Klimaschutzrecht für Wirtschaft und Kommunen. Christoph Palme

Klimaschutzrecht für Wirtschaft und Kommunen - Christoph Palme


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die Einrichtung unabhängiger Kontrollsysteme für Ausweise über die Gesamtenergieeffizienz und Inspektionsberichte.

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      Bei den Anforderungen dieser Richtlinie handelt es sich um Mindestanforderungen; sie hindern die einzelnen Mitgliedstaaten nicht daran, verstärkte Maßnahmen beizubehalten oder zu ergreifen. Die betreffenden Maßnahmen müssen jedoch nach Art. 1 Abs. 3 RL 2010/31/EU mit dem AEUV vereinbar sein und der Kommission notifiziert werden. Die nationale deutsche Gebäudeenergieeffizienzgesetzgebung darf also über die Vorgaben dieser Richtlinie hinausgehen und diese verschärfen.[214]

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      Die Mitgliedstaaten haben nach Art. 4 Abs. 1 UAbs. 2 RL 2010/31/EU Mindestanforderungen an die Gesamtenergieeffizienz solcher Gebäudekomponenten festzulegen, die Teil der Gebäudehülle sind und sich erheblich auf die Gesamtenergieeffizienz der Gebäudehülle auswirken, wenn sie ersetzt oder nachträglich eingebaut werden. Hier darf nach Art. 4 Abs. 1 UAbs. 3 RL 2010/31/EU zwischen neuen und bestehenden Gebäuden und unterschiedlichen Gebäudekategorien unterschieden werden. Dabei setzt die Kommission gem. Art. 5 Abs. 1 UAbs. 1 RL 2010/31/EU einen Rahmen für eine Vergleichsmethode zur Berechnung kostenoptimaler Niveaus von Mindestanforderungen an die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden und Gebäudekomponenten fest. Dieser wird nach Art. 5 Abs. 1 UAbs. 2 RL 2010/31/EU gemäß Anhang III festgelegt, wobei zwischen neuen und bestehenden Gebäuden und unterschiedlichen Gebäudekategorien unterschieden wird. Eine Aufschlüsselung der Gesamtenergieeffizienz-Vorgaben wird dann im Endeffekt nach Art. 6 RL 2010/31/EU für neue Gebäude, nach Art. 7 RL 2010/31/EU für bestehende Gebäude, nach Art. 8 RL 2010/31/EU für gebäudetechnische Systeme und nach Art. 9 RL 2010/31/EU für Niedrigstenergiegebäude gemacht.

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      Eine wichtige Grenze zieht die Richtlinie in der Frage der Wirtschaftlichkeit. Deutschland ist nach Art. 4 Abs. 1 UAbs. 3 RL 2010/31/EU nicht verpflichtet, Mindestanforderungen an die Gesamtenergieeffizienz festzulegen, die über die geschätzte wirtschaftliche Lebensdauer nicht kosteneffizient sind. Dies bedeutet aber andersherum auch, dass es Deutschland durchaus möglich wäre, solche Maßnahmen zu verlangen, freilich nur solange sie mit den Gewährleistungen des Eigentumsrechts vereinbar sind.[215] Im Übrigen ergibt sich die Möglichkeit eines solchen ambitionierteren Klimaschutzes auch schon aus der oben erwähnten Schutzverstärkerklausel des Art. 1 Abs. 3 RL 2010/31/EU.

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      Diese Mindestanforderungen an die Gesamtenergieeffizienz muss Deutschland indes nicht auf alle Gebäude anwenden. Vielmehr kann der deutsche Gesetzgeber beschließen, folgende Gebäudekategorien auszunehmen:

- unter Denkmalschutz stehende Gebäude, Art. 4 Abs. 2 Buchst. a RL 2010/31/EU
- für religiöse Zwecke genutzte Gebäude, Art. 4 Abs. 2 Buchst. b RL 2010/31/EU
- provisorische Gebäude mit einer Nutzungsdauer bis einschließlich zwei Jahren, Industrieanlagen, Werkstätten und landwirtschaftliche Nutzgebäude mit niedrigem Energiebedarf sowie bestimmte landwirtschaftliche Nutzgebäude. Allerdings müssen diese Gebäude dann als Ausgleich unter ein nationales sektorspezifisches Abkommen über die Gesamtenergieeffizienz fallen, Art. 4 Abs. 2 Buchst. c RL 2010/31/EU
- nur kurz genutzte Gebäude, deren Energieverbrauch unter 25 % des Verbrauchs bei ganzjähriger Nutzung ausmacht, Art. 4 Abs. 2 Buchst. d RL 2010/31/EU
- freistehende Gebäude mit einer Gesamtnutzfläche von weniger als 50 m2, Art. 4 Abs. 2 Buchst. e RL 2010/31/EU.

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      Angesichts der Bedeutung angemessener Finanzierungsinstrumente und sonstiger Instrumente zur Beschleunigung einer besseren Gesamtenergieeffizienz ergreifen die Mitgliedstaaten nach Art. 10 Abs. 1 RL 2010/31/EU angemessene Schritte in diese Richtung und stellen nach Art. 10 Abs. 2 RL 2010/31/EU die bestehenden geplanten Maßnahmen der Kommission vor. Die Kommission prüft gem. Art. 10 Abs. 3 RL 2010/31/EU die Wirksamkeit dieser Instrumente und kann hierzu – allerdings rechtlich unverbindliche – Empfehlungen erteilen. Außerdem prüft die Kommission nach Art. 10 Abs. 5 RL 2010/31/EU auch den Einsatz von EU-Mitteln hierfür wie Mittel der EIB und anderer öffentlicher Finanzinstitutionen, und der Strukturfonds sowie die Koordinierung von Unionsmitteln und nationaler Finanzierung.

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      Die Mitgliedstaaten sind nach Art. 17 RL 2010/31/EU verpflichtet, ein System für die Erstellung von Ausweisen über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden durch unabhängiges Fachpersonal einzurichten. Dieser Ausweis muss gem. Art. 11 Abs. 1 RL 2010/31/EU die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden und Referenzwerte wie Mindestanforderungen an die Gesamtenergieeffizienz enthalten, um den Eigentümern oder Mietern von Gebäuden oder Gebäudeteilen einen Vergleich und eine Beurteilung ihrer Gesamtenergieeffizienz zu ermöglichen. Der Ausweis muss nach Art. 11 Abs. 2 UAbs. 1 RL 2010/31/EU Empfehlungen für die kostenoptimale Verbesserung der Gesamtenergieeffizienz des Gebäudes oder Gebäudeteils enthalten, es sei denn, es gibt kein vernünftiges Potenzial hierfür.

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      Diese Empfehlungen gelten nach Art. 11 Abs. 2 UAbs. 2 RL 2010/31/EU für die Gebäudehülle oder gebäudetechnische Systeme im Rahmen größerer Renovierungen und für Maßnahmen an einzelnen Gebäudekomponenten, die unabhängig von einer größeren Renovierung der Gebäudehülle oder gebäudetechnischer Systeme durchgeführt werden.

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      Die Empfehlungen müssen nach Art. 11 Abs. 3 RL 2010/31/EU technisch realisierbar sein und können eine Schätzung der Amortisationszeiträume enthalten. Der Ausweis muss nach Art. 11 Abs. 4 RL 2010/31/EU außerdem einen Hinweis darauf enthalten, wo der Eigentümer oder der Mieter genauere Angaben, auch zu der Kosteneffizienz der in dem Ausweis über die Gesamtenergieeffizienz enthaltenen Empfehlungen, erhalten kann. Dieser Gesamtenergieeffizienzausweis muss gem. Art. 12 Abs. 1 RL 2010/31/EU für alle Gebäude oder Gebäudeteile, die gebaut, verkauft oder an einen neuen Mieter vermietet werden, sowie für Gebäude, in denen mehr als 250 m2 Gesamtnutzfläche von Behörden genutzt werden und die starken Publikumsverkehr aufweisen, ausgestellt werden. Außerdem ist der Ausweis nach Art. 12 Abs. 2 RL 2010/31/EU bei Bau, Verkauf oder Vermietung dem Mieter oder Käufer der Ausweis auszuhändigen.

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      Die Mitgliedstaaten sind nach Art. 14 RL 2010/31/EU ferner verpflichtet, die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um die regelmäßige Inspektion der zugänglichen Teile der zur Gebäudeheizung verwendeten Anlagen – beispielsweise Wärmeerzeuger, Steuerungssystem und Umwälzpumpe – mit Heizkesseln mit einer Nennleistung von mehr als 20 kW für Raumheizungszwecke nach Art. 17 RL 2010/30/EU durch unabhängiges Personal zu gewährleisten. Diese Inspektion


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