Für Immer mit Dir . Sophie Love
verschlagene und fiese Weise. „Ich wollte Sie nur daran erinnern, dass Ihre Verlängerung der Steuernachzahlung bald ausläuft. Bis Thanksgiving muss alles beglichen sein.“
„Dessen bin ich mir wohl bewusst“, erwiderte Emily kühl, doch die Erinnerung daran war nicht gerade willkommen, denn Emily wusste immer nicht, woher sie das Geld nehmen sollte, um die Steuerrückstände zu begleichen.
Während Emily zusah, wie Trevor auf der Stelle Kehrt machte und verschwand, blieb sie verängstigt zurück.
*
Chantelle schien Serena auf Anhieb ins Herz geschlossen zu haben, weshalb Emily sie nach Hause zum Abendessen einlud. Sie hatte beschlossen, Fajitas zu machen. Emily wollte, dass sich Chantelle sicher und geliebt fühlte und ihre Fantasie und Entwicklung durch verschiedene Aktivitäten angeregt wurden. Während Serena und Chantelle zusammen im Wohnzimmer auf dem Klavier spielten, standen Daniel und Emily deshalb in der Küche, wo sie verschiedene Speisen zubereiteten.
„Ich bin mir nicht sicher, ob sie die Hälfte der Sachen überhaupt schon einmal gegessen hat“, bemerkte Daniel, während er eine Soße kochte. „Tomaten. Avocados. Das ist wahrscheinlich alles neu für sie.“
„Hat sie zuhause etwa nicht gut gegessen?“, fragte Emily. Doch sie wusste bereits schon die Antwort. Natürlich nicht. Ihre Mutter hatte es nicht einmal fertiggebracht, dass ihr Kind ein Dach über dem Kopf oder genügend Hosen für eine Woche hatte, weshalb es sehr unwahrscheinlich war, dass sie für eine abwechslungsreiche Ernährung gesorgt hatte.
„Es gab fast jeden Tag nur Chips und Pop Tarts“, erklärte Daniel mit zusammengebissenen Zähnen. „Einen festen Tagesablauf gab es auch nicht. Jeder aß einfach, wann er Hunger hatte.“
An der Art, wie seine Schultern nach unten hingen, und wie er die Avocados fast schon brutal zu einer Guacamole zerdrückte, erkannte sie, wie sehr ihn all das schmerzte.
Emily ging zu ihm hinüber und strich mit ihren Händen sanft über seine Arme, bis die Anspannung aus seinen Muskeln zu weichen begann.
„Jetzt hat sie ja uns“, beruhigte Emily ihn. „Sie wird immer sauber sein, genug zu essen haben und ihr wird nichts zustoßen. Okay?“
Daniel nickte. „Ich habe einfach nur das Gefühl, dass wir so vieles aufholen müssen. Ich meine, können wir wirklich all das, was sie in meiner Abwesenheit durchgemacht hat, ausradieren?“
Emilys Herz sank. Fühlte sich Daniel wirklich für die Jahre verantwortlich, über die er keine Kontrolle hatte? Für all die Monate, Wochen und Tage, die er Chantelle nicht lieben und nicht für sie sorgen konnte?
„Das können wir“, meinte Emily mit entschlossener Stimme. „Du kannst das.“
Daniel seufzte und Emily wusste, dass er nicht wirklich daran glaubte, und dass ihre Worte in das eine Ohr hinein und aus dem anderen wieder herauskamen. Es würde noch eine Weile dauern, bis er damit zurechtkam, nicht von Anfang an in Chantelles Leben für sie da gewesen zu sein. Emily hoffte einfach nur, dass er das kleine Mädchen mit seinen Grübeleien nicht von sich stoßen würde.
Das Essen war fertig, weshalb sich alle im Esszimmer versammelten. An dem riesigen, dunklen Eichentisch sah Chantelle winzig aus. Sie konnte ihre Ellbogen gerade so auf die Tischplatte stützen. Die Einrichtung des Raumes war nicht wirklich für Kinder ausgelegt.
„Ich hole ihr ein Kissen“, sagte Serena lachend.
In diesem Moment bemerkte Emily, dass Chantelle weinte.
„Es ist schon in Ordnung, Liebes“, sagte sie sanft. „Ich weiß, dass du weit unten sitzt, aber Serena wird dir ein Kissen holen und dann wirst du so hoch wie eine Prinzessin sitzen.“
Chantelle schüttelte den Kopf. Deswegen war sie nicht so aufgelöst, doch sie schien den wahren Grund nicht in Worte fassen zu können.
„Ist es das Essen?“, fragte Daniel besorgt. „Ist es zu scharf? Zu viel? Du musst nicht alles aufessen. Oder überhaupt etwas davon. Wir können uns auch etwas liefern lassen.“ Er wandte sich an Emily, seine Worte überschlugen sich vor lauter Bestürzung. „Warum haben wir uns nichts bestellt?“
Emily zog ihre Augenbrauen hoch, als ob sie ihm damit sagen wollte, er solle sich beruhigen und nicht noch mehr Anspannung in die Situation zu bringen. Dann schob sie ihren Stuhl zurück, stand auf und ging zu Chantelle, neben die sie sich kniete.
„Chantelle, du kannst mit uns reden“, meinte sie so sanft wie möglich. „Mit mir und deinem Daddy. Wir sind hier für dich und werden nicht wütend sein.“
Chantelle lehnte sich an Emily und flüsterte ihr etwas zu. Obwohl ihre Stimme so leise war, dass man sie kaum verstand, konnte Emily gerade so ausmachen, was das kleine Mädchen murmelte. Als sie begriff, was sie gerade gehört hatte, blieb ihr Herz fast stehen.
„Sie sagte, dass sie vor Glück weint“, erklärte Emily Daniel.
Sie konnte dabei zusehen, wie Daniel erleichtert ausatmete und sich Tränen in seinen Augenwinkeln sammelten.
*
Später am Abend war es für Emily und Daniel an der Zeit, Chantelle ins Bett zu bringen.
„Ich will, dass Emily es macht“, verlangte Chantelle, während sie deren Hand ergriff.
Emily und Daniel sahen sich an. An der Art, wie er mit den Schultern zuckte, konnte sie erkennen, wie enttäuscht er war und dass er sich ausgeschlossen fühlte.
„Dann sag Daddy gute Nacht“, forderte Emily das kleine Mädchen auf.
Chantelle rannte zu ihm hinüber und drückte ihm einen schnellen Kuss auf die Wange, bevor sie zu Emily zurückkehrte, bei der sie sich anscheinend wohler fühlte.
Unter all den mütterlichen Aufgaben, die Emily in den vergangenen vierundzwanzig Stunden ausgeübt hatte, war diese hier doch die nervenaufreibendste. Sie steckte die Decke um das kleine Mädchen in dem großen Himmelbett fest, das in dem Raum direkt neben dem Hauptschlafzimmer stand, legte ihren Teddybären von der Parade auf die eine und Andy Pandy auf die andere Seite des Kindes.
„Soll ich dir eine Gute-Nacht-Geschichte vorlesen?“, wollte Emily wissen. Ihr Vater hatte ihr abends immer vorgelesen und sie wollte dieselbe Magie auch für Chantelle erzeugen.
Das kleine Mädchen nickte, obwohl ihre Augen schon begannen zuzufallen.
Schnell eilte Emily in die Bücherei und suchte ihre alte Ausgabe von Alice im Wunderland. Als Kind war es eines ihrer Lieblingsbücher gewesen und als sie bei ihrer Ankunft in dem Haus die alte, verstaubte Ausgabe gefunden hatte, war sie vollkommen überwältigt gewesen. Es stimmte sie glücklich, zu wissen, dass sie das Buch wieder zum Leben erwecken und die in seinen Seiten versteckte Freude weitergeben konnte.
Sie nahm das Buch mit nach oben und setzte sich in einen Sessel neben dem Bett, genau wie ihr Vater es immer getan hatte. Als sie zu lesen begann, spürte Emily, wie die Erinnerungen in ihr erwachten. Ihre eigene Stimme verwandelte sich in die ihres Vaters und sie hatte das Gefühl, in der Zeit zurückversetzt zu werden.
Sie war in ihr Bett gekuschelt, die Decke bis unter die Achseln gezogen. Der Raum war nur durch Kerzenlicht erhellt. Sie konnte das Geländer der Galerie vor ihr sehen und erkannte, dass sie sich in dem riesigen Raum am hinteren Ende des Hauses befand, in dem Zimmer, das sie sich mit Charlotte geteilt hatte. Obwohl sie sich anstrengte, nicht einzuschlafen und stattdessen der wunderbaren Geschichte zu lauschen, die ihr ihr Vater vorlas, wurden ihre Augenlider immer schwerer und begannen, zuzufallen. Einen Augenblick später bemerkte sie die Dunkelheit, die sie umfing und hörte die Schritte ihres Vaters, während er die Leiter der Galerie hinunterstieg und zur Tür hinausging. Als er die Tür öffnete, fiel ein Lichtstrahl herein, dann erklang eine Stimme: „Schlafen sie?“ Emily fragte sich, wem die Stimme wohl gehörte, denn sie erkannte sie nicht. Es war auf keinen Fall die Stimme ihrer Mutter, weil diese in New York geblieben war. Doch noch bevor