Markenrecht. Jennifer Fraser
es nach stRspr zu einem Übergang des Kennzeichenschutzes (BGH GRUR 1959, 87, 88 f – Fischl; BPatG GRUR 2014, 780, 783 – Liquidrom; OLG Frankfurt GRUR-RR 2016, 448 Rn 17 – Apfelweinlokal).
77
Der Kennzeichenschutz kann auch im Falle einer sog aufnehmenden Fusion, bei der ein neues, rechtlich selbstständiges Unternehmen entsteht und das ehemals kennzeichentragende Unternehmen erlischt, (prioritätswahrend) erhalten bleiben (BGH NJW-RR 1990, 1318, 1319 – Datacolor). Überhaupt sind im Hinblick auf die gebotene wirtschaftliche Betrachtungsweise Rechtsformänderungen des Kennzeichenträgers unerheblich (BGH NJW 1956, 1557 – Hausbücherei; BGH NJW 1983, 2382 – Concordia-Uhren). Entwickelt sich eine Vor-GmbH zur GmbH weiter, bleibt der Prioritätszeitpunkt des Kennzeichenschutzes der Vor-GmbH der GmbH erhalten (BGH GRUR 1993, 404, 405 – Columbus; vgl zur Vor-GmbH auch Rn 26).
78
Die Verlegung einer Betriebsstätte führt nicht zum Verlust des Kennzeichenschutzes, auch wenn damit eine Betriebserweiterung verbunden ist (BGH GRUR 1957, 550, 552 – Tabu II). Der neue Betrieb muss jedoch nach der Verkehrsauffassung eine Fortsetzung des alten darstellen, was in einem Fall abgelehnt wurde, in dem eine ehemalige Bierwirtschaft an einem anderen Ort als Tanzcabaret neu eröffnet wurde (BGH GRUR 1957, 550, 552 – Tabu II).
79
Die prioritätswahrende Fortführung von Name, Firma und bes Geschäftsbezeichnung kommt auch im Falle der Vererbung des Unternehmenskennzeichens in Betracht (vgl Klippel S 556). Die Möglichkeit der Vererbung von Unternehmenskennzeichen ergibt sich, abgesehen von den ausdrücklichen gesetzlichen Regelungen der §§ 22 Abs 1, 24 Abs 2 HGB, aus deren immaterialgüterrechtlichem Charakter (Klippel S 556; zur Einordnung von Unternehmenskennzeichen als Immaterialgüterrechte vgl Rn 6). Der Verweis auf einen „postmortalen Persönlichkeitsschutz“ im Hinblick auf Unternehmenskennzeichen und auf Entscheidungen, die, wie etwa das Mephisto-Urt des BGH (NJW 1968, 1773), immaterielle Aspekte des allg Persönlichkeitsrechts zum Gegenstand haben, geht daher fehl (so aber Ingerl/Rohnke § 5 Rn 66; ähnlich auch GK Teplitzky § 16 Rn 117 ff).
1. Allgemeines
80
Während Abs 1 den Schutz der Werktitel als geschäftliche Bezeichnungen festlegt, enthält Abs 3 eine Definition der Werktitel und nennt als mögliche Kennzeichnungsobjekte neben Druckschriften noch Filmwerke, Tonwerke, Bühnenwerke oder sonstige vergleichbare Werke. Der wettbewerbsrechtliche Titelschutz weist sowohl zum Recht der Marke als auch zum Recht der Unternehmenskennzeichen Parallelen auf. Anders als Unternehmenskennzeichen bezeichnet der Werktitel ein (geistiges) Produkt, so dass der Werktitel im Hinblick auf seinen Schutzgegenstand mit der Marke vergleichbar ist (Ingerl/Rohnke § 5 Rn 73). Der Entstehungstatbestand des Titelschutzes rückt die Werktitel wiederum in die Nähe der Schutzobjekte des Abs 2 S 1. Anders als bei der in § 4 Nr 2 geregelten Benutzungsmarke kann der Schutz des Werktitels – originäre Kennzeichnungskraft vorausgesetzt – auch ohne Verkehrsgeltung durch bloße Ingebrauchnahme entstehen (Baumbach/Hefermehl § 16 Rn 118a). Soweit sich aus dem Folgenden nichts anderes ergibt, gilt das zur Schutzfähigkeit von Unternehmenskennzeichen Gesagte auch für den Werktitelschutz.
81
Im Unterschied zu Abs 3 war der Titelschutz nach dem Wortlaut des § 16 Abs 1 UWG aF noch auf den Schutz der bes Bezeichnung einer Druckschrift beschränkt. Die Rspr erweiterte den wettbewerbsrechtlichen Titelschutz in analoger Anwendung von § 16 Abs 1 UWG aF auch auf andere, Druckschriften vergleichbare Werke (Fezer GRUR 2001, 369, 370 f). Abs 3 trägt der Ausdehnung des Titelschutzes durch die Rspr Rechnung und führt einige der in Betracht kommenden Werkkategorien beispielhaft auf (BT-Drucks 12/6581, 67). Die Erweiterung des Gesetzeswortlautes um weitere Werkgruppen ist als Bestätigung der bisherigen Rechtsentwicklung zu verstehen, da der Verzicht auf diese Ergänzung als bewusste Abkehr des Gesetzgebers von der früheren Rechtslage hätte interpretiert werden können (BT-Drucks 12/6581, 67). Die Schutzvoraussetzungen des in § 16 Abs 1 UWG aF geregelten Titelschutzes haben ohne sachliche Änderung Eingang in die jetzt maßgebenden §§ 5, 15 gefunden (BGH NJW 1997, 3313, 3314 – PowerPoint).
82
Der Kennzeichenschutz des Werktitels beruht auf seiner das Werk individualisierenden Funktion (Fezer GRUR 2001, 369, 370; Baumbach/Hefermehl § 16 Rn 116). Während der Titel des Werkes als dessen Kennzeichnung Gegenstand des kennzeichenrechtlichen Titelschutzes ist, schützt das Urheberrecht das gekennzeichnete Werk und die darin verkörperte Leistung des Urhebers (BGH GRUR 1958, 354, 357 – Sherlock Holmes). Urheberrechtsschutz kann der Titel unabhängig vom bezeichneten Werk nur dann genießen, wenn er eine schöpferische Eigenart aufweist und damit selbst Werk ist (vgl § 2 Abs 1 Nr 1, Abs 2 UrhG; ausf Berlit MarkenR 2007, 285); das ist meist nicht der Fall (vgl Fezer § 15 Rn 383-387; Deutsch/Ellerbrock Rn 242, jeweils mwN aus der Rspr). Kennzeichenrechtlich ist der Titel niemals Werk, sondern ein auf ein Werk bezogenes Kennzeichen (von Godin § 16 Anm 45). Urheberrechtlicher und kennzeichenrechtlicher Schutz sind gleichrangig und bestehen nach hM unabhängig voneinander (Fezer WRP 1997, 887, 889; Deutsch WRP 2000, 1375; Delp WRP 2000, 1086; BGH NJW 1989, 391, 393 – Verschenktexte I; BGH GRUR 2012, 1265 Rn 13 – Stimmt‘s?; GRUR 2016, 1300 Rn 17 – Kinderstube; BGH BeckRS 2019, 3526 Rn 30 – Das Omen; OLG Nürnberg WRP 2000, 1168, 1171 – Winnetou; aA Hertin WRP 2000, 889). Der kennzeichenrechtliche Werktitelschutz kann daher auch dann weiterhin Bestand haben, wenn das mit dem Titel bezeichnete ursprünglich urheberrechtlich geschützte Werk gemeinfrei geworden ist (BGH GRUR 2003, 440 – Winnetous Rückkehr [zu dieser Entscheidung von Becker AfP 2004, 25]; LG Nürnberg-Fürth AfP 2016, 180, 182).
83
Ebenso wie ein Werktitel durch Verkehrsgeltung namensmäßige Wirkung erlangen und sich damit ohne Zutun des Kennzeicheninhabers zu einem Unternehmenskennzeichen entwickeln kann (vgl Rn 39), kommt bei entspr Verkehrsgeltung auch ein Schutz des Werktitels als Benutzungsmarke nach § 4 Nr 2 in Betracht (Ingerl/Rohnke § 5 Rn 110). Werktitel kommen als eintragbare Marken vor allem für solche Produkte in Betracht, die als Werk Gegenstand des Titelschutzes sein können (Fezer § 3 Rn 516 ff; zur Markenfähigkeit von Buchtiteln vgl BGH WRP 2000, 1140, 1141 – Bücher für eine bessere Welt). Werktitelschutz und Markenschutz bestehen kumulativ und gleichwertig nebeneinander (Fezer WRP 1997, 887, 889).
a) Allgemeines
84
Abs 3 enthält