Klausurenkurs im Familien- und Erbrecht. Susanne Benner

Klausurenkurs im Familien- und Erbrecht - Susanne Benner


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      Exkurs/Vertiefung:

      Die Düsseldorfer Tabelle hat keine Gesetzeskraft, sondern stellt eine Richtlinie dar, die monatliche Unterhaltsrichtsätze des Barunterhaltspflichtigen gegenüber seinem Kind bzw. seinen Kindern, gestaffelt nach der Höhe des (bereinigten) Nettoeinkommens und dem Kindesalter, ausweist, vgl. Rn. 106 und Rn. 183. Barunterhaltspflichtig ist bei minderjährigen Kindern derjenige Elternteil, bei dem sich das Kind nicht ständig aufhält, da der andere Elternteil seiner Unterhaltspflicht i.d.R. durch Pflege und Erziehung des Kindes nachkommt, vgl. § 1606 III 2. Im Falle des Wechselmodells (also wenn sich die Eltern eines Kindes die Betreuung paritätisch teilen) haben grundsätzlich beide Elternteile für den Barunterhalt des Kindes einzustehen[60]. Die Düsseldorfer Tabelle wird in einigen OLG-Bezirken durch unterhaltsrechtliche Leitlinien ergänzt und modifiziert.

      Von einem grundsätzlichen Bedarf der T ist auszugehen.

      2. Keine eigene Deckungsfähigkeit

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      Eine eigene Deckungsfähigkeit der T liegt hier nicht vor. T kann sich nicht selbst unterhalten, vgl. § 1602 I und müsste auch den Stamm ihres Vermögens – sofern sie eines hätte – nicht antasten, vgl. dazu § 1602 II.

      III. Leistungsfähigkeit

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      M müsste zudem leistungsfähig i.S.v. § 1603 I sein, wobei er als Vater eines minderjährigen unverheirateten Kindes gemäß § 1603 II 1 alle verfügbaren Mittel einsetzen muss, um seinem Kind Unterhalt zu gewähren[61].

      Da M durch seine Arbeit mehr erwirtschaftet, als er für sich selbst benötigt und ihn gegenüber seiner minderjährigen unverheirateten Tochter T eine gesteigerte Erwerbsobliegenheit trifft, ist von der Leistungsfähigkeit des M auszugehen.

      IV. Rangfolge

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      Des Weiteren sind bei der Prüfung von Unterhaltsansprüchen die Rangverhältnisse zu beachten.

      Die Rangverhältnisse bei mehreren Unterhaltspflichtigen richten sich nach den §§ 1606 ff. und bei mehreren Unterhaltsberechtigten nach § 1609.

      Die Eltern haften demgemäß als nächste Verwandte der aufsteigenden Linie i.S.d. § 1606 II für den Unterhalt ihrer Kinder. Sie haften für den Unterhalt minderjähriger Kinder nicht als Gesamtschuldner, sondern anteilig nach ihren Erwerbs- und Vermögensverhältnissen, vgl. § 1606 III 1.

      Da J durch Pflege und Erziehung der T ihren Teil zum Unterhalt beiträgt (sog. Naturalunterhalt), ist sie gemäß § 1606 III 2 von Barleistungen befreit.

      M muss seine Unterhaltsverpflichtung hingegen in Form von Barleistungen erbringen.

      Unabhängig davon, ob hier mehrere Unterhaltsberechtigte vorhanden sind, würde T als minderjähriges unverheiratetes Kind vorrangig Unterhalt erhalten müssen, vgl. § 1609 Nr. 1.

      V. Kein Ausschluss

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      Ein Ausschlussgrund für den Unterhaltsanspruch der T i.S.d. §§ 1611, 1613, 1615 ist nicht ersichtlich.

      Exkurs/Vertiefung:

      Für die Vergangenheit kann lediglich unter den Voraussetzungen des § 1613 Unterhalt verlangt werden, vgl. dazu auch Rn. 55.

      VI. Art der Unterhaltsgewährung

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      Folglich ist von M gegenüber seiner Tochter T – jeweils monatlich im Voraus – eine Geldrente zu leisten, vgl. § 1612 I, III.

      VII. Ergebnis

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      T hat somit gegen M einen Anspruch auf Unterhalt, den er ihr im Wege der monatlich im Voraus zu leistenden Geldrente zu gewähren hat. Die geschäftsunfähige T wird bei der Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen gegen ihren Vater durch ihre Mutter J gemäß § 1629 II vertreten, solange sich T in ihrer Obhut befindet[62].

      Exkurs/Vertiefung:

      Für Kinder von Alleinerziehenden besteht nach dem Unterhaltsvorschussgesetz (UhVorschG) ggf. auch ein Anspruch auf Zahlung eines Unterhaltsvorschusses durch den Staat zur Sicherung der Lebensgrundlage in finanzieller Hinsicht, wobei er – in Höhe des Mindestunterhalts nach § 1612a I 3 – gewährt wird, wenn der andere Elternteil teilweise oder gar keinen Unterhalt zahlt (auch, wenn er verstorben oder nicht bekannt ist). Über § 7 UhVorschG findet dann allerdings eine cessio legis (gesetzlicher Forderungsübergang) auf den Staat statt: sobald der andere Elternteil bekannt und (wieder) leistungsfähig ist, wird er in Regress genommen und muss den Vorschuss für den Zeitraum zurückzahlen, in dem er Kenntnis über den Antrag auf Unterhaltsvorschuss hatte bzw. die Voraussetzungen des § 1613 vorgelegen haben.

      E. Sorge- und Umgangsrecht

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      Fraglich ist, ob dem M in Bezug auf seine Tochter T das Sorge- bzw. ein Umgangsrecht zusteht.

      I. Elterliche Sorge

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      Da J und M i.S.d. §§ 1591, 1592 Nr. 1 die Eltern der T sind, steht ihnen die elterliche Sorge für ihre Tochter T i.S.v. § 1626 I 1 gemeinsam zu, was auch nach einer Scheidung so bliebe. Eine Änderung ließe sich lediglich über § 1671 herbeiführen, wenn ein entsprechender Antrag an das Familiengericht gestellt würde.

      Exkurs/Vertiefung:

      Vor dem In-Kraft-Treten des KindRG am 1.7.1998 wurde über die elterliche Sorge im Zusammenhang mit der Ehescheidung vom Familiengericht noch zwingend als Folgesache mitentschieden[63].

      Für die Ausübung der gemeinsamen Sorge bei Getrenntleben ist § 1687 zu beachten.

      II. Umgangsrecht

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      Für das Umgangsrecht sind grundsätzlich die §§ 1684 ff. einschlägig. Während i.S.d. § 1684 für jeden Elternteil die Pflicht und das Recht zum Umgang mit dem Kind besteht, normiert § 1685 Umgangsrechte des Kindes mit weiteren Bezugspersonen, wie mit Großeltern und Geschwistern, vgl. § 1685 I oder z.B. mit Stief- oder Pflegeeltern, gemäß § 1685 II. In § 1686a ist das Umgangsrecht mit dem leiblichen, nicht rechtlichen Vater des Kindes geregelt. Maßgeblich ist jeweils das Kindeswohl.

      M hat als Elternteil der T das Recht auf und die Pflicht zum Umgang mit T i.S.d. § 1684.

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      Exkurs/Vertiefung:

      Nach Ansicht des BVerfG verstößt es gegen Art. 6 II 1 GG, wenn ein Umgangsausschluss vorrangig auf die ablehnende Haltung des betreuenden Elternteils gestützt wird, ohne die Belange des Kindes und des anderen Elternteils hinreichend zu berücksichtigen[64].

      Obwohl in § 1684 I 2. Hs. explizit auch die Pflicht der Eltern zum Umgang mit ihrem Kind aufgeführt ist, geht das BVerfG davon aus, dass es i.d.R. nicht dem Kindeswohl diene, wenn der Umgang mit dem Kind nur mit Zwangsmitteln gegen seinen umgangsunwilligen Elternteil durchgesetzt werden könne. Anders könnte es sein, wenn im Einzelfall hinreichende Anhaltspunkte gegeben wären, die darauf schließen ließen, dass ein erzwungener Umgang dem Kindeswohl dienen würde[65].

      Zwar steht ein Umgangsrecht


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