Das falsche Paradies. Stefan Bouxsein

Das falsche Paradies - Stefan  Bouxsein


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Schön, dass du dich bei mir meldest. Ich warte schon sehnsüchtig auf deinen Anruf. Deine E-Mail hat mich sehr angesprochen, du scheinst der Mann zu sein, den ich haben will. Ich will dich unbedingt kennen lernen. Wir werden bestimmt viel Spaß zusammen haben. Ich kann es kaum erwarten, dich unter meine Fittiche zu bekommen. Du wirst staunen, was ich auf meiner kleinen Spielwiese alles mit dir anstellen will. Aber keine Sorge, ich werde dir schon beibringen, wie du dich in Gegenwart einer Lady wie mir zu benehmen hast.

       Leider bin ich gerade nicht zu Hause, bin aber bestimmt bald wieder zurück. Also versuch es später doch noch einmal. Ich kann es kaum erwarten, persönlich mit dir zu sprechen. Also bis gleich, deine Chantal.

      Pieps.

       Hallo Chantal, hier ist der kleine Bengel. Habe gerade deine E-Mail erhalten. Melde dich doch mal bei mir. Meine Nummer ist die 069 44433322211.

      Pieps.

       Guten Tag Chantal. Mein Name ist Georg. Ich bin Witwer. Nun suche ich die starke Hand einer starken Frau. Schade, dass Sie nicht da sind. Ich melde mich später wieder. Georg.

      Pieps.

       Hallo. Hier spricht Sklave Peter. Ich bewerbe mich auf Ihre Kontaktanzeige. Ich hoffe, ich bin nicht zu übermütig, wenn ich Ihnen meine Dienste anbiete. Ich werde mich später wieder melden, wenn ich darf. Demutsvoll, Ihr Peter.

      Pieps.

       Sehr geehrte Frau Chantal, Ihre Kontaktanzeige hat mich sehr angesprochen. Ich würde mich glücklich schätzen, Ihre Bekanntschaft machen zu dürfen. Gerne melde ich mich später wieder bei Ihnen.

      Pieps.

       Hey du Weibsbild. Mit mir kannst du machen, was du willst. Ich stehe für alle Sauereien zur Verfügung. Mach mich einfach fertig. Da steh ich drauf. Lies bitte meine Mail. Die mit dem Absender kleiner Zwerg. Ich kann es kaum erwarten, deine Antwort zu lesen, bis dann.

      Pieps.

       Wenn du echt bist, dann beantworte bitte meine Mail. Ich bin [email protected]. Wenn du auch nur eine Abzockerin bist, dann lass mich bloß in Ruhe.

      Pieps.

       Und ewig spricht das Band. Ihr könnt mich alle mal, ihr dummen 0190er-Nutten.

      Ende der Durchsagen, Pieps.

      Sabine Karlson übernahm nun das Wort. »Ja, das sind eindeutig alles Männer, die sich auf eine Kontaktanzeige im Internet gemeldet haben und dann eine Antwort mit einer 0190er-Telefonnummer erhalten haben. Das ist ein ganz typisches Muster für die allgemeine Vorgehensweise, wenn man über hohe Telefongebühren Geld verdienen will. Es bleibt nur die Frage, ob sich Ihre Tote ausschließlich des Geldes wegen anrufen ließ oder ob sie auch an realen Kontakten interessiert war. Es gibt mittlerweile einen ganzen Industriezweig, der sich auf betrügerische Kontaktanzeigen spezialisiert hat. Da sitzen Leute am Computer, die nichts anderes machen, als in den einschlägigen Kontaktmärkten eindeutige Anzeigen zu platzieren. Je nach Kontaktmarkt und Anzeigetext bekommen die dann Hunderte von Antworten auf ihre Anzeige. Das sind Reaktionen von Männern, die im Internet auf der Suche nach einem sexuellen Abenteuer sind. Viele der Männer sind verheiratet und Familienväter. Und alle diese Männer bekommen dann in der Regel eine standardisierte Antwort, meistens noch mit einem freizügigen Foto. Die Damen, die auf den Fotos abgebildet sind, wissen oft gar nicht, dass sie für Kontaktanzeigen missbraucht werden. Die Männer erhalten dann also eine Antwort, die ihnen einreden soll, dass da eine willige junge Frau es gar nicht abwarten kann, sich mit ihnen zu treffen. Man soll einfach nur schnell die angegebene Telefonnummer anrufen und schon kann man ganz unkompliziert ein Date ausmachen. Viele erkennen gleich, dass es dabei nicht mit rechten Dingen zugeht, und löschen diese Mails auch wieder. Andere haben in ihrem PC einen eingebauten Schutz, der E-Mails mit 0190er-Nummern erst gar nicht runterlädt. Es gibt aber auch sehr viele Männer, die es sich nicht nehmen lassen, die angegebene Telefonnummer zu wählen. In der Regel landen sie dann im Nirwana auf einem Anrufbeantworter und hören sich geduldig eine Bandansage an. Und während sie dem Band lauschen und noch auf die Frau ihrer Träume hoffen, läuft der Tarifticker, der Telekom entgeht nichts. Die wenigsten haben auf diese Weise jemals einen Kontakt zu einer echten Frau gefunden. Aber Telefonrechnungen, die ihnen die Tränen in die Augen getrieben haben.«

      Siebels unterbrach die Ausführungen seiner Kollegin. »Was kostet denn so ein Anruf auf einer 0190er-Nummer?«

      »Das kommt auf die nachfolgende Ziffer an. Wenn man bei einem Anbieter eine Rufumleitung auf eine 0190er-Nummer beantragt, hat man die Wahl zwischen verschiedenen Tarifen. Abgerechnet wird auch nach vereinbarten Taktzeiten. In der Regel im Minutentakt. Das heißt, dass der Anrufer schon für die erste Sekunde die Gebühren für eine volle Minute tragen muss.« Sabine Karlson schlug ihre Unterlagen auf. »Folgt der 0190 eine Eins, dann kostet die Minute zurzeit 0,618 Euro. Ist die nächste Ziffer zum Beispiel eine Vier, dann kostet die Minute 0,433 Euro. Am verbreitetsten ist die Acht als nachfolgende Ziffer. Das ist mit 1,855 Euro der höchste Tarif. Wenn Sie also auf einer Nummer anrufen, die mit 01908 beginnt, zahlen Sie für jede Minute 1,855 Euro. Und wenn Sie sich einen dreiminütigen Ansagetext auf einem Band anhören, sind Sie schon über fünfeinhalb Euro los. Bei der heutigen Technik ist es allerdings möglich, dass auf einem solchen Band gleichzeitig Tausende von Anrufen eingehen können.

      Die Anbieter von 0190er-Nummern sind heute in der Lage, bis zu 3.600 Anrufe gleichzeitig durchzustellen. Außerdem kann ein Kunde zwanzig oder mehr 0190er-Nummern erhalten. Natürlich geht das nicht mehr mit einem gewöhnlichen Anrufbeantworter, aber mit einer kleinen Investition in die nötige Technik ist jeder in der Lage, sich Tausende von Anrufen jeden Tag in seine Wohnung durchstellen zu lassen. Und jeder Anrufer hört den gleichen Ansagetext von einem Band. Nehmen wir einmal an, Sie schaffen es, dass pro Tag nur hundert Leute bei Ihnen über eine 01908er-Nummer anrufen und sich für zwei Minuten eine Bandansage anhören. Dann sind Sie für Telefongebühren von 371 Euro verantwortlich. Dieser Betrag geht an die Firma, die Ihnen die Rufumleitung auf eine 0190er-Nummer ermöglicht. Je nach vereinbartem Tarif bekommen Sie dann den größten Teil des Betrages von dieser Firma monatlich auf Ihr Konto überwiesen. Von den 371 Euro gehören ungefähr 300 Euro Ihnen, der Rest bleibt bei dem Anbieter der Rufumleitung. Sie können mit dieser Rechnung also pro Woche knapp 2.600 Euro verdienen, das sind über 10.000 Euro im Monat.«

      Till pfiff leise durch die Zähne. »Wo bekomme ich denn schnell so eine Rufumleitung her?« Er lächelte spitzbübisch die hübsche Kollegin an. Und Siebels fing an zu rechnen.

      »Wenn ich fünf verschiedene Nummern habe, und auf jeder davon rufen mich täglich fünfhundert Leute an und jeder hört sich meinen genialen Band-Ansagetext zwei Minuten lang an, dann ergibt das Telefongebühren von über 9.000 Euro pro Tag. Das ist ja Wahnsinn.«

      Karlson unterbrach ihn. »Der Trick bei der Sache ist nun, jeden Tag fünfhundert Menschen davon zu überzeugen, dass sie auf Ihrer teuren Nummer anrufen. Mit erotischen Kontaktanzeigen erreicht man sehr viele Leute, die dazu bereit sind. Allerdings ist es auch sehr zeitaufwendig, immer wieder Kontaktanzeigen zu schalten. Viele dieser kommerziellen Bauernfänger drehen den Spieß auch um und durchforsten ehrlich gemeinte Anzeigen. Sie antworten auf unzählige Annoncen von suchenden Privatpersonen mit einer Standardantwort. Diese Antworten enthalten einen verführerischen Text, der sich einigermaßen plausibel anhört, ein aufreizendes Foto wird natürlich als Datei angehängt, der Inserent soll ja wissen, wer ihm da antwortet und schon läuft das Band.«

      »Kann ich diese Masche auch bei Frauen durchziehen, ich meine mich anrufen lassen auf einer teuren Nummer?« Till war auch eifrig am Rechnen und sein Beamtensold erschien ihm nun irgendwie viel zu niedrig, wenn man doch auf so einfache Weise an sein Geld kommen konnte.

      »Ja natürlich, anders herum läuft es ganz genauso ab. Nur sind die Dimensionen hier bei weitem nicht so ausgeprägt. Aber es gibt genug Frauen, die auf diese Masche hereinfallen.«

      Siebels überlegte laut, ob nicht irgendwann


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