Leblos im Schnalser Stausee. Kh Beyer
bewegt sich eine Gardine. "Hier ist Jemand da", ruft Marco. Er klingelt noch einmal. Nach zehn Minuten öffnet sich die Tür. Eine etwas ältere Frau empfängt die Kommissare.
"Wir haben geschlossen."
"Wir sind von der Polizei und wollen gern etwas wissen über Darek oder Petr."
"Achso. Der Chef ist im Urlaub. Ich will mal sehen, ob ich ihnen helfen kann."
Alle gehen gemeinsam ins Büro und suchen die Personalordner. "Darek und Petr haben hier gearbeitet. "
Toni schreibt deren Nummern heraus und die Zeiten, die sie hier gearbeitet haben. Kaffee bekommen sie keinen angeboten. Auch sonstige Getränke nicht. Das ganze Treffen wirkt etwas abgekühlt und abweisend. Die Drei verabschieden sich sofort.
"Wenn das bei den Anderen auch so läuft, kommen wir nicht viel weiter", sagt Toni.
Sie entschließen sich, bei den Patronaten weiter zu suchen. Dort sind alle Daten zusammen gefasst. Danach werden sie alle Arbeitsstellen anschreiben, wo die Zwei gearbeitet haben. Das Gleiche machen sie auch mit den Daten von Soltan. "Es muss eine Spur geben", sagt Marco.
"Gehe doch mal in Krankenhaus. Vielleicht gibt es dort Unterlagen", sagt Monika.
Sie fahren gemeinsam zurück ins Büro. Kaum sind sie da, sagt eine Sekretärin, dass Unterlagen angekommen sind. Der dicke Briefumschlag liegt auf dem Schreibtisch von Toni. Nach dem Öffnen, stellt Toni fest, das Arbeitsamt hat eine Zusammenstellung der Arbeitsstellen ausgedruckt. Das Studium des Ausdruckes erleuchtet die Drei.
Einige Saisonen, haben Darek und seine Frau, nicht zusammen im gleichen Hotel gearbeitet. Jetzt müssen sie nur noch heraus bekommen, wo Soltan zu diesen Zeiten war.
Das Handy klingelt. Die Sekretärin von Marco geht ran. Sie sagt, auf der Seiser Alm hätte Darek mit Jolka und auch Soltan, in mehreren Betrieben gedient.
"Jetzt wird's lustig", ruft Marco. "Wir können hier auch noch andere Betriebe abklappern."
Der Aussage der Sekretärin folgend, dürfen sie noch eine Hütte und zwei Hotels besuchen. Eine neue Runde beginnt.
Sie fahren gleich wieder los. Noch am gleichen Tag.
Der Kofelblick und der Zirmadler sind noch fällig. Die Drei sind sich einig, es sind mehr Hotels und Hütten, als diese, zu besuchen. Einen schaffen sie noch. Den Rest werden sie mit Terminen von zu Hause aus erledigen.
Die Auffahrt zum Kofelblick ist für sie schon fast ein Kunststück. Die Wege sind versandet und teilweise mit Kies belegt. Marco fährt das wie ein Profi. Toni, eigentlich der Mann mit mehr Fahrpraxis, eiert gewaltig auf den Wegen. Monika verkrampft sich teilweise. Sie begegnen Wanderern, die einfach keinen Platz machen wollen. Kühe und Schafe hingegen, machen bereitwillig Platz. Sogar die Hunde, das Wachpersonal der Herden, gehen respektvoll zur Seite.
Der Kofelblick ist eigentlich eine gut ausgebaute Hütte. "Hier könnten wir auch Etwas essen", sagt Monika. Die frische Luft scheint bei ihr das Hungergefühl zu beleben. Aus dem Schatten des Schlern sieht die Seiser Alm wie ein Garten aus. Der Plattkofel leuchtet im Nachmittagslicht wie eine Goldkuppe.
Bei einem Gespräch mit der Chefin des Hauses stellt sich schnell heraus, Darek und auch die Anderen waren hier. Alle gehen ins Büro und kopieren die entsprechenden Unterlagen. Die Chefin weiß, Soltan war allein bei ihr. Auch Jolka und einige ihrer Freundinnen. Darek hat zu dieser Zeit nur kurz bei ihr geholfen. Am freien Tag von einem ihrer Kellner. Darek arbeitete eigentlich schon im Zirmadler. Der Weg dahin ist etwas umständlich und nur zu Fuß in knapp zwei Stunden möglich. Darek hat Jolka deshalb nicht jeden Tag besucht. Wie scheint, hat Soltan die Fehlzeit ersetzt.
Langsam aber sicher, ergibt sich für die Drei eine Spur.
Nach Feierabend schauen die Drei, ob schon Törggelen angeboten wird. Noch nicht. Es finden aber schon Weinfeste statt. Toni meidet das. Er mag keinen Wein. Marco hingegen sagt, er gibt einen Suser aus. In Bozen. Am Magdalener wird schon der Suser ausgeschenkt. "Dann gibt es sicher auch schon etwas Törggelen", sagt Monika.
"Ich mag keine warme Blutwurst", sagt Marco.
"Aber das Bauchfleisch von hübschen Schweinchen, magst du ganz sicher", antwortet Toni. Marco kann nicht widersprechen und Monika lacht. Der Suser hat Toni geschmeckt. Toni hat nur ein kleines Glas getrunken. Marcos Glas war doppelt so groß. "Jetzt kannst du nicht mehr fahren", sagt Toni zu seinem Kollegen. "Der Suser hat nur ein Prozent Alkohol", antwortet Marco. "Das Gläschen wird kaum messbar sein. Meine Weinbrandbohnen im Schreibtisch haben mehr Alkohol."
"Aber hinfallen darfst du heute nicht mehr", antwortet Toni.
"Wir fahren eben vorsichtig nach Hause", sagt Monika.
"Wir treffen uns morgen im Büro", gibt Toni zum Besten. In Meran trennen sich die Drei.
Auf Tonis Hütte kommt Monika auf den Punkt. "Ich glaube nicht an die Schuld Dareks. Das war sicher jemand Anderes."
Toni scheint sich nicht sicher zu sein. "Wir brauchen mehr Spuren."
Am Morgen im Büro sind die restlichen Meldungen vom Arbeitsamt und von den Patronaten angekommen. Beim Studium und dem Vergleich der Daten, fallen Monika, Namen auf. Namen, die auch im Zusammenhang mit den Österreichischen Autodiebstählen stehen. Toni schüttelt den Kopf, als ihm das Monika mitteilt. Marco schlägt umgehend vor, Monika als freiberuflichen Detektiv einzustellen. Die Anträge lässt er im Büro verfassen. Bei seinem Vorgesetzten will er damit selbst anfragen.
Das Team um Marco kümmert sich also jetzt um die Diebstähle, die Ermordung Soltans und versucht, Zusammenhänge zu finden. Jetzt kommt genau der Moment, den Toni schon befürchtete.
Von den Österreichischen Kollegen bekommen sie sämtliche Namen und Fotos der vermeintlichen Bandenmitglieder. Mittlerweile geht es nicht mehr nur um Autodiebstähle. Das Ganze scheint sich auf Wohnungen, Hütten, Garagen und Schuppen auszudehnen. Toni bestellt schon zwei Beistelltische für sein Büro. "Die Akten werden uns erdrücken", sagt er lächelnd.
Monika schlägt vor, Opfer von Diebstählen zu befragen. Dazu bestellen sie extra noch Protokolle über die Aussagen der Opfer. Die Kollegen haben das schön geordnet nach dem Diebesgut. Es fängt mit Fahrrädern an und endet bei Spielsachen, Skiern und Fahrzeugteilen. Eine Sparte behandelt den Diebstahl von Fahrzeugpapieren und Unterlagen. Toni muss lachen, als er sieht, eine Sparte für Ersatzreifen und Bordwerkzeug gibt es auch. Monika findet eine Sparte mit Sexspielzeug."Was die Leute alles im Auto mitführen", sagt sie lachend. "Da fehlt nur noch die Sparte für Kücheneinrichtungen."
Die Drei stellen fest, viele Saisonkräfte, die in den Sommermonaten in Südtirol gearbeitet haben, taten das im Winter, in Österreich. An die Schweizer Daten kommen sie im Moment nicht heran. Das erscheint ihnen auch weniger wichtig.
Jetzt gehen sie daran, die einzelnen Arbeitsstellen zu erfassen und wer, wo gearbeitet hat. Damit hoffen sie auf Zusammenhänge. "Bei diesem Fall gewinnt die Büroarbeit", stöhnt Toni. "Wir kommen selten vor die Haustür."
"Da wird nix mit Spesenkost im Feinschmeckerparadies", scherzt Marco.
"Da gibt es wieder trocken Brot mit etwas Speck", antwortet Monika."Zum Glück wird wenigstens das Trockenfleisch nicht alle", pflichtet Toni bei.
"Nachdem, wie ich es sehe, bekommen wir reichlich Bewegung", stellt Toni nach dem Studium der Unterlagen fest. "Wir kommen auch wieder Mal ins Pustertal. Wie ich sehe, nach Toblach, Reischach und nach Kiens."
"Das klingt interessant", sagt Monika.
"Wir haben bisher kaum Spuren. Wir suchen die Nadel im Heuhaufen", sagt Marco. Er wirkt verzweifelt. "Das Schlimmste ist eigentlich, dass wir nicht in die Personalzimmer können. Wenn sie dort Diebesgut lagern oder mitführen, sind wir bis jetzt machtlos."
"Mit einer Vollmacht könnten wir schon nachschauen", sagt Marco.
"Gibt es die eventuell blanko?", fragt Toni.
"Ich kümmere mich", antwortet Marco.
"Jolka hat eine Kollegin oder Freundin", sagt Monika. In allen Betrieben, in denen