Ritter von Harmental. Александр Дюма

Ritter von Harmental - Александр Дюма


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und ein Mann wie ich zu Ihnen spräche, Capitain, ich will Sie keineswegs allein in die Gefahr werfen; ich selbst theile sie mit Ihnen, ich wage wie Sie meinen Namen, meine Zukunft, meinen Kopf; was würden Sie alsdann diesem Manne geantwortet haben?«

      »Ich würde ihm die Hand gereicht haben, wie ich sie jetzt Ihnen reiche. Nun sprechen Sie frei heraus, worauf kommt es an?«

      Der Chevalier füllte sein Glas und das des Capitains.

      »Auf die Gesundheit des Regenten!« sprach er, »möge er eben so wohlbehalten die Spanische Grenze erreichen, als Matthioli in Pignerol anlangte!«

      »Ah, ha,« rief der Capitain, indem er sein Glas bis zur Höhe seines Auges führte, »und warum sollte er nicht? Er ist ja nur ein Mensch! – Das einzige dabei zu bemerken ist, daß man uns weder hängen noch köpfen, sondern rädern würde. Jedem Andern würde ich sagen, das würde theurer zu stehen kommen, für Sie, Chevalier, aber habe ich keine doppelten Preise. Sie zahlen mir sechstausend Livres, und ich sorge für ein Dutzend entschlossener Kerle.

      »Aber dies Dutzend Kerle, fragte der Chevalier lebhaft, »kann man ihnen vertrauen? »Sie dürfen nicht wissen, warum es sich handelt, bemerkte der Capitain, es betrifft eine Wette.«

      »Und was mich betrifft, Capitain,u fuhr der Chevalier fort, indem er seinen Schrank öffnete, und einen gefüllten Beutel hervorzog, mich will Ihnen beweisen, daß ich mit meinen Freunden nicht handle. Hier sind zweitausend Livres in Gold, nehmen Sie sie einstweilen a conto, wenn es gelingt, erfolgt das Uebrige; scheitern wir, muß jeder sehen, wo er bleibt.«

      »Chevalier,« entgegnete der Capitain, indem er wohlgefällig den Beutel in der Hand wog, »Sie begreifen, daß ich nicht die Unhöflichkeit begehen werde, das Geld nachzuzählen; wann aber soll die Sache vor sich gehen?«

      »Das ist noch unbestimmt, mein lieber Capitain, wenn Sie aber die kalte Pastete und den Wein erträglich gefunden haben, und wenn Sie mir täglich das Vergnügen machen wollen, wie heute, mit mir zu frühstücken, so sollen Sie pünktlich erfahren, wie es um unsere Angelegenheit steht.«

      »Das geht nicht, Chevalier, das geht nicht,« versetzte der Capitain, jetzt heißt es die Sache ernst betrachten. Käme ich auch nur drei Tage hinter einander zu Ihnen, so würde die Polizei des verdammten Argention auf unseren Fersen seyn. Glücklicherweise sind wir eben so schlau als er. Nein, mein Chevalier, bis zu dem Moment des Handelns, müssen wir so selten als möglich, zusammenkommen, noch besser, wir sehn uns gar nicht. Ihre Straße ist nicht lang, und da Sie von der einen Seite in die Straße Gros, Chenet und auf der andern in der Straße Montmartre ausläuft, so brauche ich sie nicht einmal zu passiren. Hier nehmen Sie dies Band,« bei diesen Worten löste er das rohe Achselband von der Schulter, an dem Tage, an welchem ich zu Ihnen kommen soll, befestigen Sie es außerhalb Ihres Fensters, ich weiß, dann was das sagen will, und komme zu Ihnen.«

      »Wie Capitain, fragte Harmental, als er gewahrte, daß sein Gast seinen Degen wieder umschnallte und seinen Hut nahm, »Sie gehen, ohne die Flasche zu leeren? Was hat der gute Wein verschuldet, den Sie vor kurzem so sehr priesen, und den Sie jetzt zu verachten scheinen.«

      »Grade, weil ich ihn hochschätze, trenne ich mich jetzt von ihm,« fügte der Capitain hinzu, indem er sich noch ein Glas einschenkte; »ich sage ihm jetzt das letzte Lebewohl. Auf Ihre Gesundheit, Chevalier. Köstliche Tropfen, bei meiner Seele! Von jetzt an aber setze ich mich auf die Wassercur, bis zu dem Tage, an welchem ich das rothe Band am Fenster flattern sehe. Sorgen Sie, daß das recht bald geschieht, bedenken Sie, daß das Wasser meiner Constitution durchaus zuwider ist.«

      »Aber, warum brechen Sie so schnell auf?«

      »Weil ich die Ehre habe, den Capitain Roquefinette zu kennen. Er ist ein trefflicher Mann, wenn er aber eine Flasche vor sich hat, so muß er trinken, und wenn er getrunken hat, muß er schwatzen. Wenn man zu viel schwatzt, sagt man leicht etwas Dummes. Adieu, Chevalier, vergessen Sie nicht das rothe Band, ich wirke indessen für unsere Angelegenheit.«

      »Auf Wiedersehen,« sprach Harmental, »ich sehe mit Vergnügen, daß ich Ihnen keine Vorsicht anzuempfehlen brauche.«

      Der Capitain legte den einen Finger auf seine Lippen, setzte den Hut gerade und breit auf die Stirn, hob seinen langen Degen, damit er auf der Treppe nicht wieder Geklapper verursache, und stieg diesmal die Stufen so leise hinab, als ob er gefürchtet hätte, das Geräusch seiner Schritte hätte in dem Hôtel des Herrn von Argention einen Widerhall gefunden.

       XI.

      Die Communication

      Der Chevalier blieb allein. Diesmal aber gab ihm seine Unterredung mit dem Capitain so viel Stoff zum Nachdenken, daß er weder Langeweile empfinden, noch an sein Clavier oder an das Zeichnen denken konnte. Wirklich hatte sich Harmental, bis jetzt nur theilweise in die Angelegenheit eingelassen, rücksichtlich welcher die Herzogin von Maine und der Prinz von Cellamare ihm eine so glänzende Aussicht gezeigt, der Capitain Roquefinette ihm aber so eben unverholen und in den deutlichsten Ausdrücken das schaudervollste und blutigste Ende enthüllt hatte. Bis jetzt war er nur der Endpunkt einer Kette, und leicht war es ihm sich derselben zu entwinden. Jetzt war er ein Mittelring derselben geworden, der von beiden Seiten eingeengt, auf der einen Seite mit dem, was die Gesellschaft am vornehmsten bot; auf der anderen aber, was sie am niedrigsten umschloß, vereinigt war. Kurz, von dieser Stunde gehörte er sich nicht mehr selbst an, er glich dem Reisenden, der sich in den Alpen verirrt, auf einem unbekannten Wege seine Schritte hemmt, und mit dem Auge zum erstenmal die sich vor ihm erhebende Felsmasse, und den sich zu seinen Füßen hinabsenkenden Abgrund zu messen versucht.

      Zum Glück besaß der Chevalier jenen kalten, ruhigen und entschlossenen Muth, der bei heftigem Aufwallen im ersten Augenblicke, später eine ruhige Ueberlegung gestattet. Er warf sich in die Gefahr mit der ganzen Lebhaftigkeit eines Sanguinikers, prüfte sie aber, wenn er sich einmal darin befand, mit großer Besonnenheit. Hieraus ergibt sich, daß der Chevalier eben so gefährlich in einem Zweikampf, als in einer Verschwörung war; denn in einem Duell gestattete ihm seine Ruhe, selbst den kleinsten Fehler seines Gegners zu benutzen; und in der Letzteren erlaubte ihm ein kaltes Blut, die etwa zerrissenen kleinen Fäden, von denen oft das Gelingen des wichtigsten Unternehmens abhängt, schnell wieder zusammen zu knüpfen. Die Herzogin von Maine hatte also recht, wenn sie gegen Fräulein de Launay bemerkte, daß ihre Laterne ihr gute Dienste geleistet, weil sie einen Menschen gefunden habe.

      Dieser Mann aber war jung, er zählte erst sechsundzwanzig Jahre: das heißt, er besaß ein Herz, empfänglich für alle Täuschungen, für alle Poesie der Jugend. Als Kind hatte er seine Kronen zu den Füßen seiner Mutter niedergelegt, als junger Mann hatte er in seiner Obristenuniform vor seiner Geliebten geglänzt; kurz bei allen Unternehmungen seines Lebens hatte ihm ein theures Bild vorgeschwebt, und er hatte sich in die Gefahr gestürzt, mit dem beseeligenden Gedanken, daß, falls er unterliegen sollte, doch irgend jemand ein Schicksal beweinen, sein Andenken getreulich aufbewahren würde. Seine Mutter aber ruhte bereits im Grabe; die letzte Frau, von der er sich geliebt wähnte, hatte ihn verrathen. Er fühlte sich allein in der Welt und nur durch das Interesse mit Menschen verbunden, denen er ein Hinderniß ward, sobald er aufgehört hatte, ihr Werkzeug zu seyn; und die, falls er untergehen sollte, statt seinen Tod zu beweinen, denselben nur als einen Beruhigungsgrund für sich selbst betrachten würden. In diesem Moment hätte der Chevalier alles darum gegeben, in dieser Welt nur von irgend einem Wesen geliebt zu werden.

      In diese und ähnliche trübe Gedanken versunken, war er mehrmals in seinem Zimmerchen auf und ab geschritten, als er plötzlich bemerkte, daß das Fenster seiner schönen Nachbarin gegenüber geöffnet say. Er fuhr mit der Hand über die Stirn, so als wolle er die finsteren Ideen verscheuchen, und suchte, indem er seine Aufmerksamkeit auf äußere Dinge lenkte, jenen eine andere Richtung zu geben. Der Mensch aber ist nicht mehr Herr seines Wachens, als seines Schlafs; und seine Träume mit offenen oder geschlossenen Augen, sind stets nur die Folgen einer innerlichen Entwickelung. Die entgegengesetztesten Gegenstände nähern sich einander, die unzusammenhängendsten Gedanken begegnen sich und unsere Seele wird in solchen Momenten m unter von Lichtstrahlen erhellt, die, wenn sie nicht in der Schnelligkeit eines Blitzes wieder verschwände uns vielleicht die Zukunft enthüllen würden. Man fühlt als dann, daß sich in uns etwas Fremdartiges zuträgt; man begreift


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