Leni Behrendt Staffel 2 – Liebesroman. Leni Behrendt

Leni Behrendt Staffel 2 – Liebesroman - Leni Behrendt


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erschießen konnte. Der gute Schütze tat es, alle wurden versorgt, und so, herrlich geschmückt, erreichte man das Karussell. Kaum daß es stand, kletterte Birgit hinein, Frau von Gehldorn mit sich ziehend und sie in einen buntglitzernden Wagen drängend. Die jungen Gatten nahmen dahinter Platz, und der Wirbel begann.

      Birgit hielt Frau Irene umklammert, die sich wiederum an dem Griff festhielt. Gleichfalls tat es Elonie mit ängstlichem Gesicht. Sie hatte gar nichts dagegen, daß der Gatte sie dicht zu sich heranzog. Sie schmiegte sich fest in seinen Arm mit dem Gefühl, daß ihr jetzt nichts mehr passieren könnte.

      Man blieb in dem Wirbel solange, bis selbst die unersättliche Itt genug hatte und Frau von Gehldorn auszusteigen bat. Als man wieder festen Boden unter den Füßen spürte, atmete man wie befreit auf.

      In einer Schaubude bewunderte man den dicksten Mann der Welt, machte in der Teufelsmühle den Ulk mit, besah sich die Figuren im Panoptikum und wollte sich im Irrgarten über die verzerrten Spiegelbilder kaputtlachen, wie auch alle anderen Besucher. Aus allen Ecken hörte man schallendes Gelächter.

      »Sind wir ein schönes Paar?« Diederich zeigte auf einen Spiegel, der ihn und Elonie Arm in Arm zurückwarf. Klein und kugelrund, die Vollmondsgesichter zu breitem Grinsen verzogen. »So sehen wir entschieden schöner aus. Also wollen wir uns zu dieser Fülle aufmästen.«

      »Wird gemacht«, nickte sie. »Gut genährt heißt gut gelaunt.«

      Mittlerweile war die Dämmerung hereingebrochen, doch auf dem Rummelplatz war es strahlend hell. Die vielen Lampen verströmten ihr Licht in allen Farben. Da auf einem Rummel erst abends der Hochbetrieb einsetzt, füllten sich die Gänge immer mehr. Es wogte nur so von Menschen, unter denen sich bestimmt auch üble Elemente befanden, die hauptsächlich die Weiblichkeit in unflätiger Weise anrempelten. Dem wollte Brendor die Seinen nicht aussetzen und mahnte daher zum Aufbruch, mit dem selbst Birgit einverstanden war. Mühsam schlängelte man sich durch die Menschenmasse, bis man endlich die Bude erreichte, wo die Maid hinter dem Röster ihnen vertraulich entgegenlächelte.

      Obwohl Hochbetrieb war, fertigte sie den Mann, der ihr doch so gut gefiel, sofort ab. Eifrig reichte sie ihm die Körbchen nebst dem Eimer hin und erhielt als Dank außer einer Packung Pralinen eines der Pfefferkuchenherzen, das er von seinem Hals löste und über den hübschen Mädchenkopf streifte.

      Er reichte den Seinen die ihnen zukommenden Schätze, schob Eimer nebst Korb über die Arme und ging unter dem Gelächter der Umstehenden stolz erhobenen Hauptes davon zur Garage, wo man sich müde in die Polster sinken ließ.

      Und mit dem Moment wurde aus dem übermütigen, jungenhaften Diederich wieder der seriöse Industrielle Brendor, der Gebieter über ein großes Werk.

      *

      Schade, daß die Hemmungen, die sich während der frohen Stunden zwischen den Gatten so erfreulich gelockert hatten, nun wieder da waren. Nun ja, alle Tage ist kein Sonntag. Die Sonntagslaune verflog, und die Alltagssorgen und -nöte machten sich geltend.

      Die hätte es zwischen diesen Eheleuten nun wahrlich nicht zu geben brauchen. Sie hatten viel Geld, ein luxuriöses Heim, Gesundheit, körperliche Schönheit, aber sie hatten törichte Herzen.

      Allein bei Birgit hielten diese frohen Stunden noch an.

      Glückselig saß die Kleine auf dem Teppich und sortierte eifrig. Rechts kamen die Süßigkeiten, links die reizenden Sächelchen wie kleine Püppchen, Teddys und anderes mehr. Und als später der abendliche Bericht an die Eltern kam, überschlug sich das Stimmchen vor freudiger Erregung. Wie alles, was alles, wie schön und so weiter. Der Gutenachtkuß für die Anwesenden fiel heute ganz besonders herzlich aus. Diederich bekam sogar zwei, weil er doch derjenige war, dem sie den schönen Nachmittag und die schönen Sachen zu verdanken hatte.

      Lange saß man an diesem Abend nicht mehr zusammen, da man von dem Wirbel ermüdet war. Als Elonie sich beim Gutenachtsagen bei dem Gatten für den netten Nachmittag bedankte, fühlte sie selbst, daß dieser Dank hätte weniger kühl ausfallen dürfen Aber es ging etwas so Unnahbares von ihm aus, daß sie fürchtete, ihn mit Herzlichkeit zu belästigen. Er war eben fertig mit ihr. Ließ die Ehe wohl nur bestehen, weil eine Scheidung in der Gesellschaft Staub aufwirbeln würde. Und er haßte nichts mehr, als im Blickfeld des Klatsches zu stehen.

      Hastig wandte sie sich ab und betrat ihr Schlafzimmer, wo ihr vom Tisch das buntbemalte Papier des Pfefferkuchenherzens entgegenleuchtete. Die schwarzen Buchstaben hoben sich kraß von der lustigen Buntheit ab, als wollten sie jeden Leser warnen.

      Elonie horchte auf, als nebenbei eine Melodie gepfiffen wurde, deren Text sie unwillkürlich mitsprach:

      »Du, du liegst mir am Herzen,

      du, du liegst mir im Sinn.

      Du, du machst mir viel

      Schmerzen, weißt nicht,

      wie gut ich dir bin.«

      Kommt ganz darauf an, wen du damit meinst, dachte Elonie erbittert. Bestimmt nicht mich!

      Ach, es hatte ja keinen Zweck, alles wieder in Herz und Hirn aufzuwühlen, was überwunden werden mußte. Es bestanden ja so viele Ehen, in denen der Mann eine Liebschaft hatte. Wenn die alle geschieden werden sollten, dann würde wohl nur ein kläglicher Rest übrigbleiben.

      As Elonie am nächsten Morgen erwachte, war der Himmel grau verhangen, und es regnete unentwegt.

      Aprilwetter!

      Nun, dagegen ließ sich nichts machen. Da mußte man eben warten, bis der unfreundliche Gesell vom Götterknaben Mai vertrieben werden würde. Mißmutig warf sie sich auf die andere Seite und schlief weiter. Das beste, was sie bei dem trostlosen Wetter tun konnte – und tun durfte. Denn daß in dem Hause alles in bester Ordnung war, dafür sorgte die Hausdame. Dem Hausherrn ging nichts ab, er wurde glänzend versorgt.

      So schlief sie denn, bis Birgit erschien und sie kurzerhand und schnell aus dem Bett holte.

      »Heraus aus den Federn, du Faulpelz! Wie kann man bloß bis in den Mittag hinein schlafen.«

      »Es ist längst noch nicht Mittag, mein Herzchen.« Die junge Frau streckte sich gähnend. »Hättest auch ruhig länger im Bett bleiben sollen. Der Tag wird dir ohnehin lang genug werden, da wir bei dem scheußlichen Wetter nichts unternehmen können.«

      »Man muß ja nicht immer etwas unternehmen«, wurde sie von der Kleinen belehrt. »Man kann sich auch zu Hause die Zeit vertreiben.«

      »Mach schon, daß du hinauskommst, du Gouvernante!« Elonie warf lachend ein Pantöffelchen nach ihr, das sie jedoch nicht traf, sondern den Kopf der Zofe, die sich durch den Türspalt schob, um zu erspähen, ob die Herrin noch immer nicht wach wäre. Das gab ein fröhliches Gelächter, von dem die Hausdame, die sich in ihrem Zimmer aufhielt, angelockt wurde.

      »Na, hier geht es ja fidel zu!« Auch sie steckte den Kopf durch den Türspalt.

      »Vorsicht, hier wird scharf geschossen!« rief Birgit ihr übermütig zu.

      »Nanu, wer ist denn so angriffslustig?«

      »Elo natürlich. Wer anders dürfte sich das schon erlauben, als die vergötterte Herrin des Hauses.«

      Geschickt wich sie dem nächsten Geschoß aus und entschwand gleich der Tante Irene lachend.

      Eine halbe Stunde später erschien Elonie zum verspäteten Frühstück, wo der Diener meldete, Herr Doktor hätte telefonisch durchgesagt, daß er dem Mitttagsmahl fernbleiben müßte, was Elonie gleichmütig hinnahm, denn es war ja nichts Neues.

      Da es unentwegt weiterregnete, mußte man auch am Nachmittag zu Hause bleiben. Aber das machte Birgit gar nichts aus, sie vertrieb sich schon die Zeit. Erschien in der Küche, wo die Köchin stets einen besonderen Leckerbissen für sie bereithielt, heftete sich der jungen Nanny an die Fersen, die doch so nett mit ihr herumalbern konnte, und beehrte selbst den würdigen Diener mit ihrer Anwesenheit, um ihm die Seele aus dem Leib zu fragen.

      Am Spätnachmittag setzte sie sich an den Flügel, um das zum besten zu geben, was sie


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