Grundriss Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht. Andrea Wechsler

Grundriss Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht - Andrea Wechsler


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mieten können, so hätte ihn der eine oder andere Interessent gekauft. Daher bestimmt § 17 II UrhG, dass das Erschöpfungsprinzip im Falle der Vermietung nicht gilt. Das bedeutet, dass das Vermietrecht als ein Teilelement des Verbreitungsrechtes nach § 17 I UrhG ein ausschließliches Recht des Urhebers ist.

      Auch wenn der Urheber einem Tonträger- oder Filmhersteller ein Vermietrecht eingeräumt hat, so hat der Urheber dennoch einen unverzichtbaren Vergütungsanspruch gegen die gewerblichen Vermieter (§ 27 I UrhG).

      Betrachten wir diese beiden aus dem EU-Recht stammenden §§ 17 und 27 UrhG in der Gesamtschau, so erkennen wir: Der Urheber kann auf Grund seines Verbreitungsrechtes nach §§ 17 I, 15 UrhG die Vermietung seines Werkes einem gewerblichen Vermieter gestatten, wofür letzterer eine Vergütung nach § 27 I UrhG zu entrichten hat. Er kann einem gewerblichen Vermieter die Vermietung auch untersagen. Ob der Urheber sich für die eine oder andere Variante entscheidet, wird sich primär nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten richten. Er wird dem gewerblichen Vermieter die Vermietung dann untersagen, wenn er der Auffassung ist, dass ihm die Vermietung mehr schadet als sie ihm durch den Vergütungsanspruch nach § 27 I UrhG einbringt.

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      In Bezug auf das Verleihen von bereits verkauften Werken gilt die Ausnahme des § 17 II UrhG nicht. Hier gilt der Grundsatz der Erschöpfung. Es besteht kein ausschließliches Verleihrecht zu Gunsten des Urhebers. Nach § 27 II UrhG ist dem Urheber lediglich eine angemessene Vergütung zu bezahlen, wenn die Originale oder Vervielfältigungsstücke durch eine der Öffentlichkeit zugängliche Einrichtung, etwa eine Bücherei, verliehen werden. Dabei versteht man unter verleihen die zeitlich begrenzte, weder unmittelbar noch mittelbar Erwerbszwecken dienende Gebrauchsüberlassung (§ 27 II, 2 UrhG).

      Die Vergütungsansprüche gegen Vermieter und öffentliche Verleiher können nur durch Verwertungsgesellschaften geltend gemacht werden (§ 27 III UrhG).

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      Schließlich die dritte Art der Verwertung in körperlicher Form, das Ausstellungsrecht: Es ist das Recht, das Original oder Vervielfältigungsstücke eines unveröffentlichten Werkes der bildenden Künste oder eines unveröffentlichten Lichtbildwerkes öffentlich zur Schau zu stellen (§ 18 UrhG). Wir erkennen, dass sich dieses Recht auf Werke der bildenden Künste und Lichtbildwerke beschränkt und nur auf solche, die noch nicht veröffentlicht sind.

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      § 15 II UrhG normiert unterschiedliche Arten der Verwertung in unkörperlicher Form und ordnet diese ausschließlich dem Urheber zu.

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      In allen fünf Fällen geht es um die öffentliche Wiedergabe eines Werkes. Eine solche liegt vor, wenn die Wiedergabe für eine Mehrzahl von Mitgliedern der Öffentlichkeit bestimmt ist. Zur Öffentlichkeit gehört jeder, der nicht mit dem Verwerter des Werkes durch persönliche Beziehungen verbunden ist (§ 15 III UrhG).

      Nicht öffentlich ist die Wiedergabe – etwa anlässlich eines Festes – innerhalb der Familie, im Freundeskreis, in einem kleinen Betrieb; anders hingegen bei einem großen Betrieb, einem größeren Verein, weil dort keine persönliche Beziehung besteht.

      Zu den einzelnen Arten der Verwertung in unkörperlicher Form:

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      Das Vortragsrecht ist das Recht, ein Sprachwerk durch persönliche Darbietung öffentlich zu Gehör zu bringen (§ 19 I UrhG). Dabei kann das Wort „persönlich“ zu Missverständnissen führen. Es bezieht sich nicht etwa auf die Person des Urhebers selbst, sondern soll zum Ausdruck bringen, dass irgendeine natürliche Person – im Gegensatz zu einer Wiedergabe etwa durch Funk – das Sprachwerk öffentlich vorträgt. Das Vortragsrecht bezieht sich allein auf die rein akustische Wiedergabe des Sprachwerks. Unter § 19 I UrhG fallen etwa: die öffentliche Lesung eines Romans, der öffentliche Vortrag von Gedichten, die Vorlesung des Professors im großen Hörsaal, die Rede eines Politikers vor versammelter Menge.

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      Das Aufführungsrecht ist das Recht, ein Werk der Musik durch persönliche Darbietung öffentlich zu Gehör zu bringen oder ein Werk öffentlich bühnenmäßig darzustellen (§ 19 II UrhG). Das Gesetz unterscheidet hier also zwei Arten: die konzertmäßige und die bühnenmäßige Aufführung.

      Beispiel:

      Die konzertmäßige Aufführung: Eine Instrumental-Aufführung, aber auch eine Gesangsaufführung; bei letzterer sind die Liedtexte, da Sprachwerke, als Vortrag einzuordnen.

      Die bühnenmäßige Aufführung bezieht sich auf Werke der Musik, Sprachwerke und pantomimische Werke. Maßgebend ist hier das visuell erkennbare, bewegte Spiel zur Darstellung eines gewissen Handlungsablaufes, wie etwa bei Schauspielen, Opern, Operetten, Puppenspielen.

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      Vortrags- und Aufführungsrecht umfassen das Recht, Vorträge und Aufführungen außerhalb des Raumes der Darbietung durch Bildschirm, Lautsprecher oder ähnliche technische Einrichtung öffentlich wahrnehmbar zu machen (§ 19 III UrhG). Am Beispiel gezeigt bedeutet dies: Dem Urheber steht das Recht zu, darüber zu entscheiden, ob die Aufführung im Theater zeitgleich mittels entsprechender Technik auch auf der Leinwand in der Stadthalle gezeigt werden darf.

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      Das Vorführungsrecht ist das Recht, ein Werk der bildenden Künste, ein Lichtbildwerk, ein Filmwerk oder Darstellungen wissenschaftlicher oder technischer Art durch technische Einrichtungen öffentlich wahrnehmbar zu machen (§ 19 IV UrhG).

      Beispiel:

      Das Vorführen eines Filmes, die Projektion von Bildern.

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      Das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung ist das Recht, das Werk drahtgebunden oder drahtlos der Öffentlichkeit in einer Weise zugänglich zu machen, dass es Mitgliedern der Öffentlichkeit von Orten und zu Zeiten ihrer Wahl zugänglich ist (§ 19a UrhG). Es ist dies das Recht, das sich auf das Internet bezieht und damit auch auf die dort auftretenden Probleme, die das unkontrollierte Weiterverbreiten von Werken betreffen.

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      Das Senderecht: Dies ist das Recht, das Werk durch Funk, wie Ton- und Fernsehrundfunk, Satellitenrundfunk, Kabelfunk oder ähnliche technische Einrichtungen, der Öffentlichkeit zugänglich zu machen (§ 20 UrhG).

      Rundfunk- und Fernsehanstalten dürfen also nur mit Zustimmung des Urhebers dessen Werke ausstrahlen. Aber auch anstaltseigene Verteileranlagen, etwa von Krankenhäusern, Altenheimen, Haftanstalten, auch von Hotelbetrieben, die Musik- oder Sprachwerke in die einzelnen Zimmer übertragen, fallen unter § 20 UrhG.

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      Das Recht der Wiedergabe durch Bild- oder Tonträger: Dies ist das Recht, Vorträge oder Aufführungen des Werkes mittels Bild- oder Tonträger öffentlich wahrnehmbar zu machen (§ 21 UrhG).

      Beispiel:

      Ein kleiner Kurort kann sich keine Kurkapelle leisten. Stattdessen wird im Kursaal Musik vom Band mit bekannten Melodien zu Gehör gebracht; dies ist nur mit Zustimmung der Komponisten bzw. der GEMA zulässig.

      Wiederum sei einem Missverständnis vorgebeugt: Entscheidend ist hier – wie in allen Fällen des § 15 II UrhG – die öffentliche Wiedergabe,


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