Polizeigesetz für Baden-Württemberg. Reiner Belz
nicht besorgen können, ist der Betreuer im Rahmen seines Aufgabenbereichs, §§ 1896 ff. BGB.
b) Verantwortlichkeit des Geschäftsherrn (Abs. 3)
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Nach Abs. 3 ist für Gefahren, die vom Verhalten eines Verrichtungsgehilfen ausgehen, neben diesem auch der Geschäftsherr verantwortlich. Als Verrichtungsgehilfe kann derjenige angesehen werden, der den Weisungen des Geschäftsherrn unterworfen ist, wie dies z. B. bei einem Arbeitsverhältnis der Fall ist. Außerdem muss der Verrichtungsgehilfe die Gefahr im Zusammenhang mit der Ausführung der Verrichtung verursachen, was selbst dann anzunehmen ist, wenn er fehlerhaft und in Abweichung vom erteilten Auftrag handelt. Nur ein Handeln bei Gelegenheit der Verrichtung, das keinen inneren Zusammenhang mit dem Auftrag aufweist, kann dem Geschäftsherrn nicht zugerechnet werden.
Beispiel: Nach Arbeitsende „leiht“ sich Malerlehrling X Gerätschaften und Farbe seines Meisters aus, um Betonbrücken mit Graffiti zu „verschönern“. Hier besteht kein innerer Zusammenhang mit einer aufgetragenen Tätigkeit; der Meister ist nicht nach Abs. 3 verantwortlich.
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Ist in Ausführung der Verrichtung gehandelt worden, besteht für den Geschäftsherrn keine Möglichkeit, sich entsprechend § 831 Abs. 1 Satz 1 BGB zu entlasten, da subjektive Momente, wie z. B. Verschulden – anders als im Zivilrecht – für die polizeiliche Verantwortlichkeit ohne Belang sind (s. o. RN 4).
18a
Strittig ist die Frage, ob die Verantwortlichkeit des Störers auf seinen Rechtsnachfolger übergehen kann. Unabdingbare Voraussetzung für eine Rechtsnachfolge in die abstrakte oder in die durch Verfügung konkretisierte Polizeipflicht ist – sowohl bei der Einzel- wie bei der Gesamtrechtsnachfolge – dass der Rechtsvorgänger überhaupt (abstrakt oder konkret) polizeipflichtig war (VGH BW, NVwZ-RR 2002, 16).
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Eine Gesamtrechtsnachfolge (z. B. durch Erbfolge, § 1922 BGB; Firmenübernahme, § 25 HGB; Verschmelzung, § 20 Abs. 1 Nr. 1 UmwG – vgl. VGH BW, NVwZ-RR 2002, 16, 17; Vermögensübernahme, § 419 BGB) in die Verhaltensverantwortlichkeit ist ausgeschlossen, wenn die in Frage stehende Pflicht höchstpersönlich, d. h. an die Person des Rechtsvorgängers gebunden ist.
Beispiel: Die Pflicht des Erblassers (Fahrzeughalter) zur Führung eines Fahrtenbuches (§ 31 a StVZO) geht nicht auf die Erben über.
Bei nichthöchstpersönlichen Pflichten ist hingegen eine Gesamtrechtsnachfolge in die Polizeipflicht zulässig (str.).
Beispiel: Eine Reinigungsfirma hat jahrelang Lösungsmittel auf dem Firmengrundstück versickern lassen. Der Erwerber der Firma ist für die hierdurch entstandene Grundwasserverunreinigung auch als Verhaltensstörer verantwortlich (vgl. § 4 Abs. 3 Satz 1 BBodSchG).
Zur Nachfolge in die Polizeipflicht der früheren Deutschen Bundesbahn, BVerwG, DÖV 2001, 1001 ff.
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Eine Einzelrechtsnachfolge in die Verhaltensverantwortlichkeit ist bei höchstpersönlichen Pflichten mangels Nachfolgefähigkeit ausgeschlossen (VGH BW, NVwZ-RR 1996, 387, 389). Aus Gründen einer effektiven Gefahrenabwehr gilt das auch für nichthöchstpersönliche Pflichten, wohl aber kann die Erfüllung der Pflicht auf einen Dritten übertragen werden.
Beispiel: Wird eine öffentliche Straße durch die Abfuhr von Erdreich übermäßig verschmutzt, so kann die verantwortliche Baufirma ein Reinigungsunternehmen mit der Säuberung beauftragen. Dennoch bleibt die Baufirma polizeipflichtig.
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Sind mehrere Verhaltensstörer für ein- und dieselbe Gefahr verantwortlich und stehen ihrer Inanspruchnahme keine sonstigen rechtlichen Hindernisse entgegen, so liegt die Entscheidung, wen die Polizei tatsächlich heranzieht – alle oder nur einzelne – in ihrem pflichtgemäßen Ermessen. Die entscheidende Frage ist hierbei, welche Ermessenserwägungen die Polizei im Hinblick auf § 40 LVwfG anstellen darf (allgemein: s. o. § 3, RN 28 ff.). Zulässig ist es jedenfalls, wenn sie sich von dem Zweck einer möglichst effektiven Gefahrenabwehr leiten lässt und deshalb aus Ex-ante-Sicht den Störer in Anspruch nimmt, der die Gefahr voraussichtlich am schnellsten und wirkungsvollsten beseitigen kann (VGH BW, VBlBW 1984, 380; 1995, 281; 1996, 351, 354; 2000, 154, 155; VGH BW, Urt. v. 24.1.2012 – 10 S 1467/11). Lässt sich das bei allen Störern bejahen, so kann eine Rolle spielen, wer die letzte Ursache für die Gefahr gesetzt oder wer sie verschuldet hat (VGH BW, DVBl. 1950, 475, 477). Zulässige Gesichtspunkte sind auch das Maß der Verursachung, die finanzielle Leistungsfähigkeit und evtl. zwischen den Störern bestehende bürgerlich-rechtliche Beziehungen (VGH BW, VBlBW 1993, 298, 301; 1996, 351, 354; 2002, 431, 434; 2008, 137, 138; BayVGH, NVwZ 2001, 458). Zu den zulässigen Ermessenserwägungen bei Vorhandensein eines Zustandsverantwortlichen neben einem Verhaltensverantwortlichen, s. u. § 7, RN 15.
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Noch nicht endgültig geklärt ist die Frage, ob bei einer Störermehrheit der in Anspruch genommene Störer von dem oder den anderen Störern einen anteiligen Ersatz seiner Aufwendungen in analoger Anwendung des § 426 BGB verlangen kann. Die Rechtsprechung hat eine derartige Ausgleichspflicht bisher verneint (BGH, NJW 1981, 2457; BGHZ 110, 313, 318; kritisch VGH BW, VBlBW 2008, 137, 138). Im Anwendungsbereich des BBodSchG findet sich jedoch hierfür eine gesetzliche Regelung (§ 24 Abs. 2).
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