Leni Behrendt Staffel 2 – Liebesroman. Leni Behrendt

Leni Behrendt Staffel 2 – Liebesroman - Leni Behrendt


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im Aussehen, im Wesen war sie anders. Denn mein liebes Mamachen war ein richtiges Hausmütterchen, das nur für Mann und Kinder lebte, während Rena ohne den gesellschaftlichen Klimbim einfach nicht leben konnte. Und da ihr Mann genauso geartet war, standen sie sich in nichts nach.«

      »Sind sie oft hier gewesen?«

      »Nicht oft, dazu fehlte es ihnen an Zeit. Außerdem paßten wir nicht so ganz zu diesen reichen, exklusiven Leuten und zogen uns daher immer mehr von ihnen zurück.«

      »Auch von Diederich?«

      »In seinem ersten Jahrzehnt hatten wir ihn öfter mal hier. Doch dann kam er ins Internat, studierte, ging anschließend auf Reisen, so daß wir kaum noch mit ihm zusammentrafen. Auf den Begräbnissen seiner Eltern sowie auf seiner Hochzeit, die wir ja wohl oder übel als nahe Verwandte mitmachen mußten, sprachen wir auch nur flüchtig miteinander, und so entfremdeten wir uns schließlich ganz.«

      »Und warum suchtest du ihn gestern auf?«

      Als Elonie es wußte, sagte sie leise:

      »Diese Tante Henriette soll gesegnet sein. Denn ohne die Notwendigkeit, ihre Hinterlassenschaft zu regeln, wärst du nicht zu Diederich gekommen, hättest mich nicht mitgenommen, und ich hätte weiter dieses furchtbare Leben führen müssen – das Leben der Verlassenheit.«

      Mit einem harten Aufschluchzen drückte sie das Gesicht in die Hände, die vor Erregung flatterten. Schon war Beate bei ihr und schloß sie mütterlich in die Arme.

      »Du darfst jetzt nicht mehr daran denken, hörst du, Elonie?« sagte sie eindringlich. »Du sollst nur daran denken, körperlich und seelisch wieder hochzukommen. Dann wirst du alles mit anderen Augen ansehen.«

      *

      Allein bis dahin sollten noch Wochen vergehen; denn eine so schwere Nervenkrise ist natürlich nicht von heute auf morgen behoben. Auch nicht ein so elender Körperzustand.

      Also ging Frau Beate erst einmal daran, ihren Pflegling aufzupäppeln, der zuzeiten recht widerspenstig sein konnte, was jedoch in aller Gelassenheit ignoriert wurde. Das eigenwillige Persönchen mußte außer den Mahlzeiten auch noch die Stärkungsmittel nehmen, die der Arzt verordnete.

      Der Erfolg blieb denn auch nicht aus. Das hagere Gesichtchen begann sich zu runden und bekam Farbe. Die matten, verschleierten Augen belebten sich, wurden leuchtender mit jedem Tag. Die eckigen Körperformen wurden zur grazilen Schlankheit, und selbst das stumpfe Haar sprühte auf in metallischem Glanz.

      Auch in ihrem Wesen ging eine einschneidende Veränderung vor. Langsam taute sie aus ihrer starren Zurückhaltung auf, ging mehr und mehr aus sich heraus. Als sie zum erstenmal hell herauslachte, erschrak sie selbst darüber. Jedenfalls erkannte man nach sechs Wochen das erbarmungswürdige, mit sich zerfallene Menschenkind nicht wieder, als das Beate Norber es ins Haus gebracht hatte.

      Es war Weihnachten.

      Da es im Doktorhaus noch alle Hände voll zu tun gab, half Elonie fleißig mit. Jetzt war sie dabei, die große Tanne zu schmücken, wobei Birgit ihr eifrig half.

      Der Sohn des Hauses, der gestern angekommen war, bot zwar auch seine Hilfe an, die man jedoch ablehnte, weil der übermütige junge Mann ja doch nur Schabernack getrieben hätte.

      So begnügte er sich damit, eßbaren Baumschmuck zu stibitzen, die beiden Emsigen zu necken, Schnurren und Späßchen vorzutragen, so daß man aus dem Lachen kaum herauskam.

      Als sein Repertoire erschöpft war, ging er in die Küche, wo er solange Unfug trieb, bis Huschchen ihn kurzerhand hinauswarf. Schließlich landete er in dem kleinen Zimmer, wo die Mutter dabei war, die vielerlei Geschenke zu sortieren.

      Ein Weilchen sah er der geschäftigen Mutter zu, dann sagte er versonnen:

      »Die Elonie ist doch ein verflixt hübsches Frauenzimmer.«

      »Knut!« unterbrach die Mutter ihn ärgerlich. »Einen derartigen Ausdruck möchte ich nicht noch einmal hören.«

      »Na, Mutz, so arg ist er nun auch wieder nicht«, brummte er mit rotem Kopf. »Dann ist sie eben ein schönes Mädchen.«

      »Mädchen pflegen nicht verheiratet zu sein.«

      »Bist du aber penibel. Schön, ich nehme den dritten Anlauf: Elonie ist eine bezaubernd schöne Frau, über deren Anblick ich nicht wenig erstaunt war. Denn gemäß deinem Briefe habe ich ein halbverhungertes Wesen erwartet.«

      »War sie auch, als ich sie Anfang November hierherbrachte. Gute Pflege und Nestwärme haben sie zu dem gemacht, was sie heute ist.«

      »Und ihr Mann? Kümmert er sich etwa nicht um sie?«

      »Um sie direkt nicht. Er läßt uns nur immer wissen, wo er sich zur Zeit befindet.«

      »Die Ehe scheint ja ganz nett zu wackeln. Und wenn sie in die Brüche geht, was wird dann aus Elonie?«

      »Die bleibt bei uns.«

      »Na großartig. Gegen so eine Schwester hätte ich nichts einzuwenden.«

      »Dann sind wir uns ja einig, mein Sohn. Leg mal die Handtasche weg. Sonst knipst du so lange an dem Schloß herum, bis es kaputt ist. Schau mal nach, was Vater macht. Das dürfte einen Medizinstudenten doch interessieren.«

      »Kann ich nicht, muß gleich zum Rendezvous.«

      »Du meine Güte! So richtig unter der Normaluhr?« fragte sie lachend, und er schlug sich an die Brust.

      »Ehrensache!«

      »Jetzt mach aber, daß du rauskommst, du Schlingel!« drohte sie, worauf er sie umfaßte, einen Kuß auf ihre Wange drückte und dann lachend entschwand.

      Das Mittagsmahl wurde heute schneller als sonst eingenommen. Dann ging man wieder an die Arbeit und war bis zum Kaffee mit den Vorbereitungen fertig. Doch noch während man ihn trank, wurde der Arzt vom Krankenhaus angerufen.

      »Ja, Kinder, da hilft nun nichts«, sagte er bedauernd. »Haltet den Daumen, daß ich bald wieder hier bin. Willst du mitkommen, Knut?«

      »Mit Vergnügen kann man in diesem Fall wohl nicht gut sagen. Also denn: Ich bin bereit!«

      Schmunzelnd besah sich der Mann sein verjüngtes Ebenbild, das da so frisch und froh vor ihm stand, gesund an Leib und Seele. Dem Vater war um seinen Sohn nicht bange, der würde seinen Weg schon machen. Der Ruhepol darauf sollte immer sein harmonisches Elternhaus bleiben.

      Nachdem die beiden gegangen waren, begann für die Zurückbleibenden eine Wartezeit, die sie auf eine harte Probe stellte. Hauptsächlich für das aufgeregte Kind, das sich immerhin leidlich genug hielt.

      Und als die Ersehnten dann endlich erschienen, mußte erst noch das Abendessen eingenommen werden, mit dem Huschchen sich so viel Mühe gemacht hatte. Man durfte sie nicht kränken. So wurde es acht Uhr, bis endlich mit der Bescherung begonnen werden konnte.

      Allein auch dann gab es noch eine Unterbrechung. Denn als man gerade die Kerzen am Baum entzündet hatte, schrillte die Haustürklingel, was allgemeine Bestürzung hervorrief. Sollte am Ende auch jetzt noch der Arzt fortgeholt werden?

      »Laß nur, Else«, winkte dieser ab, als das Hausmädchen gewohnheitsmäßig zur Haustür eilen wollte. »Ich sehe mal selbst nach.«

      Er ging, und die Zurückbleibenden hielten lauschend den Atem an. Und was sie dann durch die offene Tür vernahmen, überraschte sie nicht wenig.

      »Diederich – du?« hörten sie den Hausherrn sagen. »Na, das ist mal eine Überraschung. Tritt ein, du kommst gerade zur Bescherung zurecht.«

      »Habt ihr die noch nicht hinter euch, Onkel Fritz?«

      »Nein.«

      »Dann möchte ich nicht stören.«

      »Unsinn!» schnitt ihm der Onkel das Wort ab. »Von stören kann keine Rede sein. Komm, leg ab. Bist ja mit Päckchen beladen wie ein Weihnachtsmann.«

      Jetzt waren Birgit und Knut nicht mehr zu


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