Leblos im Schnalser Stausee. Kh Beyer

Leblos im Schnalser Stausee - Kh Beyer


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sind unsere Frühstückseier, die inklusive sind."

      Der Gast hat das vermutlich begriffen. Er zieht kleinlaut vom Platz. Darek wundert sich, wie die Kollegin das gemeistert hat. 'Die lasse ich jetzt immer meine Problemfälle klären' denkt er sich.

      Marco schüttelt mit dem Kopf. Erst jetzt begreift er, mit welchen Leuten sich das Hotelpersonal befassen muss. Toni lacht. "Jetzt willst du kein Gastwirt mehr werden."

      "Gott bewahre."

      Darek kommt jetzt lächelnd. Die Frage, ob das Lächeln aufgesetzt ist oder nicht, stellt sich Toni jetzt nicht. Er bemerkt den rasanten Verfall der Freundlichkeit. Darek wird ernster.

      "Ist Soltan ein Freund gewesen von Ihnen?"

      "Ich bin Darek."

      "Ich Toni."

      "Soltan ist gelegentlich mit Jolka ausgegangen."

      "War dir das recht?"

      "Schon."

      "Jolka ist aber deine Frau; oder?"

      "Ja. Aber ich arbeite, wenn sie frei hat und umgekehrt."

      "Also geht es um Freizeit, Abwechslung und Spaß."

      "Besser kann man es nicht sagen."

      "Wo lebst du in Polen?"

      "Im Gebiet Lublin – Bialystok."

      "Hat deine Familie dort Besitz?"

      "Sehr großen Besitz. Landwirtschaft."

      "Und warum arbeitet ihr hier?"

      "In Polen ist die Landwirtschaft seit der Europäischen Union kaputt gemacht worden. Wir können davon nicht leben."

      "Herzliches Beileid."

      "Danke."

      "Wenn ich noch Fragen habe, treffen wir uns."

      Toni denkt gerade an die Bauernfamilien in Europa. In Polen und der Ukraine läuft das gleiche Szenario. Seine Familie hat deshalb aufgehört mit Landwirtschaft. 'Die Leute, die alle Menschen ernähren, werden in dieser Diktatur behandelt wie  Abschaum. Sie werden millionenfach von ihrem Land und ihrer Arbeit vertrieben. Jetzt gehen sie bei Denen abspülen und Müll wegräumen, die nichts an sie für ihre Produkte bezahlen wollen. Im Kaufhaus, auf dem Markt und im Hotel, bezahlen sie dumm – lächelnd den zwanzigfachen Preis.

      Darek möchte, wie alle seine Nachbarn, sein Land nicht noch an Besatzer und Plünderer verlieren. Genau deshalb geht er und seine Familie, arbeiten. Darek hat es scheinbar weit gebracht. Er ist Oberkellner und hat damit die Kassengewalt.

      Wenn einer seiner Kollegen klaut, muss er zahlen.

      Toni hat eigentlich genug erfahren. Jetzt könnte er noch andere Kollegen anhören. Ohne Spuren hingegen, kann er nichts anfangen. Sie müssen jetzt das Gesagte und das Gefundene auswerten.

      Vielleicht findet er noch am See einige Hinweise. Dort hat er aber eigentlich genug gefunden. Die Funde aus dem Zimmer muss er auch noch auswerten. Jetzt ginge es eigentlich darum, die anderen Arbeitsstätten ab zu klappern und dort Zeugen oder Beweise zu finden. Er schaut in seine Notizen. Die jeweiligen Arbeitsverhältnisse sind abzurufen. Er muss aufs Patronat, auf das Arbeitsamt, die INPS und eventuell – ungemeldeten Arbeitsverhältnissen nachgehen. 'Das wird lustig', denkt er sich. Er sieht vor sich reichlich zuckende Achseln.

      Im Büro wartet Monika schon sehnsüchtig.

      "Hast du schon irgendwelche Unterlagen gefunden?"

      Toni übergibt ihr den gesamten Fundus.

      "Suche mal bitte, wo Soltan überall gearbeitet hat."

      "In Kurzras hat sich wohl keine Spur ergeben?"

      "Naja, Ein paar lose Verdächtige. Sonst wenig."

      Monika packt die Bilder aus.

      "Ist er das?"

      Sie hält Toni ein Bild unter die Nase.

      "Ja."

      "Naja. Mit dem hätte ich auch Schafe gehütet."

      "Nur Schafe?"

      "Bei Schafen kann man öfter mal wegschauen."

      Monika lacht. Toni steckt immer noch im Fundus fest. Er ist hoch konzentriert. Ringe, Kettchen, kleine Bildchen und ein paar Liebesbriefe sind dabei.

      Die Liebesbriefe überfliegt er kurz. Dabei findet er Namen von Frauen und Freundinnen. Einheimische sind dabei. Toni staunt und erzählt es Monika. Monika fängt sofort an, weiter zu lesen. Marco sagt, die Spurensicherung hätte über zwanzig verschiedene Fingerabdrücke und Genspuren, allein an diesen Artefakten sicher gestellt.

      "Ich hatte schon vermutet, dass es lustig wird", sagt Toni.

      "Wir müssen zuerst die anderen Hotels ermitteln", antwortet Marco. Die Drei stellen die ersten Anfragen an die verschiedenen Büros zusammen.

      Der Arbeitstag ist schnell zu Ende gegangen. Die Drei wollen heute Pizza essen gehen.

      "Am besten, wir gehen gleich in Rabland gegenüber der Aschbachbahn, in der Laterne einkehren", sagt Toni. Gared, der Pizzaiolo, bäckt eine hervorragende Pizza.

      Nach dem Abschied fahren die Zwei wieder auf ihre Hütte. Es ist etwas frisch. Toni stellt tagsüber einen Elektroheizer an. Der ist mit einem Temperaturfühler. Wahrscheinlich ist das Gerät kaputt gegangen. Ersatz hat er bereits da. Vielleicht kann er das Gerät bauen. Er stellt den Heizlüfter in seine Werkstatt.

      Monika möchte auch den Tauchsieder im Duschwasser anstellen. "Das geht nicht zusammen", sagt Toni. "Ich habe den Vertrag über drei Kilowatt."

      "Dann können wir erst morgen duschen. Heute wird sich kalt gewaschen", sagt Monika.

      "Ich habe die Induktionsplatte. Auf der können wir kurz die Schüssel mit dem Waschwasser erwärmen."

      Monika ist begeistert. Toni hat also doch warmes Wasser.

      Am Morgen duschen die Zwei. Toni macht das eigentlich nicht gern. Wegen dem Schweißfuß. Als Ausnahme geht das.

      Ins Büro fahren sie zusammen. Mit dem Motorrad.

      Marco wartet schon. Er hat einen Diebstahl mit aufzuklären. Der Diebstahl wurde heute von Hotelgästen angezeigt. Zufällig müssen Toni und Monika auch in das Hotel. Darek hat dort gearbeitet. Dort stehen ein paar Erkundungen an.

      Sie fahren gemeinsam auf den Reschen.

      Die Apfelbauern sind noch voll bei der Ernte. Andere sind schon bei der Nachbereitung. Überall stehen grüne, große Paletten voll mit Äpfeln. Mit kleinen Traktoren fahren die Bauern die Kisten zusammen. Aller paar Kilometer kommt ihnen ein Lastwagen entgegen, auf dem diese Kisten voller Äpfel stehen.

      Kaum sind sie aus Mals raus, werden sie von einem recht frischen Wind empfangen. Monika zieht den Kragen zusammen. Kurz darauf kommen sie in St. Valentin an. Im Ort herrscht relative Stille. Sie sehen wenig Touristen.

      Bis nach Graun, wo sie hin müssen, sind es nur wenige Kilometer. Kaum sind sie am Hotel Joseph angekommen, werden sie schon vom Portier erwartet.

      "In der Garage sind sämtliche Autos ausgeräumt worden."

      "Wo ist der Chef des Hauses?"

      "In seinem Büro."

      "Führe uns bitte zu ihm."

      Im Büro begrüßen die Kommissare den Chef, der sich mit Florian vorstellt.

      "Uns wurden die Autos der Gäste ausgeräumt. Ich habe auch meine Kollegen in Österreich davon informiert. Die haben reagiert und ihre Gendarmerie angerufen. Die Gendarmerie meldet einen Todesfall in dem Zusammenhang. Einen Rumäne. Bei ihm wurden einige gestohlene Gegenstände gefunden."

      "Gut. Wir müssen mit unseren Österreichischen Kollegen reden. Wir melden uns", sagt Toni.

      Marco hat kein Wort gesagt. Er hört sich an, wie Toni vorgehen möchte.

      "Das fehlt uns gerade noch", sagt Toni. "Ein grenzübergreifender Fall. Und das zu unserem Schnalstaler."

      "Der Schnalstaler Fall ist


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