Leni Behrendt Staffel 2 – Liebesroman. Leni Behrendt
Satan macht. Sind wir uns einig, Frau Elonie?«
»Ja, Frau von Gehldorn. Was sind Sie doch für ein prächtiger Mensch! Wie froh bin ich, Sie im Hause zu haben.«
»Das war ein gutes Wort«, entgegnete die Dame leise. »Ein so gutes, daß ich nun gegen alle niederträchtigen Worte gefeit bin. Und jetzt werde ich ›Hurtig‹ in die Küche bringen und dort Anweisung geben, daß man ihn während der Invasion in den Wirtschaftsräumen behält. Dort ist er vor den Quälereien des herzigen Kindleins sicher. Denn sofern das reizende Wesen da auftauchen sollte, macht man grimmig von seinem Hausrecht Gebrauch.«
Sie nahm den Hund, brachte ihn hinaus, und als sie wieder erschien, lachte sie über das ganze Gesicht.
»Das Hausrecht ist bereits in Kraft getreten. Ich war gerade in der Küche, als das herzige Kindlein aufkreuzte.
Zur Begrüßung streckte es erst mal allen die Zunge raus, worauf Ottilie mit Vehemenz den Kochlöffel schwang. Ihr ›Rrraus!‹ klang so laut und drohend wie Kanonendonner. Dem hielt selbst die Frechheit der kleinen Kreatur nicht stand. Feige flüchtete sie und wird nun wohl der lieben Mami die Ohren vollplärren.«
»Wie recht hatten Sie doch, Frau von Gehldorn, als Sie gestern sagten, daß Kinder wie die Itte Fröhlichkeit ins Haus bringen. Es gibt aber auch welche, die ständigen Ärger verursachen. Zu ihnen gehört Viola. Ein schlechtes Kind.«
»Vielleicht ist sie gar nicht mal so schlecht«, meinte Irene. »Bei solch einer Erziehung kann selbst ein gutgeartetes Kind verdorben werden. Und später muß es dann auslöffeln, was die ›liebevolle‹ Mutter ihm einbrockte. Wenn Frau Norber das mit ansehen könnte, würde sie vor Entsetzen die Hände über dem Kopf zusammenschlagen.«
»Das glaube ich auch«, lachte Elonie. »Seht, da naht schon das Verderben!«
Das galt Viola, die eben nahte, einen Stock in der Hand, den sie drohend schwang.
»Ist der Hund da?« fragte sie in ihrer frechen Art.
»Nein«, gab Elonie Antwort. »Willst du ihn etwa schlagen?«
»Natürlich. Meine Mami sagt, ich darf das.«
»Hast du aber eine herzige Mami, du liebes Kindlein. Geh rasch wieder zu ihr, damit sich gleich zu gleich gesellt.«
»Sie hat mich runtergeschickt. Sie sagt, ich fall’ ihr auf die Nerven, die durch ihre Krankheit angegriffen sind. Dabei hat sie bloß ein bißchen Schnupfen und könnte ruhig aufstehen. Sie stellt sich nämlich bloß krank an.«
»Liebevolle Tochter«, bemerkte Frau Irene. »Wir wären dir sehr verbunden, wenn du uns von deiner holden Gegenwart befreien würdest.«
»Na, Sie haben hier doch gar nichts zu sagen. Sie sind doch bloß…«
»Jetzt aber raus!« unterbrach Elonie sie so drohend, daß die Angst über die Frechheit siegte. Schleunigst zog das unglaubliche Gör ab und ließ sich nicht mehr blicken. Erst an der Mittagstafel tauchte sie auf, wo sie dem Hausherrn klagte, wie häßlich man zu ihr wäre. Doch zu ihrer Enttäuschung fand sie auch hier keinen Beistand.
»Du wirst dich danach betragen haben«, war die Antwort auf ihre Klage. »Willst du etwa mit uns essen?«
»Natürlich.«
»Na du, so natürlich ist das nicht. Denn wie ich gestern beobachtet habe, verstehst du dich nicht zu benehmen. Und ich möchte bei Tisch meine Ruhe haben.«
Diese Ruhe wurde ihm jedoch nicht zuteil. Es war Viola eben unmöglich, manierlich zu sein. Und als sie dem Diener gar ein Glas Milch aus der Hand schlug, ging dem Hausherrn sozusagen der Hut hoch. Ein Zustand, der sich bei ihm nicht wie bei den meisten Menschen geräuschvoll bemerkbar machte, sondern durch eiskalte Gelassenheit, die im Werk gefürchtet war. Was Wunder, wenn einem Kind dabei angst und bange werden mußte, und wenn es da noch so frech und dreist war. Ehe man sich so recht versah, war Viola verschwunden und man konnte ohne unliebsame Zwischenfälle die Mahlzeit beenden.
Als man dann wie gewöhnlich nach Essen in dem lauschigen Stübchen den Mokka einnahm, fragte Frau Brendor die Hausdame nach dem Ergehen Frau Isbecks.
»Obwohl ihr Zustand durchaus nicht besorgniserregend scheint, wäre es gut, einen Arzt zu konsultieren«, sagte sie vorsichtig. »Dann kann man wenigstens beruhigt sein, nichts versäumt zu haben.«
»Da haben Sie recht, Frau von Gehldorn. Also werde ich morgen unseren guten Onkel Doktor herbitten.«
Dieser erschien dann auch am Vormittag und wurde von der Hausdame zu der Erkrankten geführt, die nichts von seinem Kommen wußte. Frau Irene hatte sie absichtlich nicht davon unterrichtet, weil sie ahnte, daß die gerissene Livia sich gegen den Besuch eines Arztes sträuben würde, weil ihr nichts fehlte. Also mußte sie vor die vollendete Tatsache gestellt werden.
Als man vor der Tür stand, flüsterte Irene dem Arzt mit unterdrücktem Lachen zu:
»Auf in den Kampf! Wenn meine Kräfte erschlaffen sollten, kommen Sie mir bitte zu Hilfe, Doktorchen.«
»Ich glaube im Bilde zu sein«, sagte der schmunzelnd. »Keine Sorge, mein Fell ist dick, und meine Geduld ist lang.«
Frau von Gehldorn klopfte, trat ein und ließ einen Spalt die Tür offen, damit der Arzt hindurchlugen konnte. Und was er da sah, ließ ihn noch mehr schmunzeln. Wohlig rekelte sich die »Kranke« im Bett, aus einer großen Packung genüßlich Pralinen naschend. Abwechselnd verschwand so eine Köstlichkeit in ihrem Mund und in dem des herzigen Kindleins, das auf dem Bettrand saß.
»Was erlauben Sie sich, so ohne weiteres hier hereinzuplatzen!« wurde die Eintretende angefahren. »Können Sie nicht klopfen?«
»Ich habe geklopft.«
»Glaube ich nicht. Na, ist ja egal. Was wollen Sie?«
»Melden, daß der Arzt hier ist, um Sie zu untersuchen.«
»Was?« Die Leidende schnellte wie ein Gummiball hoch. »Ein Arzt? Sind Sie verrückt geworden?«
»Nicht, daß ich wüßte.«
»Frech wollen Sie auch noch werden? Wer gibt Ihnen das Recht, mir einen Arzt aufzudrängen, Sie – Sie Angestellte!«
»Das hat der Hausherr getan, nicht ich als Angestellte. Er hat eben den Arzt gerufen und hergebeten.«
»Was?« Nun wurde das wutverzerrte Gesicht lang. »Das ist denn etwas anderes.«
»Es ist immer etwas anderes, wenn zwei dasselbe tun«, sagte der Arzt und trat gemütlich ein. »Guten Tag, Gnädigste. Verarzte hier alles, was zwei Beine hat. Wo fehlt’s denn, hm?«
Und schon hub ein Klagen an, das der Mann sich mit stoischer Ruhe anhörte. Als die Stimme ermattet schwieg, sagte der gute Arzt und Menschenkenner:
»Also durch und durch krank. Da kann nur noch das Krankenhaus helfen – vielleicht.«
»Herr Doktor, machen Sie mich nicht unglücklich! Ich habe ein Kind!«
»Aber Gnädigste, dafür kann ich doch nichts«, verteidigte er sich entrüstet, dabei Frau Irene einen verschmitzten Blick zuwerfend, der sie fast um ihre Beherrschung brachte. Schleunigst enteilte sie und trat lachend in das Wohnzimmer, um Elonie Bericht zu erstatten. Und dann lachten sie ein fröhliches Duett, das den eintretenden Arzt schmunzeln ließ.
»Recht so, meine Damen, lachen ist gesund. Nur ich hatte da oben nichts zu lachen. Mußte mich höllisch gegen das Netz wehren, in das mich die verführerische Schöne verstricken wollte. Doch ich ging als Sieger hervor, jawohl!«
»Das muß belohnt werden.« Elonie erhob sich und rollte die Bar herbei. Ermunterte den Mann, sich zu bedienen, was er mit Vergnügen tat.
»Sie ist gar nicht so, die Gnädige«, erklärte er nach einem langen Zug aus dem Glase. »Ließ ganz gut mit sich handeln. Krankheit für Krankheit handelte ich ihr ab, so daß nur noch ein harmloser Schnupfen übrigblieb. Sie will morgen sogar aufstehen.«
»Und welche