Markenrecht. Jennifer Fraser
1986, 1095 – Mädchen hinter Gittern). Die Ingebrauchnahme erfordert nicht, dass das durch den Titel gekennzeichnete Werk selbst benutzt wird (OLG Düsseldorf NJW-RR 1986, 1095 – Mädchen hinter Gittern). Das Werktitelrecht weist nach hM bei der Möglichkeit einer Verlagerung des Schutzbeginns vor den Zeitpunkt der Werkveröffentlichung und hinsichtlich der Anforderungen, die an die Kennzeichnungskraft eines Titels zu stellen sind, im Vergleich zum Recht der Unternehmenskennzeichen Besonderheiten auf.
b) Der Titelschutz in der Werkherstellungsphase
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Umstritten ist die Frage, inwiefern ein schutzbegründender Titelgebrauch auch schon vor der (endgültigen) Fertigstellung des Werkes möglich ist (vgl Fezer § 15 Rn 315-318; Deutsch/Ellerbrock Rn 72 ff; Görden Vorgezogener Werktitelschutz). Der BGH zeigt sich bei der Anerkennung eines rechtsbegründenden Gebrauchs im Zusammenhang mit Vorbereitungs- oder Herstellungsmaßnahmen äußerst zurückhaltend und setzt für die Entstehung des Titelschutzes entweder den Vertrieb des fertigen, mit der fraglichen Bezeichnung versehenen Produktes voraus oder zumindest eine dem Vertrieb unmittelbar vorangehende werbende Ankündigung (BGH NJW 1997, 3313, 3315 – PowerPoint; BGH WRP 1998, 877, 880 – WINCAD). Auch die Erprobung eines Computerprogramms bei einem oder mehreren Kunden (sog Pilot-Kunden) rechnet der BGH noch der Herstellungsphase zu, die seiner Meinung nach für eine rechtsbegründende Titelbenutzung nicht in Frage kommt (BGH NJW 1997, 3315, 3316 f – FTOS; BGH WRP 1998, 877, 880 – WINCAD). Der BGH begründet seine restriktive Auffassung zum einen mit den Unsicherheiten, welche die Möglichkeit einer Verschiebung des Schutzbeginns vor den Zeitpunkt der Werkveröffentlichung mit sich bringe, zum anderen damit, dass zum Zwecke der Vorverlagerung des Schutzbeginns die Titelschutzanzeige zur Verfügung stehe (BGH WRP 1998, 877, 880 – WINCAD).
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Mit dem Ausschluss der schutzbegründenden Ingebrauchnahme vor der Fertigstellung des Werkes setzt der BGH dem Werktitelschutz engere Grenzen als dem Schutz von Unternehmenskennzeichen (vgl Rn 54), ohne diesen Unterschied hinreichend begründen zu können. Der Verweis auf die Möglichkeit einer Titelschutzanzeige vermag die notwendige Begr nicht zu liefern, da die Titelschutzanzeige in ihrer Eigenschaft als schutzbegründende Ankündigung systemwidrig und daher abzulehnen ist (vgl ausf Rn 97 ff). Vielmehr macht ein umfassender Schutz des Werktitels als Immaterialgut die Vorverlagerung des Schutzbeginns auf den Titelgebrauch in der Werkerprobungsphase notwendig; die restriktive Auffassung des BGH ist daher abzulehnen (so iE auch Ingerl/Rohnke § 5 Rn 85; Deutsch/Ellerbrock Rn 72 ff). In einer neueren Entscheidung billigt der BGH jedoch auch weitgehend fertiggestellten Werken Titelschutzfähigkeit zu (BGH GRUR 2009, 1055 Rn 41 – airdsl; so auch BPatG BeckRS 2018, 15697 Rn 20 – Visora).
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Da auch bei einer Vorverlagerung des Titelschutzes eine namensmäßige Ingebrauchnahme vorausgesetzt ist, kommen nur solche Vorbereitungshandlungen in Betracht, die sich dem Verkehr als Form der Titelbenutzung zur Werkkennzeichnung darstellen; rein interne Maßnahmen scheiden aus (OLG Hamburg NJW-RR 1994, 1131). Die namensmäßige Titelbenutzung setzt weiterhin voraus, dass auch das Werk als das zu kennzeichnende Objekt zumindest ansatzweise vorhanden ist, so dass sich die Absicht zur Werkherstellung zumindest in konkreten Vorbereitungsmaßnahmen niedergeschlagen haben muss (Ingerl/Rohnke § 5 Rn 86). Als rechtsbegründende Ingebrauchnahme kommen daher etwa Werbemaßnahmen, Einführungsangebote oder – entgegen dem FTOS-Urt des BGH (NJW 1997, 3315) – auch Werkerprobungen bei Pilot-Kunden in Betracht (zu weiteren Beispielen aus der instanzgerichtlichen Rspr, die die Vorverlagerung des Schutzbeginns – unabhängig von der Titelschutzanzeige – im Werktitelrecht anerkennt, vgl Fezer § 15 Rn 315–318). Der namensmäßige Titelgebrauch in einem Vorbereitungsstadium ist nur dann schutzbegründend, wenn die Veröffentlichung des Werkes in angemessener Zeit nachfolgt (GK/Teplitzky § 16 Rn 95; zur Frage, welcher Zeitraum noch als angemessen zu bezeichnen ist, vgl Rn 101).
c) Die Entstehung des Titelschutzes durch Titelschutzanzeige
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Nach hM kann der Werktitelschutz auch durch eine branchenübliche Ankündigung des Werktitels in Form einer Titelschutzanzeige und damit unabhängig von einer namensmäßigen Ingebrauchnahme auf einen Zeitpunkt verlegt werden, welcher der tatsächlichen Veröffentlichung des Werkes vorgelagert ist (Ingerl/Rohnke § 5 Rn 88; Fezer § 15 Rn 322–326; BGH NJW 1989, 3014 f – Titelschutzanzeige; BGH GRUR 2001, 1054 – Tagesreport; BGH GRUR 2009, 1055 Rn 43 – airdsl; OLG Köln GRUR 1989, 690, 691 – High Tech; OLG München NJW-RR 1994, 556 – Die da; OLG Hamburg WRP 1996, 322; OLG Hamburg WRP 2002, 337 – Bremer Branchen). Neben der förmlichen Titelschutzanzeige (vgl ein entsprechendes Muster bei Deutsch/Ellerbrock Anhang IV.1.) können auch andere Titelankündigungen genügen, etwa dann, wenn in einer bestimmten Branche einschlägige Fachzeitschriften als Veröffentlichungsmedium für Anzeigen nicht existieren (vgl Ingerl/Rohnke § 5 Rn 89). Die Ankündigung muss jedoch immer in branchenüblicher Art und Weise erfolgen, um die Nachforschungspflicht der Mitbewerber nicht über Gebühr zu strapazieren (BGH NJW 1989, 3014, 3016 – Titelschutzanzeige). Bloße Pressemitteilungen, etwa im redaktionellen Teil einer Tageszeitung, reichen jedenfalls nicht aus (BGH NJW 1989, 3014, 3016 – Titelschutzanzeige). Auch Werbemaßnahmen (BGH WRP 1998, 877, 880 – WINCAD; OLG Köln GRUR 1989, 690, 692 – High Tech) oder die Registrierung einer Internet-Domain (OLG München GRUR 2001, 522, 524 – Kuecheonline) können die Titelschutzanzeige nicht ersetzen.
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Die Rechtswirkungen der Titelschutzanzeige treten dann nicht ein, wenn das entsprechende Werk nicht innerhalb einer angemessenen Frist nach der Veröffentlichung der Anzeige fertiggestellt wird (BGH NJW 1989, 3014, 3015 – Titelschutzanzeige; zu dieser Frist im Einzelnen unten Rn 101) oder wenn in dem Zeitpunkt, in dem die Titelschutzanzeige veröffentlicht wird, noch nicht mit ernsthaften Vorbereitungshandlungen zur Herstellung des Werks begonnen worden ist (wohl hM, vgl Heim AfP 2004, 19, 20 f mwN). Der BGH ordnet das Schalten einer Titelschutzanzeige als Ausnahme von der Schutzentstehung durch Ingebrauchnahme ein (BGH NJW 1989, 3014, 3015 – Titelschutzanzeige). Die Vorverlegung des Werktitelschutzes erklärt sich im Falle der Titelschutzanzeige nicht damit, dass die Titelankündigung rechtlich bereits als Benutzung gewertet wird; sie beruht vielmehr auf einer aus Gründen des Verkehrsbedürfnisses angenommenen fingierten Ingebrauchnahme (BGH NJW 1989, 3014, 3015 – Titelschutzanzeige). Nach wohl überwiegender Auffassung soll das Tagesreport-Urt des BGH (GRUR 2001, 1054) so zu verstehen sein, dass sich diese Fiktion nur auf den Prioritätszeitpunkt des Werktitelrechts bezieht (Deutsch GRUR 2002, 308, 313; Heim AfP 2004, 19). Ein Ausschließlichkeitsrecht am Titelzeichen entsteht also nicht bereits durch die Titelschutzanzeige, sondern erst mit der konkreten Benutzungsaufnahme, dann aber bereits ab dem Zeitpunkt der Veröffentlichung der Titelschutzanzeige (OLG Hamburg WRP 2002, 337 – Bremer Branchen). Die Beschränkung der Fiktion auf die prioritätswahrende Wirkung entspricht dem generellen Wunsch der hM, die Grenzen der rechtsbegründenden Wirkung der Titelschutzanzeige aufgrund ihres Ausnahmecharakters eng zu ziehen (Fezer § 15 Rn 325; OLG Köln GRUR 1989, 690, 692 – High Tech). Zur Rechtfertigung der Fiktionswirkung der Titelschutzanzeige verweist der BGH auf die Interessen des den Titel ankündigenden Unternehmers, der zwecks Absicherung seiner Investitionen die Mitbewerber zum einen zur raschen Geltendmachung ihrer besseren Rechte durch Widerspruch veranlassen, diese zum anderen aber auch von der Wahl identischer oder ähnlicher Titel abhalten will (BGH NJW 1989, 3014, 3015 – Titelschutzanzeige; OLG Köln