Grundriss Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht. Andrea Wechsler

Grundriss Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht - Andrea Wechsler


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der Filmmusik usw. Dies bedeutet, dass dem Produzenten im Zweifel das ausschließliche Recht eingeräumt wird, das Werk zur Herstellung eines Filmes zu benutzen und dann das Filmwerk auf alle Nutzungsarten zu nutzen (§ 88 I UrhG), etwa an Kinos zu verleihen.

      Die mechanische Industrie erwirbt von den Urhebern die Vervielfältigungsrechte (§ 16 UrhG), überträgt die Werke insbesondere auf CDs, DVDs und Kassetten und vertreibt diese.

      Viele Industriezweige stellen Gegenstände des täglichen Gebrauchs in künstlerischer Gestaltung her, etwa das „Kunstgewerbe“, die Schmuck-, Porzellan-, Keramik-, Lampen-, Textil- und Möbelindustrie. Wir wissen, dass es gerade hier oft sehr problematisch ist, ob überhaupt eine persönliche geistige Schöpfung vorliegt.

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      Eine gewisse Mittlerstellung nehmen auch die Verwertungsgesellschaften oder Wahrnehmungsgesellschaften ein. Da der Urheber sehr häufig die ihm nach §§ 15 ff. UrhG zustehenden Verwertungsrechte gar nicht in eigener Person wahrnehmen kann, ist die Bedeutung der Verwertungsgesellschaften sehr groß. Dies sind in der Regel juristische Personen, deren Zweck in der Wahrnehmung von urheberrechtlichen Befugnissen besteht, die ihnen von Urhebern übertragen worden sind. Dieses Rechtsgebiet wird geregelt durch das Gesetz über die Wahrnehmung von Urheberrechten und verwandten Schutzrechten. Nach diesem Wahrnehmungsgesetz (WahrnG) bedürfen die Verwertungsgesellschaften der Erlaubnis des Patentamtes, (§ 1 WahrnG). Von den derzeit existierenden 13 Verwertungsgesellschaften seien einige wichtige genannt:

- GEMA = Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte; Mitglieder sind Komponisten, Textdichter und Musikverlage.
- Verwertungsgesellschaft (VG) WORT für Wortautoren und deren Verleger.
- Verwertungsgesellschaft (VG) BILD-KUNST; Mitglieder sind Urheber von Werken, die nach § 2 I Ziff. 4–7 UrhG geschützt sind.
- Im Bereich des Filmes haben sich mehrere Verwertungsgesellschaften konstituiert, nämlich die VG der Film- und Fernsehproduzenten (VFF) in München, die VG für Nutzungsrechte an Filmwerken (VGF) in Wiesbaden, die Gesellschaft zur Wahrnehmung von Film- und Fernsehrechten (GWFF) in München sowie die Gesellschaft zur Übernahme und Wahrnehmung von Filmaufführungsrechten (GÜFA) in Düsseldorf.
- Für ausübende Künstler und Produzenten von Bild- und Tonträgern gibt es die Gesellschaft zur Verwertung von Leistungsschutzrechten (GVL) in Hamburg.

      Von großer Bedeutung ist die Zentralstelle für private Überspielungsrechte, die ZPÜ. Deren Gesellschafter sind Verwertungsgesellschaften. Aufgabe der ZPÜ ist es, Vergütungsansprüche gegenüber Herstellern, Händlern und Importeuren von Geräten und Speichermedien (Leermedien), die zur Vervielfältigung urheberrechtlich geschützter Werke benutzt werden, geltend zu machen (vgl. Rn. 134) und an ihre Gesellschafter zu verteilen. Die ZPÜ ist die älteste und aus wirtschaftlicher Sicht die bedeutsamste Form der Zusammenarbeit deutscher Verwertungsgesellschaften. Die Geschäftsführung der ZPÜ liegt bei der GEMA. Neben der ZPÜ gibt es weitere Inkassostellen.

      Um europaweit einheitliche Standards für Verwertungsgesellschaften zu schaffen, ist eine EU-Richtlinie vom Europäischen Parlament bereits verabschiedet und auf den Weg gebracht.

      Die nach § 14 WahrnG eingerichtete und in die Organisation des DPMA eingebundene Schiedsstelle vermittelt bei Streitfällen, an denen eine Verwertungsgesellschaft beteiligt ist. Meist geht es um Streitigkeiten mit Nutzern urheberrechtlich geschützter Werke und Leistungen, etwa solche zwischen der GEMA und Sendeunternehmen, Tonträgerherstellern, Konzertveranstaltern sowie Diskothekenbetreibern. Die Schiedsstelle befasst sich auch mit Auseinandersetzungen zwischen Sendeunternehmen und Kabelnetzbetreibern. In den meisten Verfahren geht es darum, ob die von den Verwertungsgesellschaften aufgestellten Tarife im einzelnen Fall anwendbar und angemessen sind. Die Schiedsstelle strebt eine gütliche Einigung an. Gelingt dies nicht, so unterbreitet sie einen Einigungsvorschlag (§ 14a WahrnG). Wird diesem nicht schriftlich widersprochen, hat er eine ähnliche Wirkung wie ein Urteil. Gerichtliche Geltendmachung ist erst möglich, wenn ein Verfahren vor der Schiedsstelle vorausgegangen ist (§ 16 I WahrnG).

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      Die Aufsicht über die urheberrechtlichen Verwertungsgesellschaften übt das Deutsche Patent- und Markenamt aus (§ 18 WahrnG).

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      Keine Verwertungsgesellschaft ist die Gesellschaft zur Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen (GVU), die im Auftrag der Filmbranche und der Entertainment-Software-Industrie arbeitet. Der GVU, mit Sitz in Berlin, in der Rechtsform eines e.V. betrieben, gehören über 80 Verbände und Unternehmen an. Da der – zum Teil heftig kritisierten – GVU in der Praxis beträchtliche Bedeutung zukommt, hierzu einige Anmerkungen: Aufgabe der GVU ist es, geistiges Eigentum zu schützen und die Verbreitung illegaler Kopien einzudämmen. Durch verdeckte Ermittlungen sollen Urheberrechtsverletzungen aufgedeckt werden, speziell im Internet. Erfolgreiche Ergebnisse dieser Ermittlungstätigkeit werden den Strafverfolgungsbehörden mitgeteilt. Daneben gilt die GVU – dies sei aber nur am Rande erwähnt – als Lobbyorganisation in Politik und Wirtschaft.

      Hieraus ergibt sich für die Bedeutung des Urheberrechtes folgende Übersicht:

      Abb. 5: Bedeutung des Urheberrechts

       [Bild vergrößern]

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      § 15 I UrhG normiert folgende drei Arten der Verwertung in körperlicher Form und ordnet sie ausschließlich dem Urheber zu:

      Das Vervielfältigungsrecht: Dies ist das Recht, Vervielfältigungsstücke des Werkes herzustellen, gleichviel in welchem Verfahren und in welcher Zahl (§ 16 I UrhG). Einige Beispiele hierfür sind die Herstellung von: Büchern, Noten, Fotografien, Fotokopien, einem Bauwerk nach den Bauplänen (BGHZ 24, 69 – Ledigenheim), von CDs, Tonbandaufnahmen, Fernsehaufzeichnungen (§ 16 II UrhG).

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      Das Verbreitungsrecht: Dies ist das Recht, das Original oder Vervielfältigungsstücke des Werkes der Öffentlichkeit anzubieten oder in Verkehr zu bringen (§ 17 I UrhG). Ist das Original oder ein Vervielfältigungsstück verkauft, so hat der Urheber eine Vergütung erhalten; seinen materiellen Interessen ist damit in der Regel Rechnung getragen, sie sind erschöpft. Daher bestimmt § 17 II UrhG, dass in den Fällen, in denen das Original oder Vervielfältigungsstücke mit Zustimmung des Urhebers durch Veräußerung in den Verkehr gebracht worden sind, die Weiterverbreitung dieser Stücke gestattet ist.

      Beispiel:

      Ein Student hat ein Lehrbuch gekauft. Nach Durcharbeiten und Ablegen der Prüfung verkauft er es an ein jüngeres Semester. Dies ist zulässig (§ 17 II UrhG).

      Dieser Erschöpfungsgrundsatz gilt jedoch – darauf sei besonders hingewiesen, um Missverständnissen vorzubeugen – nur für die Verwertung in körperlicher Form und nicht für die unkörperliche Wiedergabe, also nicht etwa für das Senderecht.

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      Ist ein gewerblicher Vermieter, etwa ein „Video-Verleih-Geschäft“, Erwerber einer Video-Kassette und überlässt er


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