Karin Bucha Staffel 1 – Liebesroman. Karin Bucha
atmete tief und erregt.
»Sie waren bei Detlef Sprenger?« fragte er heiser vor Erregung. »Dann läßt sich meine Mutter gewiß von einem unseligen Verdacht leiten. Glauben Sie mir, der Verdacht ist irrsinnig, eine gemeine Lüge…«
»Kennen Sie Detlef Sprenger?«
Nikolaus ballte die Hand.
»Bis jetzt kenne ich den Burschen nicht, aber er soll mir unter die Augen kommen!«
Helmuths Sympathie für Nikolaus Eckhardt stieg von Minute zu Minute.
»Ich kann auch nicht gerade sagen, daß dieser Mann sehr angenehm ist. Er hat zugegeben, daß er Frau Petra Eckhardt liebt, daß es ihm einzig und allein um die Frau geht. Ich glaube, er wäre zu allem fähig, um sein Ziel zu erreichen.«
Detlef Sprenger liebt Petra, überlegte Nikolaus verstört – und Petra?
Mein Gott! Ein Verdacht drängte sich ihm auf, ein schrecklicher Verdacht – aber nein! Petra würde nie…
»Was ist Ihre Meinung?« wandte er sich dem jungen Anwalt zu.
»Ich glaube, der Mann schwört auch einen Meineid, wenn er damit sein Ziel erreichen kann«, kam ohne Zögern Helmuths Antwort.
Auf einmal ging ein Leuchten über Nikolaus’ Züge. Rasch kam er auf ihn zu und streckte ihm die Hand entgegen.
»Sie nehmen mir eine Zentnerlast vom Herzen. Ich glaube, Sie zu verstehen. Und ich glaube nicht, was der Mann da behauptet hat. Einen Augenblick… ich lasse meine Schwägerin rufen. Bis jetzt habe ich sie schonen wollen, weil sie durch den Tod ihres Mannes schon genug gelitten hat. Ich sehe aber keinen anderen Ausweg mehr, als Petra einzuweihen.«
Er erhob sich, klingelte und bat den eintretenden Johannes:
»Rufen Sie Frau Petra Eckhardt, bitte!«
Johannes schlurfte davon. Er fühlte, daß hier etwas im Gang war, das die Ruhe des Hauses gefährden konnte.
Die beiden Männer blieben schweigsam zurück. Auf Nikolaus’ Brust lastete ein schwerer Druck.
Wie wunderschön, wie einfach könnte alles sein. Aber das war die große Gefahr: Sprenger!
Detlef Sprenger wollte Petra für sich gewinnen. Vielleicht hatte er es überhaupt darauf angelegt, Petra in Not und Sorgen zu bringen, um als Wohltäter auftreten zu können.
Man mußte hören, was sie dazu sagte. Sie mußte wissen, was sich über ihrem Haupt zusammenzuziehen drohte.
Da stand sie schon im Zimmer, groß und schmal, ein stilles Leuchten in den hellen Augen, die sofort einen ängstlichen Ausdruck annahmen, als sie neben Nikolaus den fremden Mann gewahrte.
»Du hast mich rufen lassen?«
»Bitte, setz dich, Petra.«
Benommen ließ sie sich nieder.
Nikolaus wies auf Helmuth, der sich erhoben hatte, Petra mit einer höflichen Verneigung grüßte und wieder Platz nahm.
»Hier ist Dr. Wendler, der Anwalt meiner Mutter. Es handelt sich um eine Angelegenheit, die mit dir zu besprechen mir ebenso schwerfällt, wie sie mir peinlich ist. Willst du mir ein paar unumgängliche Fragen beantworten?«
Von Nikolaus’ ernstem Gesicht wanderten ihre Blicke zu Helmuth Wendler. Fragend glitten sie wieder zurück.
»Ja. Bitte, frag nur, Nikolaus.«
Ihre Stimme klang belegt.
»Ich sprach schon einmal von der Klausel, die meines Vaters Testament enthält. Es handelt sich darum, deine Ehrenhaftigkeit festzustellen – «
Ein leiser Schreckenslaut entfloh Petras Lippen. Es war, als reiße man ihr einen Schleier von den Augen. Mit blassem Gesicht und einem nach innen gekehrten Blick saß sie da. Ihre Ehrenhaftigkeit wollte man feststellen? Und das war der Anwalt ihrer Schwiegermutter? Mit sicherem Gefühl erfaßte sie die Situation.
»Du meinst wohl, man will meine Unehrenhaftigkeit feststellen«, gab sie bitter zurück.
Nikolaus sah heimliche Qual, ja, mehr noch, Ekel, der sich in Petras Zügen ausprägte. Er trat zu ihr und strich ihr behutsam über den gesenkten Kopf.
»Leider, Petra, ich kann es dir nicht länger verheimlichen. Gern hätte ich dir diese Aussprache erspart, aber du kannst zu Dr. Wendler ruhig Vertrauen haben. Wir haben uns doch schon einmal darüber unterhalten, kannst du dich erinnern?«
Petra neigte den Kopf noch tiefer, eine Bewegung, die Bestätigung ausdrückte. »Es geht um das Erbe, Nikolaus, ich weiß… nun weiß ich alles. Man will es mir nicht überlassen, man will mich nicht anerkennen… «
Nikolaus konnte es nur bestätigen. Da hob sie den Kopf und sah frei und offen von Helmuth Wendler zu Nikolaus. Ihr Mund zuckte.
»Warum aber kämpft man dann mit so schmutzigen Mitteln? Das geht doch alles viel einfacher und für mich weniger schmerzlich. Ich verzichte, ja, unter diesen Umständen bleibt mir gar kein anderer Ausweg. Des Erbes wegen kann ich mich nicht derart beleidigen lassen.«
Sie brach jäh ab. Sie schlug die Hände vor das Gesicht, weil sie die forschenden Blicke der beiden Männer einfach nicht mehr ertragen konnte.
»Weißt du auch«, fragte Nikolaus nach einer Weile, als die Stille unerträglich zu werden begann, »wer den Stein ins Rollen gebracht, wer diesen unseligen Gedanken in Worte gekleidet und das häßliche Gift verstreut hat?«
»Keine Ahnung«, erwiderte sie leise, ohne ihre Stellung zu ändern. »Ich habe keine Feinde, höchstens –«
Nein! Das brachte sie doch nicht über die Lippen. Schließlich war Leontine Eckhardt Josts und Nikolaus’ Mutter.
»Muß es ein Feind sein? Könnte es zum Beispiel nicht auch ein Mann sein, dem alles daran gelegen ist, dich für sich zu gewinnen?«
Jäh sanken Petras Hände herab. Groß, entsetzt und verstehend schaute sie zu Nikolaus auf, der immer noch neben ihr verharrte.
»Mein Gott, Nikolaus! Du meinst Detlef Sprenger…?«
»Ja, Petra. Dieser Sprenger ist der Mann. Er ist so weit gegangen, sich als deinen Geliebten zu bezeichnen.«
Verständnislos hingen Petras Augen an Nikolaus’ Mund, der das Ungeheuerliche auch nur stockend hervorgebracht hatte. Nicht ein Tropfen Blut schien mehr in dem schmalen entsetzten Frauenantlitz zu sein.
»Ich verabscheue diesen Menschen!« fuhr sie heftig auf. »Ich hasse ihn, und ich fürchte ihn zugleich. Mit meinem Willen wird er nie, niemals sein Ziel erreichen!«
Über diese mit Leidenschaft und Verachtung hervorgestoßenen Worte empfand Helmuth Wendler nur Genugtuung. Von Nikolaus’ Seele wich der Druck.
Sie verachtete ihn!
Er wußte gar nicht, wie selbstvergessen der Blick war, mit dem er das in flammende Glut getauchte Gesicht Petras betrachtete. Helmuth fing diesen Blick auf und senkte rasch die Lider. Ihm war zumute, als habe er einen Blick auf ein Geheimnis geworfen.
»Dieser Sprenger ist rücksichtslos«, wandte er sich an Petra Eckhardt.
»Mit welchem Recht drängt sich dieser Mann in mein Leben?« fuhr sie nun auf. »Von jeher habe ich nichts als Verachtung für ihn empfunden! Ich weiß nicht, ob Sie mir glauben. Beim Leben meines Kindes schwöre ich, daß ich niemals irgendwelche Beziehungen zu Detlef Sprenger unterhalten habe!«
Empörung zitterte in ihrer Stimme. Verachtung schüttelte sie, und mit tränenblinden Augen verließ sie das Zimmer, um sich nicht länger gegen so viel Gemeinheit verteidigen zu müssen.
»Petra!«
Sie hörte nicht mehr Nikolaus’ Entsetzenslaut. Alle Freude war in ihr zerbrochen, alle Hoffnung auf Ruhe und Frieden vernichtet. In dieser Stunde lernte Petra den Haß kennen, Haß gegen den Mann der sich ihr wie ein Schreckgespenst an die Fersen heftete, ohne daß