Polizeigesetz für Baden-Württemberg. Reiner Belz
möglich. Insofern sagt man, ist die Presse „polizeifest“. Ansonsten, z. B. bei der Herstellung und beim Vertrieb, ist die Presse den Gesetzen entworfen, die für jedermann gelten (§ 1 Abs. 5 LPresseG), sodass insofern auch Maßnahmen aufgrund des Polizeigesetzes möglich sind (vgl. auch VwV IM über die Verhaltensgrundsätze zwischen Presse und Polizei vom 8.2.2002 – GABl. S. 220).
Beispiel: Polizeibeamte stellen die Identität eines Pressefotografen fest (§ 27 Abs. 1 Nr. 1), wenn die hinreichende Wahrscheinlichkeit besteht, dass dieser Lichtbilder von Polizeibeamten bei einem Polizeieinsatz in unzulässiger Weise (vgl. §§ 22, 23, 33 KunstUrhG) veröffentlichen werde (VGH BW, VBlBW 1995, 282; 1998, 109).
d) Vereinigungsfreiheit, Koalitionsfreiheit (Art. 9 GG)
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Das Recht, Vereine und Gesellschaften zu bilden (Art. 9 Abs. 1 GG), kann zur Wahrung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung nur nach Maßgabe des Vereinsgesetzes eingeschränkt werden (§ 1 Abs. 2 VereinsG). Vereinigungen können nur dann verboten werden, wenn die insoweit abschließenden Voraussetzungen des Art. 9 Abs. 2 GG vorliegen (vgl. §§ 3 ff. VereinsG). Welche Behörden zur Ausführung des Vereinsgesetzes zuständig sind, regelt die gemeinsame Verordnung der Landesregierung und des Innenministeriums über die Zuständigkeiten nach dem Vereinsgesetz.
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Die Koalitionsfreiheit (Art. 9 Abs. 3 GG) umfasst auch das Streikrecht. Maßnahmen aufgrund des Polizeigesetzes gegen einen Streik sind daher nicht zulässig. Nach h. M. gelten die Schranken des Art. 9 Abs. 2 GG auch für die Koalitionsfreiheit. Arbeitskampfmaßnahmen, die z. B. den Strafgesetzen zuwiderlaufen (Betriebsblockaden, -besetzungen, gewaltsame Behinderung von Arbeitswilligen, „Streiks“ von Beamten) können deshalb eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit darstellen, gegen die mit den Mitteln des Polizeigesetzes eingeschritten werden darf (OVG Hamburg, NJW 1983, 605; VGH Kassel, NVwZ 1990, 386).
e) Berufsfreiheit (Art. 12 GG)
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„Beruf“ ist jede erlaubte, auf Dauer angelegte Tätigkeit, die der Schaffung und Erhaltung einer Lebensgrundlage dient. Die Berufsfreiheit, die sowohl die Freiheit der Berufswahl wie auch die Freiheit der Berufsausübung umfasst, unterliegt dem Vorbehalt des Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG, wobei die Zulässigkeit von Eingriffen einer Stufenfolge unterliegt („Dreistufentheorie“; BVerfGE 7, 377). Einschränkungen der Berufswahl sind nur aufgrund eines speziellen Gesetzes (vgl. z. B. § 1 GewO), nicht aber nach dem Polizeigesetz zulässig. Letzteres kann allerdings Grundlage für Eingriffe in die Berufsausübung sein, sofern spezielle Rechtsgrundlagen fehlen (BVerwG, NVwZ 2002, 598 – Laserdrom). Dass Art. 12 GG nicht in § 4 genannt ist, steht dem nicht entgegen, weil für dieses Grundrecht wegen seines Regelungsvorbehalts nicht das Zitiergebot des Art. 19 Abs. 1 Satz 2 GG gilt (s. o. RN 1).
(1) Kommen für die Wahrnehmung einer polizeilichen Aufgabe mehrere Maßnahmen in Betracht, so hat die Polizei die Maßnahme zu treffen, die den Einzelnen und die Allgemeinheit voraussichtlich am wenigsten beeinträchtigt.
(2) Durch eine polizeiliche Maßnahme darf kein Nachteil herbeigeführt werden, der erkennbar außer Verhältnis zu dem beabsichtigten Erfolg steht.
Literatur: Erbel, Die Unmöglichkeit von Verwaltungsakten, 1972; Grupp, Das Angebot des anderen Mittels, VerwArch Bd. 68 (1978) 125; Heintzen, Konkretisierungen des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit, DVBl. 2004, 721; Ossenbühl, Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (Übermaßverbot) in der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte, Jura 1997, 617 Michael, Grundfälle zur Verhältnismäßigkeit, JuS 2001, 654 u. 764; Voßkuhle, Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, JuS 2007, 429.
Inhaltsübersicht
1. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit
2. Die Komponenten des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit
a) Der Grundsatz der Geeignetheit
b) Der Grundsatz des geringsten Eingriffs (Abs. 1)
c) Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit i. e. S. (Abs. 2)
1. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit
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§ 5 enthält eine Teilregelung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit i. w. S., auch Übermaßverbot genannt. Dieser Grundsatz wird zumeist aus dem Rechtsstaatsprinzip abgeleitet, ergibt sich aber bereits aus dem Wesen der Grundrechte selbst. Er enthält drei Komponenten, wobei die Terminologie nicht einheitlich ist:
– Grundsatz der Geeignetheit,
– Grundsatz des geringsten Eingriffs (auch Grundsatz der Erforderlichkeit oder des mildesten Mittels genannt), Abs. 1,
– Grundsatz der Verhältnismäßigkeit i. e. S. (auch Grundsatz der Angemessenheit oder Proportionalität genannt), Abs. 2.
Diese Komponenten sind in dieser Reihenfolge zu prüfen, weil dadurch der polizeiliche Handlungsspielraum zunehmend eingeengt wird.
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Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit bindet jedes polizeiliche Handeln ohne Weiteres. Darüber hinaus weist das Polizeigesetz außer in § 4 an mehreren Stellen auf diesen Grundsatz hin, so z. B. in §§ 9 Abs. 1, 33 Abs. 1 Nr. 1 und 3, 31 Abs. 3, 36 Abs. 1 Nr. 1 und vor allem in den Bestimmungen über den Polizeizwang (§ 63 ff.). Zur Bindung des Ermessens durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit s. o. § 3, RN 32.
2. Die Komponenten des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit
a) Der Grundsatz der Geeignetheit
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Geeignet sind nur solche Maßnahmen, die zur Gefahrenabwehr als legitimem Ziel dieser Maßnahme auch tauglich sind. Es genügt, wenn sie einen Beitrag zur Erreichung dieses Ziels leisten, komplette Gefahrenabwehr ist also nicht Voraussetzung, ein „Schritt in die richtige Richtung“ reicht aus. Ungeeignet und damit rechtswidrig ist eine Maßnahme erst dann, wenn sie sich als objektiv oder evident untauglich erweist (VGH BW, VBlBW 2004, 20, 24).
Beispiel: Auch wenn es in Folge einer Videoüberwachung zu einer Verlagerung der