Karin Bucha Staffel 1 – Liebesroman. Karin Bucha
eigentlich schon lange kannte? Daß sie mit Detlef Sprenger bekannt gewesen war?
Doch dann entschied sie anders.
Nein, die Angelegenheit mit Detlef war endgültig erledigt. Vorbei! Für Petra Eckhardt war sie eine Fremde, und alles, was sie an das Vergangene erinnerte, wollte sie ausschalten.
Sie vertauschte ihr Kostüm mit einem leichten Hauskleid und erfrischte sich. Dann ging sie den Weg zurück und stieß in der Halle auf Johannes.
»Ich soll Sie führen«, sagte er und ging vor Regina her, die mit bewundernden Augen alles Schöne in sich aufnahm.
Petra kam dem jungen Mädchen entgegen und brachte sie zu Beate. Auch die fand sogleich Gefallen an Regina und machte auch gar keinen Hehl daraus.
Dann kam Leonore angeflattert, stutzte, als sie die Fremde neben der Mutter erblickte, und kam auf ihren Wink hin zögernd näher.
Petra übernahm die Vorstellung, und ernst, prüfend sahen die hellen Kinderaugen zu Regina empor.
»Du willst mit mir spielen?« erkundigte sie sich, nachdem ihre Betrachtung zur Zufriedenheit ausgefallen war.
Regina nickte.
»Sehr gern, Leonore. Werden wir uns immer gut vertragen?«
»Du gefällst mir«, sagte Leonore mit offener Herzlichkeit und legte bereitwillig ihre Finger in Reginas ausgestreckte Hand.
Petra und Beate wechselten einen schnellen Blick. Sie atmeten beide heimlich auf. Petra lachte leise.
»Sie haben gewonnen, Regina. Nicht wahr, ich darf Sie doch so nennen?«
»Gewiß, gnädige Frau.«
Petra hob die Hände.
»Dann wollen wir auch die gnädige Frau streichen. Für jedes bißchen Liebe, das Sie meinem Kind schenken, habe ich Ihnen dankbar zu sein.«
Regina fand keine Zeit zu antworten, denn Leonore zog die neue Freundin mit sich fort.
»Kommst du mit mir auf die Wiese? Wollen wir Tyras begrüßen? Das ist nämlich auch mein Freund. Weißt du, wer Tyras ist?«
»Sicherlich ein Hund«, gab Regina lächelnd zurück.
Leonores Augen wurden ganz groß vor Verwunderung.
»Das weißt du? Dann bist du aber klug.«
Regina lachte herzlich auf.
»Klug? Nein! So schlimm ist das nicht. Das ist doch sehr einfach, Leonore. Tyras ist ein Hundename, und soviel mir bekannt ist, schließen Kinder sehr schnell Freundschaft mit Hunden. Du sprachst doch von Tyras als von deinem Freund.«
»Ach so«, sagte Leonore und trippelte an Reginas Hand über den Rasen der Stelle zu, wo Tyras sich sonnte. »Dort liegt er. Weißt du was?« schlug sie vor. »Du setzt dich ein wenig auf die Bank dort, und ich zeige dir mal, wie Tyras mit mir Ball spielt.«
Regina nickte und ließ sich auf der bezeichneten Bank nieder, während das Kind leichtfüßig zu Tyras huschte und liebevoll auf ihn einsprach.
Mit Wohlgefallen betrachtete Regina das liebliche Kind und dessen anmutige Bewegungen.
Wie seltsam doch das Leben spielte, mußte sie dabei denken. Nun war sie mit Petra Eckhardt zusammen, die noch so jung war und schon so viel Herzeleid hatte durchmachen müssen.
Sie fuhr aus ihrem Sinnen auf. Leonore war verschwunden – und der Hund auch. Sie erhob sich lebhaft und ging auf die Suche. Sie lief über die kiesbestreuten Wege und rief nach Leonore.
Leonore antwortete nicht. Regina befiel Angst. Wo war das Kind hingelaufen? Was sollte man von ihr denken, wenn sie gleich in der ersten Stunde ihre Pflicht vergaß?
Plötzlich sah sie sich einem Mann gegenüber, der den Hut höflich vor ihr lüftete.
»Entschuldigen Sie, haben Sie ein kleines Mädchen gesehen?« fragte sie, dabei klopfte ihr Herz ängstlich. Die lichtblauen Augen des Mannes verwirrten sie.
»Gewiß«, meinte Dr. Wendler und wies auf die Mauer. »Dort oben sitzt eine kleine Dame in Weiß.«
Regina schaute in die Richtung, und eine glühende Röte stieg in ihre Wangen. Mit einem flüchtigen »Danke« eilte sie davon.
Helmuth blieb stehen, beobachtete das schöne junge Mädchen und dachte:
Wie viele solcher Schönheiten mag wohl das Haus bergen?
Dann setzte er seinen Weg fort.
Er kam nicht weit. Ein heller Ausruf ließ ihn herumfahren.
Regina war es gelungen, Leonore durch gütiges Zureden von der Mauer herunterzulocken, die sie über eine Leiter erklommen hatte. Plötzlich aber lief sie vor Regina davon mit dem Ausruf:
»Papi! Papi!«
Nikolaus Eckhardt war zurückgekehrt und im Begriff, rasch ins Haus zu gehen. Er war in Eile, aber Leonore hatte ihn bald erreicht, umschlang seine Knie und lachte glückselig zu ihm auf.
»Papi! Bist du schon wieder zurück?«
Nikolaus strich zärtlich über Lorchens erhitztes Gesicht.
»Ja, mein Kleines. Ich muß aber gleich wieder fort, will nur etwas holen.«
Da entdeckte er Regina, die langsam näher gekommen war und etwas abseits auch Dr. Wendler.
»Ah, willkommen!« sagte er und drückte dem jungen Mädchen die Hand. »Nehmen Sie das Kind bitte mit. Ich sehe eben, daß Besuch gekommen ist.«
Regina entfernte sich mit Leonore, die sich auch willig davonführen ließ, und Nikolaus ging auf den wartenden Mann zu.
»Sie wünschen? Nikolaus Eckhardt ist mein Name.«
Auch Helmuth stellte sich mit einer leichten Verbeugung vor.
»Kann ich bitte Frau Leontine Eckhardt sprechen?«
Erstaunt musterte Nikolaus den Fremden.
»Meine Mutter ist nicht da«, gab er kurz Auskunft.
»Also doch schon fort! Aber dann kann ich doch ihre Anschrift haben?«
Nikolaus wurde mißtrauisch, doch ein Blick in das offene, sympathische Gesicht dieses Dr. Wendler entwaffnete ihn sogleich.
»Die können Sie haben. Darf ich wissen, was Sie zu meiner Mutter führt?«
Helmuth war dem Zufall dankbar, der ihm Nikolaus Eckhardt in den Weg geführt hatte.
»Eigentlich hätte ich auch Sie sehr gern gesprochen«, bemerkte er ziemlich ernst.
Mit einer Handbewegung wies Nikolaus nach dem Haus und führte den Besucher in das neben der Halle gelegene Empfangszimmer.
»Um was handelt es sich?« fragte er, als sie sich gegenübersaßen.
»Um den Erbschaftsprozeß«, sagte Helmuth geradeheraus und beobachtete dabei Nikolaus scharf, der erblaßte und sich betroffen vorbeugte.
»Um den Erbschaftsprozeß?« wiederholte Nikolaus ungläubig. »Hat meine Mutter Sie damit beauftragt?«
»Ich weiß, daß Ihnen ein Prozeß sehr unangenehm ist«, bemerkte Helmuth verständnisvoll.
»So«, erwiderte Nikolaus grimmig, »das hat Ihnen meine Mutter wohl verraten? Und trotzdem läßt sie nicht ab von dem häßlichen Plan?«
Helmuth nickte. Er fühlte sich unbehaglich.
»Leider.«
»Aber das ist ja Wahnsinn, heller Wahnsinn!« stieß Nikolaus leidenschaftlich hervor. »Meine Mutter hat nicht den geringsten Grund, einen Prozeß anzustrengen.«
Helmuth Wendler fühlte, daß er zu diesem Mann rückhaltlos offen sein konnte. Das freute ihn, ohne recht zu wissen, warum.
»Ich wurde beauftragt, mich mit Detlef Sprenger