Leni Behrendt Staffel 2 – Liebesroman. Leni Behrendt

Leni Behrendt Staffel 2 – Liebesroman - Leni Behrendt


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Wagen der Endstation entgegen.

      *

      Als Armgard das Wohnzimmer betrat, saß da im Sessel der Herr des Hauses bei einem guten Tropfen.

      »Hallo, Großpapa!« sagte sie lachend. »Du pichelst hier so stillvergnügt? Da muß ich mich doch sehr wundern und staunen…«

      »Kommt auf eins raus«, winkte er ab. »Setz dich. Elsbeth wird dir gleich einen Imbiß servieren.«

      Es waren delikate Happen, die Armgard vorgesetzt bekam und die sie restlos verputzte. Hinterher trank sie ein Glas Wein, das der Großvater spendierte.

      Ausführlich erzählte sie von der Fahrt und dankte dem gütigen Spender für all die schönen Sachen.

      »Hast du auch gut gewählt, mein Kleines?«

      »Dafür sorgte schon die Gräfin. Schrecklich viel Geld hat alles gekostet. So richtig verschwendet habe ich, auf deine Kosten…«

      »Du wärst die erste nicht«, warf er trocken ein. »Doch da es den andern nicht gelungen ist, mich an den Bettelstab zu bringen, wirst du es wohl auch nicht schaffen.«

      »Wollen wir abwarten. Übrigens soll ich dich von einem Lutz Briet grüßen.«

      »Wie kamst du denn zu dem?«

      Armgard erzählte es und schloß mit den Worten:

      »Scheint kein gutes Zuhause zu haben, der arme Junge.«

      »Ja, ihm fehlen die Eltern, die vor einigen Jahren kurz hintereinander starben. Wohl kümmern sich der ältere Bruder und dessen Frau um ihn, aber da sie beide wenig Zeit haben, ist der Junge viel sich selbst überlassen.«

      »Hat der Bruder einen Betrieb?«

      »Ja. Er besitzt eine Reederei in einer kleinen Seestadt, die ungefähr acht Kilometer von hier entfernt liegt. Als der alte Briet starb, stand es nicht gut um den Betrieb. Er war zu veraltet, ihm fehlte der richtige Schwung. Den hat der Sohn nach der Übernahme hineingebracht, und seine Frau hat ihn dabei tatkräftig unterstützt. Sie sind beide sehr tüchtig und werden es bestimmt noch zu etwas bringen.

      Für Lutz wäre es am besten, wenn er in ein Internat käme. Aber der Junge sträubt sich so sehr dagegen, daß der Bruder ihm den Willen läßt. Die Ferien und auch die meisten Wochenenden verlebt Lutz im Schloß, wo die Gräfin ihm die Nestwärme gibt, die ihm zu Hause fehlt.«

      »Lutz sprach doch auch von einer Schwester; kann die sich nicht um ihn kümmern?«

      »Ach, die«, winkte der alte Herr verächtlich ab. »Die hat doch dazu keine Zeit. Die muß doch ihr Leben genießen und außerdem noch hinter dem Grafen Björn her sein.

      Und nun werde ich mich zur Ruhe begeben. Es hat mir heute gar nicht gefallen, so ohne dich. Ich sehe schon kommen, daß ich mich an deinen Rock hängen werde.

      Ach so, fast hätte ich es vergessen dir zu sagen, daß mein guter Robert morgen hier eintrifft. Seit über zwanzig Jahren hat er mir als Diener treu und redlich gedient. Hat mich stets auf meinen Reisen begleitet, war auch mit dort unten im Süden, bis er sich eine Blutvergiftung zuzog, die ihn fast die Hand gekostet hätte. Aber tüchtige Ärzte haben es denn doch ohne Amputation hingekriegt.

      Das alles hatte den armen Kerl so mitgenommen, daß ich ihn nach der Entlassung aus dem Krankenhaus in ein Sanatorium gab, wo man ihm auf meinen ausdrücklichen Wunsch meine Krankheit verschwieg. Der hätte es nämlich fertiggekriegt, aus dem Sanatorium auszurücken und zu mir zu eilen, so elend er auch war. Aber jetzt soll er sich prächtig erholt haben, wie mir der leitende Arzt am Fernsprecher sagte, und morgen habe ich ihn denn wieder, meinen treuen Kampf- und Streitgenossen, der ja alles bei mir mitgemacht hat, das Gute wie das Böse.

      Auch von Elsbeth wird er ungeduldig erwartet. Die will nämlich heiraten, wollte aber wiederum uns hier nicht im Stich lassen. Nun kann sie getrost von dannen ziehen, nun wird Robert hier als guter Geist walten.«

      Am nächsten Tag war er denn da. Ein Diener, der so selten geworden ist, daß man ihn als Juwel bezeichnen kann, so einen gab es in der Umgegend nur noch im Schloß.

      Die Gestalt Roberts war mittelgroß und geschmeidig, das Gesicht schmal und hochnäsig, wie das eines herrschaftlichen Dieners, das dunkle, sehr peinlich geordnete Haar des gut Fünfzigjährigen war an den Schläfen leicht ergraut.

      Als er Armgard erblickte, leuchtete es in den stahlfarbenen Augen freudig auf, und sein Herr fragte schmunzelnd:

      »Nun, Robert, hat sie gehalten, was sie versprach?«

      »Herr Doktor, wie können wir stolz sein.«

      »Nun sagen Sie bloß noch, daß auch Sie mich schon lange kennen.«

      »Von der Wiege an, mein Herzchen«, gab der Großvater Antwort. »Er war ja der Vermittler zwischen deinem lieben Paps und mir, dabei still und unsichtbar wirkend wie ein Heinzelmännchen.«

      Das tat er auch jetzt, er war wirklich der gute Geist des Hauses. Dazu noch das Ehepaar Spierke, das gab ein gutes Dreigespann.

      Als Elsbeth abgezogen war, wurde ein Lehrmädchen eingestellt, das Frau Spierke zur Hand ging und auch in den Zimmern helfen mußte. Hilde war hübsch und gesund,

      diensteifrig und fleißig, aber ansonsten ein ungeschliffener Diamant.

      *

      »Matt«, sagte Armgard und sah lachend auf den alten Herrn, der kopfschüttelnd das Schachbrett überblickte.

      »Tatsächlich, sie hat mich matt gekriegt.«

      »Siehst du, Großpapa. Auch ein blindes Huhn findet mal ein Korn.«

      »Von wegen blindes Huhn. Listig wäre die richtige Bezeichnung. Ganz gehörig muß ich aufpassen, daß du aus dem Hinterhalt nicht zuhackst.«

      »Aber größtenteils dabei was auf den Schnabel bekommst, mußt du hinzusetzen. Aber daran bin ich von meinem Paps gewöhnt, der kein Pardon kannte. Auch nicht, als ich gerade man so mit der Nase übern Tisch reichte; denn damals schon brachte er mir das Schachspielen bei. Revanche?«

      »Nein. Musik steht auf dem Stundenplan.«

      So recht mit Behagen setzte er sich zurecht, steckte eine Zigarre in Brand und lauschte den Klängen, die dem vorzüglichen Instrument entlockt wurden. Nicht mit meisterhafter Fertigkeit, aber über den Dilettantismus hinaus, denn Armgards Lehrer war ja der sehr musikalische Vater gewesen.

      Der Anschlag war weich, ein wenig verspielt und wirkte wohl gerade

      deshalb so betörend. Es war ein Genuß, dem Spiel zu lauschen, die Melodien schmeichelten sich förmlich ins Ohr.

      Selbst in das des Fünfzehnjährigen, der hinter dem Grafen Björn das Zimmer betrat und dann gleich ihm an der Tür verharrte. Als der Hausherr sie bemerkte, winkte er sie heran, doch Folko schüttelte den Kopf und legte den Finger auf die Lippen.

      Regungslos lauschten sie dem Spiel, bis es verklang. Weil nun Lutz nicht händeklatschend seinen Beifall spenden konnte, da er die eine Hand in der Binde trug, rief er begeistert:

      »Prima! Primissima! Ganz schwiemelig ist mir um den Magen geworden.«

      »Da hilft nur ein Schnaps«, sagte der Hausherr lachend, was empört zurückgewiesen wurde.

      »Wenn der Mensch gerührt ist, trinkt er keinen Schnaps.«

      »Ach, gerührt bist du, das ist etwas anderes. Laß dich anschauen, Junge. Also prächtig hast du dich herausgemacht in den Jahren, da ich dich nicht sah. Was ist nun mit deinem Arm?«

      »Privat geht es ihm ordentlich, schulerisch miserabel.«

      »Apartes Wort«, lachte der alte Herr gleich den andern. »Nehmt Platz und macht es euch gemütlich.«

      Strubbel wedelte herein, die willkommenen Gäste mit freudigem Blaffen begrüßend. Ihm folgte Robert und rollte die Bar herbei. Das gehörte sich so, ob der Gast nun trinken wollte oder nicht. In diesem Fall durfte er jedem etwas kredenzen und zog


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