Das tödliche Spiel. Stefan Bouxsein

Das tödliche Spiel - Stefan  Bouxsein


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fassungslos.

      »Das war Charly«, sagte Siebels freudestrahlend, als er im Takt dazu wippte. Charly war dann auch dran, als Siebels das Gespräch entgegennahm.

      »Philipp von Mahlenburg gibt es nicht«, sagte Charly. »Aber deinen Verlag. Der ist in der Innenstadt, in der Stiftstraße, gleich am Eschenheimer Tor. Anton Hubertus Möllenbeck ist übrigens der alleinige Inhaber.«

      »Alles klar, Charly. Danke dir. Till ist übrigens ganz scharf auf den Biene Maja Song.«

      »Das ist so peinlich«, rief Till dazwischen.

      Charly lachte und beendete das Gespräch.

      »Wer hat dich eigentlich gefragt?«, fragte Siebels.

      »Niemand. Sonst hättest du ja jetzt einen vernünftigen Klingelton.«

      »Ja, ja. Wahrscheinlich das Brunftgeschrei eines liebestollen Hirsches, der sich beim Kamasutra das Geweih gebrochen hat.«

      »Wer hat sich das Geweih gebrochen?« Sarah Fischer stand hinter den beiden und hielt einen Brief in der Hand.

      »Ach, das war intern«, wiegelte Siebels ab.

      »Auch gut. Hier ist ein Brief von Dr. Ritter. Sein Büro ist in Bad Homburg, die Adresse steht drauf. Den Brief können Sie mitnehmen, ich habe ihn kopiert.«

      3

      Der Verlag Anton Hubertus Möllenbeck befand sich im zweiten Stockwerk eines Wohn- und Geschäftshauses. Siebels und Till landeten an einem Empfangstresen, hinter dem eine telefonierende Frau den beiden zuzwinkerte und mit einer Handbewegung andeutete, dass sie gleich zur Verfügung stehen würde. Das Namensschild auf dem Tresen wies sie als Maja Mertens aus. Siebels verschaffte sich derweil einen Überblick über die Räumlichkeiten. Hinter dem Empfangsraum schien es nur noch zwei Büros zu geben, mehr Räume waren vom Empfang aus jedenfalls nicht auszumachen. Till betrachtete sich Maja Mertens. Glatte schwarze lange Haare mit einem Pony im Cleopatra-Schnitt, dunkelbraune Augen, roter Lippenstift auf fülligen Lippen und eine rauchige Stimme verliehen der Frau eine exotische Ausstrahlung. Während sie mit Engelszungen auf ihren Gesprächspartner einredete, zündete sie sich eine Zigarette an und schenkte Till ein Lächeln. Till lächelte zurück und hörte ihr beim Telefonieren zu.

      »Sie müssen Geduld haben, Herr Jakob. So ein Projekt braucht Zeit. Vielleicht sollten Sie Ihre Werbeaktivitäten auch noch mal verstärken.«

      Maja Mertens verdrehte genervt ihre Augen und hörte sich geduldig die Meinung von Herrn Jakob an. »Nein, Herr Jakob. Wir haben alles getan, was von unserer Seite möglich war. Ja, Herr Jakob. Aber natürlich, Herr Jakob. Herr Jakob, ich habe gerade Besuch bekommen. Ich rufe Sie später zurück.« Ohne auf eine Antwort zu warten, knallte Maja Mertens den Hörer auf den Apparat. »So, jetzt bin ich für Sie da«, sagte sie zu Till. »Was kann ich für Sie tun?«

      »Wir kommen wegen einem Buch«, sagte Siebels.

      »Dann sind Sie bei uns ja genau richtig. Haben Sie ein Manuskript dabei, das wir uns mal ansehen dürfen?«

      »Wie gesagt, es geht um ein Buch, nicht um ein Manuskript.«

      »Ihr Verlag hat es schon verlegt«, ergänzte Till.

      Maja Mertens musterte die beiden einen Moment. »Sie sind aber noch keine Autoren in unserem Verlag, oder?«

      Siebels zeigte ihr seinen Ausweis. »Kriminalpolizei. Mein Name ist Siebels.« Siebels deutete auf Till. »Mein Kollege Krüger.«

      »Maja Mertens«, sagte Maja Mertens. »Was führt denn die Kriminalpolizei zu uns?«

      »Ein Buch«, sagte Till und konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen.

      »Wir würden gerne den Verlagsleiter sprechen«, sagte Siebels. »Ist Herr Möllenbeck im Haus?«

      »Herr Möllenbeck ist noch zu Tisch.« Maja Mertens schaute auf die Uhr. »Er müsste aber jeden Moment zurück sein. Ich bin seine rechte Hand. Kann ich Ihnen auch behilflich sein, bis Herr Möllenbeck wieder im Haus ist?«

      Siebels zog das Buch aus seiner Tasche und legte es auf den Tresen.

      »Ah, die Anekdoten des Philipp von Mahlenburg. Warum interessiert sich die Polizei für so ein Buch?«

      »Wir interessieren uns in erster Linie für den Autor. Leider konnten wir keinen Herrn von Mahlenburg ausfindig machen. Handelt es sich um ein Pseudonym?«

      Maja Mertens schaute die beiden misstrauisch an. »Verraten Sie mir, was Sie von Herrn von Mahlenburg möchten?«

      »Wir haben einige Fragen an ihn. Wir sind von der Mordkommission.«

      »Mordkommission? Was ist denn passiert?«

      »Jemand wurde ermordet«, sagte Siebels lapidar. »Können Sie uns nun sagen, wo wir den Autor finden können?«

      In diesem Moment öffnete sich die Tür und ein kleiner weißhaariger Herr betrat den Raum. »Oh«, sagte er. »Neue Nachwuchsautoren in den heiligen Hallen des Möllenbeck Verlags? Darf ich mich vorstellen, Anton Hubertus Möllenbeck.« Möllenbeck tänzelte um Siebels und Till herum und sprühte nur so vor Energie. Er war bestimmt schon über sechzig, aber noch voller Elan.

      »Die Herren sind von der Kriminalpolizei. Genauer gesagt, von der Mordkommission«, klärte Maja Mertens ihn auf.

      Möllenbecks Gesichtszüge froren auf der Stelle ein. Er musterte seine Besucher von Kopf bis Fuß und schaute dann fragend zu seiner rechten Hand, der Kopie von Cleopatra. Bevor die aber noch etwas sagen konnte, kehrte das Lächeln wieder in Möllenbecks Gesicht zurück. »Sie haben Ihre Lebenserfahrungen niedergeschrieben«, platzte es aus ihm heraus. »Sie haben sich den Frust von der Seele geschrieben. Kriminalfälle aus erster Hand, Insiderwissen, nächtelange Observierungen und verkrustete Staatsanwälte haben Sie zu diesem Schritt veranlasst. Jetzt brauchen Sie nur noch einen Verleger, einen, der Ihr Lebenswerk zum Leben erweckt und ein Buch daraus macht.« Möllenbeck hielt inne und schaute seine Besucher mit großen Augen an.

      »Es geht um Frauengeschichten«, sagte Till.

      »Ermordete Prostituierte«, platzte Möllenbeck heraus. »Wunderbar. Mit der Nitribitt hat es angefangen. Und jetzt kommen Sie und erzählen der Welt, wie tief der Sumpf tatsächlich ist.«

      »Jetzt halten Sie mal die Luft an«, sagte Siebels.

      »Es geht um die Anekdoten des Philipp von Mahlenburg«, warf Maja Mertens nun ein.

      »Ach so«, sagte Möllenbeck kleinlaut. »Da liegt es ja. Was ist denn damit?«

      »Wir suchen den Autor. Sie werden doch bestimmt seine Adresse und seine Telefonnummer haben.«

      »Ja, natürlich. Hat er jemanden ermordet?«

      »Wir möchten den Autor dieses Buches als Zeugen vernehmen, das ist alles.«

      »Dann kommen Sie mal mit in mein Büro.«

      Möllenbeck führte die beiden in eines der beiden Zimmer. »Wer arbeitet denn in dem anderen Zimmer?«, fragte Till.

      Möllenbeck schaute Till traurig an. »Da arbeitet niemand. Da stapeln wir die Manuskripte, die uns tagtäglich erreichen.«

      Auch in Möllenbecks Zimmer stapelten sich Berge von bedrucktem Papier. Sie türmten sich auf seinem Schreibtisch und waren zu grotesken Papierpyramiden auf dem Fußboden angesiedelt. Hinter Möllenbecks Schreibtisch stand ein vollgestopftes Buchregal. Möllenbeck ließ einen veralteten Computer hochfahren und seufzte theatralisch. »Herr von Mahlenburg ist so ein adretter Herr. Ich hoffe doch sehr, dass er jetzt nicht in Schwierigkeiten geraten ist.«

      »Wie viele Bücher wurden von seinem Werk denn gedruckt?«, wollte Siebels wissen.

      »5.000«, schoss es aus Möllenbeck heraus.

      »Und wie viele Bücher wurden bereits verkauft?«

      »Einen Moment bitte, mein Computer ist nicht der schnellste.


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