Das tödliche Spiel. Stefan Bouxsein

Das tödliche Spiel - Stefan  Bouxsein


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      Sarah Fischer zuckte mit den Schultern. »Beate hat es gelesen. Leider. Danach war sie erst zu Tode betrübt, dann unheimlich wütend und anschließend depressiv.«

      Sarah Fischer entzündete eine Duftkerze und Siebels verkniff sich die Frage, die ihm auf der Zunge gelegen hatte. Zigarettenrauch war hier anscheinend nicht so gefragt, vermutete er und betrachtete sich wieder das Buch. »Verlag Anton Hubertus Möllenbeck«, las er von der Rückseite des Hardcovers ab. »Ist das ein bekannter Verlag?«

      »Ich habe noch nie davon gehört«, sagte Sarah Fischer achselzuckend.

      »Wissen Sie, wo wir diesen Herrn von Mahlenburg finden können?«

      »Wahrscheinlich im Bett einer dummen Frau«, sagte Sarah Fischer spöttisch.

      Till hätte fast gesagt, dass er dann vielleicht im Bett seiner ehemaligen wilden Simone zu finden wäre, riss sich aber am Riemen.

      Siebels hielt weiter das Buch nachdenklich in den Händen. »Das hat draußen auf dem Tisch gelegen? Glauben Sie, dass Frau Sydow es dort hingelegt hat, bevor sie in den Pool gegangen ist?«

      »Das glaube ich nicht. Das hier ist nicht das Buch, das Beate bekommen hat. Das habe ich nämlich vor ihren Augen verbrannt, weil ich ihre Jammerei darüber nicht mehr hören konnte.«

      »Vielleicht hat sie sich ein Neues gekauft?«, mutmaßte Till.

      Sarah Fischer trank nachdenklich ihren Kaffee. »Das wäre möglich. Aber ich wüsste nicht, warum es draußen auf dem Tisch gelegen haben soll, als sie im Pool ihr Leben verlor.« Bei den letzten Worten begann Sarah Fischer laut zu schluchzen. Bis dahin hatte sie sich im Griff gehabt, nun heulte sie ohne Scheu.

      »Sollen wir das Gespräch ein andermal fortsetzen?«, fragte Siebels behutsam und legte ihr seine Hand tröstend auf den Arm.

      »Nein, es geht schon wieder. Ich kann mir das ja auch alles nicht erklären. Irgendjemand muss Beate abgrundtief gehasst haben und das Buch ist eigentlich keine Erklärung dafür.«

      »Vielleicht ist es ja nur ein dummer Zufall, dass das Buch ausgerechnet heute dort lag. Vielleicht hat sie sich wirklich ein Neues gekauft, gestern Abend noch darin gelesen und es dann auf dem Tisch liegen gelassen.«

      »Ja, vielleicht«, schluchzte Sarah Fischer.

      »Mit wie vielen Frauengeschichten prahlt dieser von Mahlenburg in seinem Buch?«, fragte Till.

      Sarah Fischer schaute ihn mit großen Augen an. »Glauben Sie, die sind auch in Gefahr?«

      »Wir werden wohl oder übel mit ihnen sprechen müssen. Aber noch sehe ich keinen Zusammenhang zwischen dem Buch und dem Mord an Ihrer Freundin.«

      Sarah Fischer nickte und wischte sich die Tränen aus den Augen. Sie nahm Siebels das Buch aus der Hand und blätterte darin. »Beate war das erste Kapitel gewidmet. Weder Beate noch die anderen Frauen sind mit vollem Namen erwähnt. Daher dürfte es schwierig sein, sie ausfindig zu machen. Da werden Sie schon Herrn von Mahlenburg persönlich um Auskunft bitten müssen. Außer Beate hat er noch eine Hanni, eine Betti und eine Kati in seinen Anekdoten verarbeitet. Ich nehme an, dass diese Namen die Kurzform für ihre richtigen Vornamen sind. Nachnamen hat er keine erwähnt.«

      »Was können Sie mir über Nadja sagen?«, fragte Siebels. Till las gerade die ersten Seiten des Buches und war nun auch neugierig auf Nadja geworden.

      »Nadja ist die Tochter aus erster Ehe von Beates verstorbenem Mann. Ihre Mutter starb an Krebs, als Nadja sieben Jahre alt war. Beate war die Personalleiterin in der Firma von Nadjas Vater. Jürgen Sydow hat vierzehn Jahre später Beate geheiratet. Zuvor hatten die beiden schon einige Jahre lang mehr oder weniger eine heimliche Affäre. In der Firma wusste niemand davon. Nadja studierte schon, als ihr Vater sich offiziell zu Beate bekannte und sie heiratete. Beate und Nadja wurden nie richtig warm miteinander. Aber es herrschte auch kein Krieg zwischen ihnen. Nadja ist eine merkwürdige junge Frau. Sie ist hochbegabt, müssen Sie wissen. Sie hatte in der Schule nur hervorragende Noten. Im nächsten Jahr will sie ihr Studium beenden. Psychologie. Ihr menschliches Verhalten ist allerdings etwas sonderbar. Sie können es ja nachlesen. Herr von Mahlenburg hat sie schon ganz gut beschrieben. Vielleicht liegt es auch daran, dass so durchschnittlich begabte Menschen wie Beate oder ich nicht interessant genug sind für Menschen wie Nadja.«

      »Wo liegen denn ihre Stärken?«, wollte Siebels wissen.

      »Oh, fragen Sie mich lieber, wo ihre Schwächen liegen. Die liegen im zwischenmenschlichen Bereich, wie ich bereits sagte. Ihre Stärken sind schon bewundernswert. Sie spricht fließend englisch, französisch spanisch und russisch, spielt hervorragend Klavier und hat schon als Fünfjährige alle Freunde ihres Vaters im Schach geschlagen. Sie ist mit fünfzehn zum ersten Mal alleine in die Oper gegangen und wurde mit sechszehn erwischt, als sie einen Joint auf der Schultoilette geraucht hat.«

      »Sie wissen aber einiges von ihr.«

      »Beate hat viel von ihr erzählt. Sie war schon ein wenig stolz auf dieses Wunderkind, auch wenn sich die beiden nicht so nahe waren und Beate sie auch erst kennen gelernt hat, als Nadja schon auf der Uni war.«

      »Ich muss mal kurz telefonieren«, sagte Siebels und wollte das auf der Terrasse erledigen.

      »Er muss mal eine rauchen«, erklärte Till, als Siebels die Küche verlassen hatte.

      Auf der Terrasse zündete sich Siebels eine Zigarette an, telefonierte aber auch. Er rief im Präsidium bei Charly an. »Hey Charly, ich brauche mal deine Unterstützung.«

      »Dann hast du bestimmt wieder einen heiklen Fall an Land gezogen«, seufzte Charly.

      »Bis jetzt ist es noch ein ganz normaler Routinefall. Ich benötige nur ein oder zwei Adressen und Telefonnummern.«

      »Schieß los.«

      »Philipp von Mahlenburg und außerdem ein Verlag Anton Hubertus Möllenbeck.«

      »Ich rufe gleich zurück.«

      Siebels steckte sein Handy wieder ein und zog genussvoll an seiner Zigarette. Dabei dachte er an seinen ernsten Vorsatz, das Rauchen aufzugeben.

      Zwei Männer von der Spurensicherung kamen auf die Terrasse. »Wir sind dann fertig«, sagte einer von ihnen zu Siebels. »Gefunden haben wir eigentlich nichts. Keine Einbruchsspuren, keine Kampfspuren im Haus. Fingerabdrücke haben wir einige abgenommen, außerdem ein paar Haarproben, die gehen umgehend ins Labor. Auch auf dem Grundstück haben wir nichts von Interesse gefunden.«

      »Okay, dann könnt ihr euch aus dem Staub machen. Wir sehen uns.«

      »Viel Erfolg«, wünschte der Mann von der Spurensicherung und verschwand mit seinem Kollegen, den Siebels vorher noch nicht gesehen hatte.

      Als die beiden fort waren, kamen Till und Sarah Fischer auf die Terrasse. »Versuchen Sie es mal mit Hypnose«, sagte Sarah Fischer.

      Siebels sah sie fragend an.

      »Ihre Nikotinsucht können Sie mit Hypnose loswerden.«

      »Keine Chance«, sagte Till. »Ich versuche schon seit Jahren, ihn dahingehend zu hypnotisieren. Der wird eher schwul, als dass er mit dem Rauchen aufhört.«

      Ein böser Blick von Siebels und Till verstummte. »Was hat Nadja eigentlich von ihrem Vater geerbt, wenn Frau Sydow das Haus und ein beachtliches Vermögen bekam?«

      »Nadja ist versorgt. Ein Treuhänder kümmert sich um ihre finanziellen Angelegenheiten. Wenn sie ihr Studium beendet hat, kann sie über ihr Erbteil frei verfügen. Das war der Wille ihres Vaters. Wie viel das sein wird und wie das genau geregelt ist, kann ich Ihnen aber nicht sagen.«

      »Und wer kann mir das sagen?«

      »Dr. Ritter. Er ist der Anwalt und Vermögensverwalter der Familie. Seine Anschrift müsste bei den Unterlagen in Beates Arbeitszimmer zu finden sein. Soll ich mal nachsehen?«

      »Ja bitte. Woran ist Herr Sydow eigentlich gestorben?«

      »Herzinfarkt. Den hat er vor drei Jahren


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