfinanzierung oder Staatsschutz addierte sich auch im Jahr 2018 auf 6% oder 4516 Stück.[56] Ob sich dagegen im Hinblick auf die Terrorismusbekämpfung oder Staatsschutz aber zielführende Hinweise aus dem Verdachtsmeldewesen erkennen ließen, dazu schweigen leider die Berichte der FIU.
1. Kapitel Einleitung › D. Sicht der Institute und Fazit
D. Sicht der Institute und Fazit
1. Kapitel Einleitung › D. Sicht der Institute und Fazit › I. Kosten und Nutzen der Geldwäschebekämpfung
I. Kosten und Nutzen der Geldwäschebekämpfung
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Die Banken müssen vermeiden, sich zur Geldwäsche missbrauchen zu lassen. Die öffentliche Bloßstellung, Geldwäschern oder gar Terrorismusfinanzierern Möglichkeiten geboten zu haben, würde für Institute neben zu gewärtigenden aufsichtlichen Sanktionen und Maßnahmen in einem Imageschaden münden, der sich als Reputationsrisiko auf die Geschäftstätigkeit niederschlägt. Je zahlreicher und/oder voluminöser die Einzelfälle, desto größer dürfte dieser Schaden ausfallen.
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Infolgedessen ist unbedingt zu fordern, dass Institute sich mit geeigneten und erforderlichen Maßnahmen gegen dieses Risiko wappnen. Der europäische Richtliniengeber und der Gesetzgeber versuchen dies anhand der Vorgaben der FATF um- und durchzusetzen. Über dieses Ziel besteht Einigkeit, die Geeignetheit der gewählten Mittel muss aber stets aufs Neue evaluiert werden. Dass die gesetzlich vorgeschriebene Vorgehensweise ihre Schwächen hat, wurde anhand des Zahlenmaterials der FIU oben gezeigt. Die Frage nach der Geeignetheit und Erforderlichkeit gesetzgeberischer und aufsichtlicher Maßnahmen muss daher stets neu gestellt werden, zumal dann, wenn die politische Zielsetzung der Gesetzgebung immer mehr in der Finanzdatentransparenz aller Bürger gesehen wird.
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Die Frage nach der Kosten-Nutzen-Betrachtung stellt sich auch im Rahmen der Geldwäschebekämpfung. Wenn der Aufwand an Ressourcen der Institute über Jahre hinaus durch steigende Anforderungen erhöht wird, was zu exponentiell steigenden Zahlen von Verdachtsmeldungen führt, auf der anderen Seite aber deren Relevanz für die Strafverfolgung prozentual immer weiter fällt, dann muss im Sinne einer Aufgabenkritik auch einmal die Frage der Effektivität der gesetzgeberischen und behördlichen Vorgehensweise gestellt werden. Wenn man für jedes verpflichtete Institut die Kosten für konservativ geschätzte vier Vollzeitstellen plus weiterer Ressourcen ansetzt, kann man schon ohne genaue Studie eine erhebliche Kostenbelastung in Deutschland unterstellen, die bei den Instituten anfällt. Dieser seit Jahren steigende Aufwand führt immer gleichbleibend zu etwa 500 nachweislich erfolgreichen Verdachtsmeldungen, trotz aller weiteren Anstrengungen der Institute.[57] Der Schluss liegt nahe, dass die gesetzlich geforderte Konzentration von personellen und sachlichen Ressourcen auf das Ermitteln und Melden von Verdachtsfällen ganz grundsätzlich eine Fehlallokation ist, nämlich ein ungeeignetes Mittel zur Verbesserung der Prävention und Aufklärung von Geldwäsche. Oder anders gesagt: Nachdem man seit der Umsetzung der Dritten GeldwäscheRL seitens der Politik auf eine ständige Erhöhung des Ressourceneinsatzes der Institute für die Ermittlung von Verdachtsfällen der Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung bestanden wurde, dieser erhöhte Ressourceneinsatz aber keinerlei Steigerung der aufgeklärten Fälle zur Folge hatte, mit welcher Annahme ließe sich nun noch begründen, dass eine weitere ständige Steigerung des Ressourceneinsatzes die Lösung der Probleme näher bringen würde?
1. Kapitel Einleitung › D. Sicht der Institute und Fazit › II. Fehlende Unterstützung beim Kampf gegen Terrorismusfinanzierung
II. Fehlende Unterstützung beim Kampf gegen Terrorismusfinanzierung
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Im Bereich der Bekämpfung der Terrorismusfinanzierung werden die Institute von den Behörden bisher weitgehend allein gelassen. Die FIU lässt die Gründe dafür in ihrem Jahresbericht 2016 anklingen. Zwar gibt sie sich optimistisch auf einer übergeordneten Ebene, mehr in Form eines Programmsatzes, wenn sie behauptet: „Durch das Sammeln und Auswerten der Erkenntnisse aus Ermittlungsverfahren, Auswertungen sowie den Erkenntnissen aus dem Monitoring von Geldwäscheverdachtsmeldungen können geeignete Gegenstrategien zur Terrorismusfinanzierung erarbeitet werden“.[58] Wenige Absätze später allerdings muss sie, in der Betrachtungsweise auf der realen operativen Ebene angekommen, allerdings eingestehen: „Aussagen über klassische „Typologien“, wie sie von den Verpflichteten nach dem GwG immer wieder gefordert werden, sind im Bereich der Terrorismusfinanzierung durch die Auswertung von Geldwäscheverdachtsmeldungen weiterhin schwierig. Zwar konnten Erkenntnisse gewonnen werden, wie in Einzelfällen eine Terrorismusfinanzierung durchgeführt wurde, jedoch sind daraus keine Verdachtskriterien genereller Art ableitbar.“[59]
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Die FIU bleibt also bislang in diesem wichtigen Feld hinter ihrem eigenen Anspruch, und dem Anspruch des Gesetzgebers, zurück. Es klingt sicherlich gut und richtig, wenn der Gesetzgeber die Banken in die Pflicht nimmt, dafür zu sorgen, dass sie die Terrorismusfinanzierung bekämpfen. Die Behörden müssen aber aktuell leider eingestehen, dass sie selbst nicht wissen, wie die Banken dabei zielführend vorgehen sollten.
Anmerkungen
Der Verfasser ist Direktor Recht des Verbandes der Auslandsbanken in Deutschland e.V. Die nachfolgenden Ausführungen stellen jedoch nicht die Position des Verbandes, sondern die persönliche Auffassung des Verfassers dar.