Markenrecht. Jennifer Fraser
GRUR 2005, 581, 582 – The Colour of Elégance; OLG Karlsruhe GRUR-RR 2004, 73, 74 – Flixotide). Letzteres ist anzunehmen, wenn die Anmeldung offensichtlich zu dem Zweck erfolgt, ein anderes Unternehmen unter Druck zu setzen und von diesem eine finanzielle Abgeltung zu erzwingen (OLG Hamburg GRUR 1995, 816 f – XTensions; OLG München WRP 1997, 116 – Deutsche Telekom/GERMANCOM). Nicht notwendig ist, dass der Vorbenutzer bereits einen schutzwürdigen Besitzstand erworben hatte (BGH GRUR 1980, 110, 112 – Torch; GRUR 1998, 412, 414 – Analgin; GRUR 2004, 510, 511 f – S 100; GRUR 2008, 621, 623 – AKADEMIKS; BPatG PAVIS PROMA 30 W (pat) 46/11 – Sa Trincha; vgl auch BGH GRUR 2008, 160 – CORDARONE; OLG Hamburg GRUR 1995, 816 f – XTensions), wenngleich ein solcher, sofern er entstanden ist, bei der Missbrauchsabwägung verstärkend zu berücksichtigen ist. Unschädlich und einer bösgläubigen Anmeldung nicht entgegenstehend ist ein eigener Benutzungswille (BGH GRUR 2008, 621 – AKADEMIKS; BPatG PAVIS PROMA 27 W (pat) 87/09 – KRISTALLPALAST VARIETÉ; Ullmann GRUR 2009, 364, 366; Grabrucker 2008, 532, 534). Das bloße Auseinanderfallen von Anmelder und Namensträger bzw abgebildeter Person lässt sich nicht als bösgläubige Markenanmeldung verstehen; insoweit müsste als weitere Voraussetzung hinzukommen, dass die Anmeldung eine Spekulationsmarke ermöglichen soll, wofür allerdings die ersichtliche Absicht des Markenanmelders erforderlich wäre, die Marke zu markenrechtsfremden Zwecken einzusetzen (Sahr GRUR 2008, 461, 469; BPatG PAVIS PROMA 27 W (pat) 323/12 – Gürzenich-Orchester Köln). Alle Umstände sprechen für eine Spekulationsmarke bei „YOU & ME“, wie sich aus einer Vielzahl von Marken für Produkte aus den verschiedensten Bereichen und dem Abmahnverhalten folgern lässt (BPatG BeckRS2017, 137230; Kortge/Mittenberger-Huber GRUR 2018, 466 f).
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Die Bestimmung erfasst nur einen Teilbereich der Wettbewerbswidrigkeit wegen Wettbewerbskampfes mit zweckfremden Mitteln. Es muss nämlich bereits die Anmeldung als erster Teilakt eines zweckwidrigen Einsatzes der Marke sittenwidrig sein. Praktisch wichtiges Beispiel ist die Registrierung von einem bestimmten Marktteilnehmer vorbenutzter, aber ungeschützter (konkurrierender) Kennzeichen, durch die eine systematische, flächendeckende Marktzutrittsbarriere entsteht (BGH GRUR 1980, 110, 111 – Torch; OLG Karlsruhe GRUR 1997, 373, 374 – NaturalRed; BGH GRUR 2004, 510, 511 – S 100; BPatG PAVIS PROMA 25 W (pat) 151/09 – Maxitrol). Keine bösgläubige Anmeldung liegt entgegen der vorherigen Auffassung des BPatG (GRUR 2014, 780 – LIQUIDORM) vor, wenn der von der vermeintlich bösgläubigen Markenanmelderin gepachtete Badebetrieb nur regionalen Bezug hat und nur ein Platzhaltergeschäft ist (BGH GRUR 2016, 378 – LIQUIDORM), was letztlich zur Zurückweisung des Löschungsantrags durch das BPatG führte (BeckRS 2016, 18392).
c) Ausländische Marken
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Die Benutzung einer Marke im Ausland berührt grds nicht die Freiheit, dieselbe Marke im Inland registrieren zu lassen, und zwar sogar dann nicht, wenn im Ausland ein Besitzstand erreicht wurde (Ullmann GRUR 2009, 364, 366; BGH GRUR 2008,160 – CORDARONE; GRUR 2008, 621 – AKADEMIKS). Die Bösgläubigkeit ist erst gegeben, wenn die Bezeichnung in Missbrauchsabsicht im Inland gezielt verhindert werden soll (BGH GRUR GRUR 2009, 780 – Ivadal). Dies kann insbesondere der Fall sein, wenn ein Anmelder zum Beispiel auf dem Pharmaziesektor gezielt ausländische Marken ohne Benutzungsabsicht anmeldet (BPatG PAVIS PROMA 25 W (pat) 151/09 – Maxitrol). Auf erkennbare Absichten des Vorbenutzers, die Marke auch in die BRD einzuführen, sollte es bei dieser Fallgruppe nicht ankommen, so dass auch die rein vorsorgliche Marktabschottung unlauter ist. Bestehen erkennbare Bestrebungen des ausl Berechtigten, das Zeichen künftig im Inland zu verwenden, ist die Markenanmeldung erst recht bösgläubig.
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Die Marke setzt als zweckfremdes Mittel des Wettbewerbskampfes auch ein, wer einer im Ausland benutzten Bezeichnung den Zutritt zum deutschen Markt planmäßig durch zahlreiche inländische, zumindest verwechselbare Markenanmeldungen versperrt (zur Verwechselbarkeit BPatG GRUR 2010, 436 – Käse in Blütenform III), obwohl aufgrund objektiver Umstände das Interesse des Vorbenutzers an einer künftigen Registrierung seiner Bezeichnung im Inland erkennbar war, namentlich weil mit einer künftige Ausdehnung seiner Aktivitäten auf dem Gebiet der BRD gerechnet werden musste (BGH GRUR 1980, 110, 111 – Torch; OLG München NJW-WettbR 1997, 40, 41 – TubRobinson).
d) Markenanmeldung ohne ernsthaften Benutzungswillen
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Der BGH (BGH GRUR 2001, 242, 244, 246 – Classe E) hat entschieden, dass der ernsthafte Wille, die angemeldete Marke auch tatsächlich zu benutzten, eine allg Schutzvoraussetzung für das Entstehen des Markenrechts sei. Allerdings sei der erforderliche Benutzungswillen insofern neu zu definieren, als der Markenanmelder unter Geltung des MarkenG nicht mehr über einen eigenen Geschäftsbetrieb verfügen müsse und von ihm folgerichtig nicht verlangt werden könne, die Marke iSe sog individuellen Benutzungswillens als Unterscheidungszeichen selbst zu benutzen. Stattdessen genüge das Vorliegen eines generellen Benutzungswillens des Rechtsinhabers, die Marke als Unternehmenskennzeichen im geschäftlichen Verkehr selbst zu benutzen oder sie der Benutzung durch einen Dritten – im Wege der Lizenzerteilung oder nach einer Übertragung – zuzuführen (BGH GRUR 2001, 242, 244 – Classe E). Um im Streitfall Schwierigkeiten bei der Feststellung des Benutzungswillens als subjektive Voraussetzung zu begegnen, wurde bislang an das Vorhandensein eines Geschäftsbetriebs die Vermutung geknüpft, der Anmelder wolle die Marke zur Kennzeichnung von Waren oder Dienstleistungen aus diesem Geschäftsbetrieb verwenden (BGH GRUR 1988, 820, 821 – OIL OF . . .). Hieran hält der BGH mit der Maßgabe fest, dass nunmehr als gesetzlicher Regelfall widerleglich vermutet werde, der Anmelder habe einen generellen Benutzungswillen (BGH GRUR 2001, 242, 245 – Classe E). Auch wenn ein Benutzungswille gegeben sein sollte, schließt dies nicht zwingend eine Bösgläubigkeit aus, wenn die sonstigen Umstände für eine Unlauterkeit sprechen (vgl BPatG PAVIS PROMA 26 W (pat) 188/09 –TVS shuttle).
aa) Vorratsmarken
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Einen generellen Benutzungswillen haben Werbeagenturen und Markendesigner, die im Rahmen einer bestehenden oder potenziellen Beratungsleistung Marken schöpfen, um diese ihren Kunden für deren spezielle Vermarktungsbedürfnisse zur Verfügung zu stellen (BGH GRUR 2001, 242, 244 f – Classe E; OLG Düsseldorf GRUR-RR 2009, 211, wo Marken „gehortet“ werden). Zu diesem Zwecke kann auch eine Vielzahl von Marken gleichsam auf Vorrat geschützt werden, wenn die Aktivitäten des Anmelders den Schluss auf einen ernsthaften Geschäftsbetrieb als Markendesigner erlauben (vgl auch BPatG GRUR 2012, 840, 841 – soulhelp). Aber auch der Privatmann, der sich eine schöpferische Idee als Zeichen sichern lässt, um dieses ggf später bei entspr Nachfrage zu vermarkten, handelt nicht unlauter. Das Fehlen eines konkreten Vermarktungskonzepts macht die Anmeldung noch nicht bösgläubig (OLG Dresden NJW 2001, 615, 618 – Johann Sebastian Bach).
bb) Spekulationsmarken
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Unlauter ist die Anmeldung von Marken zu Spekulationszwecken dann, wenn ein Markeninhaber eine Vielzahl von Marken für unterschiedliche Waren oder Dienstleistungen anmeldet (hinsichtlich Waren und Dienstleistungen in großer Zahl vgl aber BPatG GRUR 2012, 840 – soulhelp), er hinsichtlich der in Rede stehenden Marken keinen ernsthaften Benutzungswillen hat – er insb bei einer potenziellen Benutzung durch Dritte über kein konkretes Beratungskonzept verfügt – und die Marken im Wesentlichen zu dem Zweck gehortet werden, Dritte, die identische oder ähnliche Bezeichnungen verwenden, mit Unterlassungs- und Schadensersatzansprüchen zu überziehen (BGH GRUR 2001, 242, 244 – Classe E; OLG Frankfurt GRUR 1998, 704, 705 f – Classe E; vgl auch OLG Düsseldorf GRUR-RR 2011, 211; Kiethe/Groeschke WRP 1997, 269, 273). Es geht hier in erster Linie um Fälle, bei denen der Anmelder die