Handbuch der Europäischen Aktiengesellschaft - Societas Europaea. Hans-Peter Schwintowski
des ersten Verwaltungsorgans durch die Hauptversammlung bestellt werden.
3.8 Amtsdauer der geschäftsführenden Direktoren – Regelungen zur Abberufung
170
Es ist umstritten, ob satzungsmäßige Bestimmungen über die Amtsdauer von geschäftsführenden Direktoren erforderlich sind. Hintergrund ist Art. 46 SE-VO, nach dem für die Amtsdauer von Organen der Gesellschaft Regelungen in der Satzung vorzusehen sind. Unabhängig von der Frage, ob die geschäftsführenden Direktoren als Organe i. S. d. Art. 46 SE-VO einzustufen sind,[61] geht die h.M. zu Recht davon aus, dass derartige Bestimmungen kein Pflichtbestandteil der Satzung sind.[62] Allerdings kann der Satzungsgeber eine Höchstbestelldauer vorsehen.[63]
171
Darüber hinaus kann der Satzungsgeber gem. § 40 Abs. 5 S. 1 SEAG vorsehen, dass die jederzeitige Abberufbarkeit der geschäftsführenden Direktoren eingeschränkt wird.[64] Es kann daher in der Satzung aufgenommen werden, dass die geschäftsführenden Direktoren nur aus wichtigem Grund abberufen werden können oder dass eine bestimmte Beschlussmehrheit des Verwaltungsorgans erforderlich ist.
3.9 Geschäftsordnung für die geschäftsführenden Direktoren
172
Wenn weder die Satzung der SE bestimmt, dass die Geschäftsordnung für die geschäftsführenden Direktoren durch das Verwaltungsorgan bestimmt werden soll (§ 40 Abs. 4 S. 1 SEAG), oder Einzelfragen der Geschäftsordnung unmittelbar regelt (§ 40 Abs. 4 S. 2 SEAG) noch das Verwaltungsorgan eine Geschäftsordnung für die geschäftsführenden Direktoren erlassen hat (§ 40 Abs. 4 S. 1 SEAG), können sich die geschäftsführenden Direktoren selbst eine Geschäftsordnung geben (§ 40 Abs. 4 SEAG).
173
Dementsprechend hat der Satzungsgeber folgende Wahlmöglichkeiten: Entweder er weist die Kompetenz zum Erlass einer Geschäftsordnung dem Verwaltungsorgan zu oder aber er regelt Einzelfragen unmittelbar in der Satzung. Im Hinblick darauf, dass die geschäftsführenden Direktoren ohnehin weisungsabhängig sind und die Geschäfte nach Maßgabe der Richtlinien des Verwaltungsorgans führen, empfiehlt es sich, auch direkt die Kompetenz zum Erlass der Geschäftsordnung dem Verwaltungsorgan durch die Satzung zuzuweisen.
174
Darüber hinaus sollte erwogen werden, Einzelfragen der Geschäftsordnung für die geschäftsführenden Direktoren unmittelbar in der Satzung bindend zu regeln (§ 40 Abs. 4 S. 2 SEAG). Da ohne entsprechende Regelung in einer Geschäftsordnung – jedenfalls nach teilweise vertretener Ansicht[65] – für die geschäftsführenden Direktoren nach § 40 Abs. 2 S. 2 SEAG das Kollegialprinzip gelten würde, nach dem Geschäftsführungsentscheidungen einstimmig getroffen werden müssen, empfiehlt es sich im Regelfall, bereits in der Satzung ein einfaches Mehrheitserfordernis – ggf. mit Stichentscheidsrecht des Vorsitzenden – festzulegen.
175
Darüber hinaus können auch für die geschäftsführenden Direktoren Regelungen zu den Anwesenheitsquoren, zur Anwesenheit, zur Beschlussfassung und zur Rechtsstellung des Vorsitzenden in der Satzung festgelegt werden,[66] wenngleich es sich vielfach empfiehlt, diese Festlegungen dem Verwaltungsorgan zu überlassen und – je nach Konstellation – in der Geschäftsordnung für die geschäftsführenden Direktoren anzupassen.
3.10 Regelungen zur Liquidation
176
Es empfiehlt sich, auch in der Satzung der monistischen SE eine Regelung vorzusehen, wie im Falle der Liquidation der Gesellschaft die Zuständigkeiten verteilt sind, da das SEAG für die monistische SE hierzu keine Regelungen enthält und die §§ 264 ff. AktG ganz auf das dualistische Modell zugeschnitten sind. Die Ausgestaltung der Kompetenzverteilung zwischen geschäftsführenden Direktoren und Verwaltungsorgan im Falle der Liquidation sind im Einzelnen umstritten.[67] Es wird vertreten, dass das Verwaltungsorgan berufen ist, die Abwicklung durchzuführen,[68] oder die geschäftsführenden Direktoren hierfür zuständig sind[69] oder gar die geschäftsführenden Direktoren als Verwerter berufen sind und lediglich die Anweisungen des Verwaltungsorgans zu befolgen haben.[70] Die Satzung sollte dementsprechend vorsehen, dass die geschäftsführenden Direktoren die Rolle des Liquidators übernehmen.[71]
Anmerkungen
Schwarz Art. 43 SE-VO Rn. 68 f.
Schwarz Anh. Art. 43 SE-VO § 23 Rn. 79; Manz/Mayer/Schröder/Manz Art. 43 Rn. 69; Habersack/Drinhausen/Verse § 23 SEAG Rn. 3.
Hierzu Rn. 90 ff.
Habersack/Drinhausen/Verse § 23 SEAG Rn. 3.
Habersack/Drinhausen/Verse § 23 SEAG Rn. 4; Lutter/Hommelhoff/Teichmann Anh. Art. 43 SE-VO (§ 23 SEAG) Rn. 4.
Manz/Mayer/Schröder/Manz Art. 43 SE-VO Rn. 71.
Sehr streitig vgl. zum Meinungsstand: Habersack/Drinhausen/Verse § 23 SEAG Rn. 9 f; sowie KölnKomm AktG/Siems Anh. Art. 51 SE-VO § 20 SEAG Rn. 8; hierzu vertieft 13. Kap. Rn. 436.
Habersack/Drinhausen/Verse § 23 SEAG Rn. 7 f.
Habersack/Drinhausen/Verse § 23 SEAG Rn. 7.
Habersack/Drinhausen/Verse § 23 SEAG Rn. 7 f.
Vgl. Kap. 5 Rn. 20.
Habersack/Drinhausen/Drinhausen Art. 46 SE-VO Rn. 10 f; vgl. auch Drinhausen/Nohlen ZIP 40/2009, S. 1890 f; Spindler/Stilz/Casper/Eberspächer Art. 46 SE-VO Rn. 5; MünchKomm AktG/Reichert/Brandes Art. 46 SE-VO