Tausend Und Eine Nacht. Gustav Weil

Tausend Und Eine Nacht - Gustav  Weil


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verschrieb ihm ein Rezept und besuchte ihn zehn Tage lang, bis er wieder gesund war, ging dann mit ihm ins Bad, und als ich herauskam, schenkte er mir ein Ehrenkleid und ernannte mich zum Aufseher des Spitals. Als ich mit ihm allein im Bad war und die Pförtnerin und die Diener seine Kleider nahmen und er ganz nackt dastand, sah ich, daß seine rechte Hand ganz vor kurzem erst abgeschnitten worden, und daß dies die Ursache seiner Krankheit war. Ich wunderte mich sehr und bedauerte seine Jugend, und ward ganz niedergeschlagen darüber. Als ich ihn näher betrachtete, sah ich an seinem Körper Spuren von Schlägen; er hatte schon Öle, Salben und Kräuter gebraucht, doch blieb noch ein Mal an der Stirne; dies betrübte mich so sehr, daß er mirs anmerkte und sagte: »O Arzt! wundere dich nicht über mich; ich werde dir seiner Zeit eine wunderbare Geschichte erzählen.« Wir wuschen uns dann, gingen nach Hause zurück, aßen Suppe und ruhten uns aus. Da sagte der Jüngling: »Hast du Lust, in den Gärten spazieren zu gehen?« und als ich ja sagte, befahl er den Sklaven, einiges nötige mitzunehmen, auch ein gebratenes Lamm und Früchte. Wir gingen in einen Garten, spazierten eine Weile umher, dann setzten wir uns und aßen. Als wir vollendet hatten, brachte man uns einige Süßigkeiten, die wir auch verzehrten; ich wollte dann ein Gespräch mit ihm anknüpfen; er kam mir aber zuvor und sagte: »Wisse, o Arzt, ich bin aus Mossul; als mein Großvater starb, hinterließ er zehn Söhne, worunter mein Vater der älteste war; alle zehne wuchsen heran und heirateten, auch mein Vater nahm eine Frau, und Gott bescherte ihm mich, während die übrigen neun Brüder keine Kinder zeugten, und so wuchs ich bei meinen Oheimen auf.

      Als ich groß ward und das Mannesalter erreicht hatte, ging ich an einem Freitag in die Moschee zu Mossul mit meinem Vater, und betete das Freitagsgebet. Als das Gebet zu Ende war, blieb ich noch mit meinem Vater und meinen Oheimen in einem Kreise von Leuten; wir saßen beisammen und man sprach von den Wundern der Länder und den Seltenheiten der Städte. Es ward eine Stadt nach der anderen erwähnt, bis auch die Rede auf Kahirah und den Nil kam. Da sagten einige meiner Oheime: »Man behauptet, es gibt auf der Erde kein schöneres Land als Ägypten.« Dies machte mir Lust, Ägypten zu sehen. Andere sagten: Bagdad ist die Stadt des Friedens und die Mutter der Welt. Da sagte mein Vater, der Älteste unter ihnen: »Wer die Stadt Kahirah nicht gesehen, hat die Welt nicht gesehen. Ihre Erde ist Gold, ihre Weiber sind ein Zauber und der Nil ist ein Wunder; das Wasser ist so leicht und so süß und der Grund so weich, wie ein Dichter sagte:

      »Ein Fremder kommt, euch heute Glück zu wünschen zur treuen Rückkehr eures Nils. Der Nil ist nichts anderes, als meine Tränen, die ich wegen der Trennung von euch vergieße, ihr lebt in Wonne, ich allein bin der Ausgeschlossene.«

      Wenn eure Augen dieses Land gesehen hätten, wie es mit Blüten prangt und mit allerlei Blumen geschmückt ist, und wenn ihr die Insel des Nils seht, wo man eine so reiche Aussicht hat und wenn ihr dann eure Blicke nach dem Teich HabaschEs darf hier nicht an Äthiopien gedacht worden, sondern an einen Teich, der in der Gegend von Kahirah diesen Namen hatte. richtet, so würden eure Augen vor Verwunderung und Entzücken krank werden, und ihr könnt einen so schönen Anblick nicht einmal ganz genießen; die Nilkanäle mit dem Grünen, das sie umarmen, gleichen dem Smaragd, mit silbernem Ranfte eingefaßt. Gott segne den, der diese Verse darüber gedichtet:

      »Göttlich war mein Tag am Teiche Habasch, als wir zwischen Licht und Dunkel saßen. Das Wasser zwischen den Pflanzen glich einem Schwerte vor den Augen eines Zitternden.«

      Mein Vater fing dann an, Kahirah zu beschreiben, und als er den Nil und den Habaschteich beschrieben, sagte er: »Was ist gegen diese Wonne die, seiner Geliebten entgegenzusehen; wer dies gesehen, gesteht, daß es für das Auge keinen höheren Genuß gibt; und denkt jemand an die Nacht, wo der Nil die gewünschte Höhe erreicht, so gibt er den Weinbecher dem, der ihn überreicht, wieder zurück, und läßt das Wasser wieder zur Quelle fließen (d. h. er mag nichts anderes mehr); und siehst du die Insel Rodah mit ihren schattigen Bäumen, so wirst du in ein freudiges Entzücken versetzt; und stehst du bei Kahirah am Nil, wenn er bei Sonnenuntergang mit dem Gewande der Sonne, wie mit einem Panzer sich umhüllt, so wirst du von einem sanften Zephyr, der die schattigen Ufer umweht, ganz neu belebt.« Als ich diese Schilderung von Ägypten hörte, machte es Eindruck auf mich, ich schlief die ganze Nacht nicht. Sobald daher meine Oheime eine Ladung Waren nach Ägypten bringen wollten, ging ich zu meinem Vater und weinte, bis er auch mir Waren zusammenlegte und mich mit meinen Oheimen schickte; er sagte ihnen aber: »Laßt ihn nicht nach Ägypten gehen, sondern verkauft seine Waren schon in Damaskus.« So reisten wir, als alles bereit war, von Mossul fort, und hielten uns nirgends auf, bis wir nach Haleb kamen; auch da bleiben wir nur einige Tage, und reisten dann nach Damaskus, einer recht schönen, gesegneten und festen Stadt mit Flüssen, Bäumen und Vögeln, wie ein grüner Garten mit allerlei Früchten. Wir kehrten in einem Chan ein. Meine Oheime verkauften meine Waren so gut, daß ich für einen Dinar fünf erhielt. Ich freute mich über den Gewinn, und meine Oheime ließen mich hier und reisten nach Ägypten. Als sie fort waren, mietete ich mir einen großen marmornen Saal mit einem Springbrunnen und Nebenzimmern für zwei Goldstücke monatlich; er war unter dem Namen der Wohnung des Abd Urrhaman bekannt. Ich aß, trank und ging spazieren, legte Hand an mein Geld, bis ich fast alles verschwendet hatte. Als ich eines Tages an der Türe meiner Wohnung saß, kam ein reichgekleidetes hübsches Mädchen in die Nähe; ich hatte nie ein schöneres Mädchen gesehen. Ich winkte ihr mit dem Auge, und ehe ich mich versah, war sie im Zimmer.

      Als sie im Zimmer war, fuhr der junge Mann fort, schloß ich die Türe, sie setzte sich, legte ihren Schleier und ihren Mantel ab; ich fand sie schön wie den Mond und sah auch, daß ihre Gestalt vollkommen war, und die Liebe zu ihr bemächtigte sich meiner. Ich stand dann auf und holte Sorbet mit Früchten und anderen Speisen und wir aßen miteinander. Als es Nacht ward, zündeten wir Wachskerzen an, holten die Weingefäße herbei und tranken einen Becher nach dem andern, bis wir berauscht waren; ich brachte dann bei ihr die schönste Nacht zu. Des Morgens legte ich ihr zehn Dinare hin; sie machte aber ein ernstes Gesicht und sagte: »Pfui, ihr Mossulaner! bin ich für Geld bei dir?« Sie nahm dann sogleich zehn Dinare aus ihrer Tasche und schwor, wenn ich sie nicht nehme, daß sie nie wiederkehren werde. Dann sagte sie. »O mein Teurer! erwarte mich in drei Tagen zwischen dem Abend— und Nachtgebete, nimm hier noch zehn Dinare und treffe wieder alle Vorbereitungen hier.« Dann nahm sie Abschied, ging fort und mein Herz folgte ihr. Ich erwartete mit Ungeduld den dritten Tag. Da kam sie nach Sonnenuntergang herrlich geputzt und parfümiert; ich hatte schon nach Lust alles in der Wohnung vorbereitet; wir aßen und tranken, spielten und lachten bis zur Nacht, dann zündeten wir Wachskerzen an und tranken bis wir berauscht waren; wir schliefen dann beisammen bis morgens; da stand sie auf, nahm wieder zehn Dinare heraus und sagte: »Es bleibt beim alten!« Nach drei Tagen kehrte sie wieder und wir lebten wieder auf dieselbe Weise. Als wir am Trinken waren, sagte sie: »Ich beschwöre dich bei Gott, mein Herr, bin ich nicht schön?« Ich antwortete ihr: »Ja, bei Gott!« Da sagte sie: »Erlaubst du nicht, daß ich ein Mädchen mitbringe, schöner und jünger als ich? Du kannst mit ihr spielen, lachen und sie erheitern. Sie ist schon lange betrübt und hat mich schon einige Male gebeten, daß ich sie mitnehme und bei mir übernachten lasse.« Ich antwortete: »Recht gerne, bei Gott!« Des Morgens gab sie mir fünfzehn Dinare; dann sagte sie: »Ich bringe noch jemanden mit, du hast also mehr Ausgaben; die Zusammenkunft bleibt aber wie gewöhnlich.« Sie ging, und am dritten Tage traf ich alle Anstalten in meinem Hause.

      Gegen Sonnenuntergang kam sie mit noch einem Mädchen, wie sie gesagt hatte; ich stand auf, zündete Lichter an und ging ihnen freudig entgegen. Das neue Mädchen entschleierte sich und gepriesen sei Gott, der beste Schöpfer.D. h. sie war so schön, daß man den Schöpfer preisen mußte. Wir setzten uns und aßen, ich gab dem noch unbekannten Mädchen zu essen; sie sah mich an und lachte. Als wir gegessen hatten, brachte ich Getränke und Früchte, und meine alte Freundin merkte, daß ich ein Auge auf das neue Mädchen geworfen und ebenso sie auf mich; sie scherzte und sagte lachend: »Sage, mein Teurer! ist das Mädchen, das ich gebracht, nicht schöner und liebenswürdiger, als ich?« Ich sagte: »Ja, bei Gott!« Sie fragte dann: »Willst du bei ihr schlafen?« Ich sagte: »Ja, bei Gott!« Sie sagte: »Bei meinem Leben, so bleibe sie diese Nacht als unser Gast bei uns hier.« Sie stand auf, umgürtete sich und legte das Bett zurecht, ich umarmte das junge Mädchen und schlief die ganze Nacht bei ihr. Als ich des Morgens erwachte, fühlte ich mich ganz naß; ich glaubte, es wäre Schweiß, als ich aber das Mädchen an den Schultern schüttelte, um es aufzuwecken,


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