Das falsche Paradies. Stefan Bouxsein

Das falsche Paradies - Stefan  Bouxsein


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setzte. Die beiden waren so nah vor meinem Auge, ich hätte die Schweißperlen auf ihrer glänzenden Haut zählen können. Sie unterhielten sich, fast kam es mir so vor, als würden sie miteinander flirten. Jenny legte ganz unvermittelt ihre Hände auf Tanjas Schultern und fing an, sie zu massieren. Tanjas entspannter Gesichtsausdruck zeugte nur allzu deutlich von ihrem Wohlbefinden. Wie sehr hätte ich mir gewünscht, in diesem Moment mit meinen Händen diesen Gesichtsausdruck auf Tanjas Gesicht zu zaubern. Aber ich hätte mein linkes Bein darauf gewettet, dass Tanja das niemals zulassen würde. Wie eine Katze schmiegte sie sich an Jenny, nie und nimmer hätte ich gedacht, dass die beiden sich so nahestehen. Die langen schwarzen Haare und die gebräunte Haut von Jenny bildeten einen wunderbaren Kontrast zur hellblonden Tanja, deren blasser Teint die Zartheit ihrer Haut hervorhob. Auch die Dritte im Bunde bestach durch ihre fraulichen Attribute. Johanna lag gegenüber von ihren Freundinnen mit dem Bauch auf der Holzbank und schenkte mir einen freizügigen Blick auf ihren entzückenden Rücken. Ich drückte mir fast die Nase an der Scheibe platt, damit ich auch Johannas knackigen Po mit meinen Augen verschlingen konnte. Ich sog das mir dargebotene Bild in allen Einzelheiten in mich auf. Nie wieder in meinem ganzen Leben würde sich mir eine solche Herrlichkeit auftun, dachte ich mir und stierte mit großen Augen auf die nackten Körper der drei Mädchen. Während mein Blick noch auf der verträumt daliegenden Johanna lag, passierte es. Was ich in meinen kühnsten Träumen nicht für möglich gehalten hätte, spielte sich plötzlich ganz dicht vor meinen Augen ab. Mein Herz raste, als ich es sah, und ich musste eine ganze Weile hinschauen, bis ich auch glaubte, was ich sah. Tanja und Jenny küssten sich. Innig und zärtlich kosteten sie einander, ohne Scheu schenkten sie sich gegenseitig einen leidenschaftlichen, langanhaltenden Kuss. Am liebsten wäre ich in die Sauna hineingestürmt, um mir dieses wunderbare Schauspiel nicht durch die störende, vom Wasserdampf beschlagene Scheibe betrachten zu müssen.

       Da passierte es. Johanna drehte sich herum und sah mich. Ich wollte weg, doch ich blieb wie angewurzelt stehen, unfähig, mich zu bewegen. Und dann sah Jenny mich auch. Tanja bemerkte nun ebenfalls, dass etwas nicht stimmte. Sie wandte ihr Gesicht von Jenny ab und blickte jetzt auch zu mir. Alle drei sahen sie mich verwundert durch die Scheibe an. Dieser Moment kam mir wie eine Ewigkeit vor. Eine Ewigkeit, in der nichts passierte. Nur die vorwurfsvollen Blicke dreier wunderbarer Frauen trafen mich wie vernichtende Blitze.

       Plötzlich stand Tanja auf, kam auf mich zu und öffnete die Saunatür. Dabei lächelte sie mich an. Sie ging nicht, sie schwebte. Ihr nackter Körper schwebte auf mich zu. Aufreizend schlenderte sie mir entgegen. Mein Blick war starr auf ihre festen Brüste gerichtet. Ich wollte weglaufen, konnte nicht. Wollte wegschauen, konnte nicht. Da stand sie nun vor mir. Die Frau meiner Träume. Nackt und selbstbewusst posierte sie vor mir, ich kam mir so unnütz und schäbig vor. Fühlte mich wie ein kleiner Junge, der beim Stehlen ertappt wurde und nun auf seine Strafe wartete.

       Sie stand dicht vor mir, kam noch näher. Ihre blauen Augen, die immer strahlten, blickten mich eindringlich an. Ihr blondes Haar hing nass auf ihren Schultern. Ich stand regungslos da, ihr Anblick betäubte mich förmlich. Sie lächelte mich an, hob ihre Hand und streichelte über meinen Kopf. Sie fuhr mit ihrem Zeigefinger über meine Lippen, presste ihn zwischen meine Lippen. Ich lutschte ihren Finger, wie ein Baby an seinem Schnuller. Dann sagte sie laut, dass ich ein kleiner geiler Spanner wäre. Ich wollte es verneinen, konnte nicht, ich musste an ihrem Finger lutschen. Jenny und Johanna kicherten laut im Hintergrund. Tanja zog langsam ihren Finger aus meinem Mund. Mein Gesicht lief rot an. Tanja überlegte laut, ich wäre nun in ihr Geheimnis eingeweiht. Wenn ich ein Gentleman sein wollte, müsste ich dieses Geheimnis für mich behalten. Ich nickte. Tanja redete aber weiter auf mich ein. In einer Stunde sollte ich in ihr Zimmer kommen, dort wollte sie einen Vertrag mit mir machen, um sicherzugehen, dass unser kleines Geheimnis auch geheim bleiben würde. Dann drehte sie mir ihren Rücken zu und ging zurück zu Jenny und Johanna. Aufreizend wackelte sie beim Gehen mit ihren Hüften. Mein Kopf war tiefrot angelaufen, mein Herz klopfte rasend schnell und mein Blick starrte auf ihren runden Hintern. Sie drehte sich noch einmal herum, winkte mir zu und gab mir zu verstehen, dass ich endlich gehen sollte. Ich ging. Aber schon eine Stunde später sollte ich sie wiedersehen dürfen. Ich fragte mich, was für einen Vertrag sie bloß mit mir machen wollte.

      5

       Dienstag, 20. August 2002

      Siebels und Till hatten sich für diesen Morgen um 9:00 Uhr im Präsidium verabredet. Das neue Polizeipräsidium erstreckte sich auf einer Fläche von 129.000 Quadratmetern. Die Außenmaße des monumentalen Neubaus an der Adickesallee beliefen sich auf 232 mal 127 Meter Kantenlänge, im Inneren des sechsstöckigen Bauwerks waren vier Innenhöfe angelegt. Im Inneren befanden sich neben den 4600 Zimmern für die Beamten und Angestellten der Frankfurter Polizei eine große Sporthalle, Europas modernste interaktive Schießanlage sowie Frankfurts erstes Kriminalmuseum. Über 250 Millionen Euro kostete das Land Hessen die neue Heimstätte der Polizei.

      Till fühlte sich in seiner neuen Umgebung sehr wohl. Als er um kurz nach neun das Büro betrat, saß Siebels bereits am Schreibtisch und telefonierte. Die Bild-Zeitung lag vor ihm auf dem Schreibtisch. Die großen Buchstaben sprangen Till sofort ins Auge. Mord im Brentano-Bad. Daneben ein Foto der toten Tanja Niehaus. Es zeigte sie, wie sie auf dem Bauch auf der Liegewiese lag. Das Bikini-Höschen in den Kniekehlen hängend. Allerdings war auf dem Foto keine Spur von Lippenstift auf dem Rücken der Toten zu sehen. Till nahm sich die Zeitung und las den Artikel. Viel geschrieben hatte Fischer nicht, was sollte er auch schreiben. Der Artikel endete mit dem Hinweis, dass die Polizei noch völlig im Dunkeln tappe.

      Siebels legte den Telefonhörer in dem Moment auf, als Staatsanwalt Jensen ins Büro stürmte. Grußlos tippte er mit seinem Zeigefinger auf den Artikel. »Das mit der Tappserei im Dunkeln, das geht so nicht, meine Herren. Wir müssen die Presse von unseren Fortschritten unterrichten.« Ohne auf eine Antwort zu warten, verließ Jensen wieder wieselflink das Büro. Siebels verzichtete auf einen Kommentar, er begnügte sich damit, seine Augenbrauen zusammen zu kneifen. Irgendwie mochte er ja diesen Jensen. Er konnte sich nur nicht entscheiden, ob er ihn wegen oder trotz seiner cholerischen Anfälle sympathisch fand.

      »Guten Morgen.«

      »Morgen Chef.«

      »Ich habe gerade mit dem Kollegen Meyer vom K65 telefoniert. Eine Tanja Niehaus ist bei den Kollegen nicht bekannt. Sie haben aber eine junge Kollegin im Team, die sich vor einiger Zeit ausführlich mit 0190er-Nummern beschäftigt hat. Vor allem mit denen, die in erotischen Internet-Kontaktmärkten immer öfter anzutreffen sind. Allerdings ging es dabei nicht um einen konkreten Fall, sondern nur um ein Referat. Sinn und Zweck der Übung war es, die Polizei auf den neuesten Stand zu bringen, was das horizontale Gewerbe betrifft. Vielleicht hat die Kollegin ja ein paar interessante Hinweise für uns. Sie wird uns gegen 11:00 Uhr hier aufsuchen. Charly Hofmeier ist auf dem Weg nach Sachsenhausen, zur Wohnung von Tanja Niehaus. Charly ist unser Computer-Experte. Der wird sich um den PC von Tanja Niehaus kümmern. Bin schon sehr gespannt, was er uns alles erzählen kann.«

      »Und was hältst du von dem Artikel in der Zeitung?«

      »Fischer hat dafür gesorgt, dass weder auf dem Foto noch in dem Artikel etwas von einer kleinen geilen Schlampe erscheint. Das geht also in Ordnung. Ich möchte aber, dass du ihm einen Besuch abstattest. Er hat jetzt eine Nacht über die Geschichte geschlafen, sein Artikel ist veröffentlicht, sein Telefon wird überwacht, rede mit ihm. Fühle ihm auf den Zahn. Irgendeine Verbindung zwischen ihm und dem Täter muss es geben.«

      »Oder er ist selbst der Täter.«

      »Fahr hin und finde es heraus, frag ihn Löcher in den Bauch, vielleicht wird er nervös. Aber ich glaube nicht, dass er unser Mann ist.«

      »Und was machst du in der Zeit?«

      »Der Obduktionsbericht ist fertig. Den werde ich mir jetzt erst mal in Ruhe durchlesen. Außerdem will ich noch einen Termin mit den Eltern von Tanja Niehaus vereinbaren. Am besten heute Nachmittag. Sieh zu, dass du in zwei Stunden wieder hier bist, wenn die Kollegin vom K65 kommt.«

      Siebels nahm sich den Schnellhefter mit dem Obduktionsbericht von


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