Das tödliche Spiel. Stefan Bouxsein

Das tödliche Spiel - Stefan  Bouxsein


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wurden verkauft. Die hat alle Herr von Mahlenburg gekauft.«

      Siebels schaute ungläubig zu Till und Till zuckte mit den Schultern.

      »Klingt nicht nach einem großen Erfolg«, sagte Till.

      »Ich habe ihm zu einer Startauflage von 500 geraten. Aber Herr von Mahlenburg war sich ganz sicher. 5.000 sollten es für den Anfang sein. Was soll ich machen? Der Kunde ist König und Herr von Mahlenburg hat seine 5.000 Bücher umgehend bezahlt.«

      »Wieso hat Herr von Mahlenburg die 5.000 Bücher bezahlt?«, fragte Siebels. »Ich dachte, er hat 10 Stück gekauft.«

      »Er hat die Herstellungskosten für die 5.000 Stück bezahlt. Als Verleger von unbekannten Autoren kann ich natürlich nicht das wirtschaftliche Risiko übernehmen. Schon gar nicht, wenn ein Autor mit einer Startauflage von 5.000 Stück loslegen will. Nein, nein. Wir lassen die Bücher drucken, kümmern uns um die administrativen Dinge und stehen den Autoren mit Rat und Tat zur Seite. Mehr können wir leider nicht machen. Schon gar nicht finanzieren.«

      Siebels schaute sich die Papierberge um ihn herum an. »Und wo lagern Sie diese Bücher?«

      »In unserem Buchlager. Das sind drei große Hallen, voll mit Büchern.«

      »In Frankfurt?«

      »Nein, nein, das wäre ja unbezahlbar. Unsere Lagerhallen stehen seit einem Jahr in Rumänien. Zuvor standen sie in Polen. Aber in Rumänien ist der Grund und Boden doch um einiges günstiger. Und die Lohnkosten sind dort auch sehr moderat. Wir haben dort einen Lagerleiter beschäftigt.«

      »Es ist also eher unwahrscheinlich, dass außer den 10 Büchern, die Herr von Mahlenburg gekauft hat, noch andere Exemplare in Umlauf gekommen sind?«

      »Das ist ganz unmöglich. Die restlichen 4.990 Stück lagern auf Lagerplatz 2A11 in Rumänien. Wenn Sie Wert darauf legen, lasse ich eine Bestandsaufnahme vor Ort machen.«

      »Das wäre sehr hilfreich, ja.«

      »Ich schreibe Igor gleich eine E-Mail«, zeigte sich Möllenbeck kooperativ. »Igor ist unser Lagerleiter.«

      »Welche Aufgaben hat denn Frau Mertens?«, wollte Till wissen.

      »Oh, Frau Mertens ist in erster Linie für die Betreuung unserer Autoren zuständig. Das sind ja alles Künstler, müssen Sie wissen. Und des Künstlers Seele ist zart besaitet.«

      »Und wer liest all das?«, fragte Siebels und deutete auf die Papierberge, die sich überall auftürmten.

      »Tja, wer liest das? Wer will das schon lesen? Ich verschaffe mir nur einen Überblick über Umfang und Thema des Werkes und mache dem Autor dann ein unverbindliches Angebot.«

      »Sie drucken also nur Bücher, die niemand liest«, resümierte Siebels.

      »So kann man das nicht sagen.« Möllenbeck drehte sich herum und zog ein Buch aus dem Regal. »Dieses gute Stück hier ist bereits in der fünften Auflage. Kamasutra in allen Lebenslagen.« Der Titel prangte in dicken roten Buchstaben auf dem Buch.

      »Die Technik der Liebe in höchster Perfektion«, las Siebels den Untertitel vor. »Das ist wirklich ein erfolgreiches Buch, davon habe ich schon viel gehört«, sagte Siebels und grinste vielsagend. Es handelte sich eindeutig um das Buch, dessen Inhalt für Till zum Beziehungsdesaster mit der wilden Simone wurde.

      »Davon habe ich noch nie was gehört«, sagte Till und saß mit verschränkten Armen und versteinerter Miene auf seinem Stuhl.

      »Wissen Sie was«, sagte Möllenbeck mit freudestrahlenden Augen. »Ich schenke Ihnen dieses Exemplar.« Kaum hatte er es ausgesprochen, drückte er es Till auch schon in die Hände.

      »Die Adresse von Herrn von Mahlenburg benötigen wir noch«, kam Siebels wieder auf den Grund seines Besuches zurück.

      »Na ja, eigentlich heißt er Jens Schäfer«, gab Möllenbeck etwas kleinlaut zu. »Er wohnt in Bornheim, im Sandweg. Ich drucke Ihnen die Adresse aus. Wie kommen Sie eigentlich zu seinem Buch?«

      »Wir haben es bei einem Mordopfer gefunden«, verriet Siebels.

      »Ach du meine Güte.« Möllenbeck kratzte sich am Kopf. »Und jetzt glauben Sie, er hat was mit einem Mord zu tun?«

      »Wir glauben gar nichts. Wir ermitteln. Haben Sie das Buch von Herrn von Mahlenburg alias Herrn Schäfer mal gelesen?«

      »Wie gesagt, ich habe es überflogen, bevor wir es in Druck gegeben haben. Die Grammatik war so weit ja ganz in Ordnung. Der Inhalt, na ja. Der gute Mann hält sich wohl für den Casanova der Neuzeit.«

      »Wie war denn Ihr Eindruck von ihm? So als Mensch? Neigte er dazu, aggressiv zu werden?«

      »Oh nein, ganz im Gegenteil. Er hat seine Rolle als Frauenverehrer auch in meiner Gegenwart immer vorzüglich gespielt. Übertrieben hat er es allerdings. So richtig ernst nehmen konnte man ihn nicht.«

      »Na dann werden wir ihm mal einen Besuch abstatten«, beendete Siebels das Gespräch. Die beiden verließen Möllenbecks Papierfriedhof, jeder mit einem Buch in den Händen. Maja Mertens kam ihnen im Vorraum entgegen. »Sie möchten sich weiterbilden?«, fragte sie Till und zeigte verschmitzt lächelnd auf sein Kamasutra-Buch.

      »Das ist der Bestseller im Möllenbeck Verlag«, erwiderte Till mit viel Skepsis in der Stimme.

      »Ich weiß, ich habe es geschrieben«, hauchte Maja Mertens ihm zu und öffnete die Tür nach draußen.

      Unten auf der Straße zündete sich Siebels eine Zigarette an. Till starrte auf sein neues Buch, das er schon so gut kannte. Tatsächlich stand Maja Mertens als Autorin darauf. »Sie hat es geschrieben«, sagte Till fassungslos.

      »Rechtsanwalt oder Casanova?«, fragte Siebels.

      »Was?«

      »Einer von uns beiden fährt zum Anwalt der Familie Sydow. Ich will wissen, in welchen finanziellen Verhältnissen die Stieftochter von unserem Mordopfer lebt. Und einer besucht Philipp von Mahlenburg, alias Jens Schäfer, unseren Casanova.«

      »Meinst du, ich könnte das Buch Frau Lehmkuhl schenken? So ganz unverfänglich? Als kleines Dankeschön für ihre gute Unterstützung?«

      Siebels schaute Till ungläubig an. »Tu das nicht«, sagte er leise, aber sehr bestimmt.

      »Ich denke noch mal drüber nach, vielleicht bietet sich ja mal eine Gelegenheit.«

      »Ich fahre zu dem Anwalt, du nimmst dir ein Taxi und fährst zu Casanova. Ich rufe dich später an.«

      Till nickte und betrachtete sein neues Buch. »Kannst du das mitnehmen? Ich hole es mir dann morgen früh aus dem Auto.«

      »Wird wohl besser sein. Wenn du damit bei Casanova auftauchst, verbündet ihr euch am Ende noch. Du nimmst aber das hier mit.« Siebels hielt ihm die Anekdoten des Philipp von Mahlenburg hin. Die beiden tauschten ihre Bücher aus und liefen entschlossen in entgegengesetzten Richtungen davon.

       Als ich vor einigen Wochen diesen eingebildeten Pfau getroffen habe, wusste ich sofort, dass er der perfekte Mann für meinen Plan ist. Als Mann kann man ihn zwar nicht unbedingt bezeichnen, eher als dreibeiniges Exemplar einer unterentwickelten Spezies, trotzdem gehörte ihm aber meine ganze Aufmerksamkeit. Die biedere Beate Sydow war auf ihn hereingefallen, hatte in ihm den perfekten Liebhaber gesehen. Aber ich musste mich persönlich davon überzeugen. Mit List verschaffte ich mir nächtlichen Zugang ins Haus, als die beiden schon im Bett zugange waren. Ihr Gestöhne hallte im ganzen Haus. Natürlich musste ich einen Blick wagen, die Schlafzimmertür stand einen Spalt weit offen. Sie wand sich hemmungslos im Bett, so viel Leidenschaft hätte ich ihr niemals zugetraut. Ich bekam endlich eine leise Ahnung, warum er sie damals ehelichte. Jetzt lag der eitle Pfau auf ihr, doch anstatt es ihr ordentlich zu besorgen, blickte er ständig zu dem Spiegelschrank neben dem Bett. Es war sein eigener Anblick, der ihn antörnte, das stöhnende Miststück unter ihm benutzte er als


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