Seegeschichte-Sammelband: Die Abenteuer berühmter Seehelden, Epische Seeschlachten & Erzählungen. Heinrich Smidt
sich brüstet, welche niemand gesehen, und davon läuft, sobald die Gelegenheit sich darbietet, die Wahrheit jener Erzählungen durch die Tat zu beweisen. Man war von dem Zutreffen dieser Ansicht auf das lebhafteste durchdrungen und wollte für den erlittenen Schimpf die durchgreifendste Rache nehmen.
Die Gelegenheit bot sich unverweilt dar. Die Parade hatte auf dem großen Platze vor dem Gouvernements-Palast stattgefunden. Die Offiziere gingen auseinander und schlossen sich den Müßiggängern auf der Parade an.
Unter den Lustwandelnden war auch Baron Eberhard. Die Offiziere, die ihm entgegenkamen, machten keine Miene, auszuweichen. Der Baron blieb stehen und sah den jungen Mann, der ihm zunächst ging, mit festen Blicken an. Dieser verzog den Mund zu einem höhnischen Lachen und drehte sich um. Der Baron rief ihm mit lauter Stimme nach, sich über sein unhöfliches Benehmen zu verantworten.
»Was beliebt?« fragte jener hochmütig.
»Ich verlange, daß man mich um Entschuldigung bittet!«
Der Baron sagte diese Worte kalt und ruhig. Der Offizier entgegnete mit einem Ausdruck, der eine gemeine Schmähung enthielt.
Eine allgemeine Mißbilligung sprach sich unter den Personen aus, die Zeugen dieses pöbelhaften Benehmens waren, und richteten ihre Blicke auf den Baron. Dieser wurde bleich. Ein leises Zittern flog über seinen Körper. Er drückte die flache Hand auf das Herz, als wollte er den stürmischen Schlag desselben unterdrücken. Dann aber erhob er den Kopf und sagte:
»Für diesen Schimpf wird der Herr mir Genugtuung geben, wenn er nicht will, daß ich seinen Namen an den Schandpfahl schreiben soll. Ist einer der Mynheers so gefällig, mir, der ich hier jeder Bekanntschaft entbehre, den Ehrendienst als Sekundant zu erweisen?«
Zwei Offiziere erklärten sich bereit. Zwei andere traten auf die Seite des Gegners. Diese Herren ordneten alles Notwendige für den folgenden Tag an.
Dieses neueste Ereignis, das am hellen Tage vor vielen Zeugen vor sich ging, wurde nach allen Seiten hin verbreitet und gelangte auch zur Kunde des Generalgouverneurs. Der junge Offizier, welcher das Duell auf eine leichtsinnige Weise hervorrief, war der einzige Sohn einer reichen und vornehmen Dame, die all ihre Hoffnung auf den jungen Mann setzte, der ihr allein aus einer glücklichen Ehe geblieben war. Die Freunde der Dame bestürmten den Generalgouverneur, das Duell zu hintertreiben. Dieser wies das Ansinnen zurück mit dem Bemerken, man solle die Herren nur sich mit den Waffen in der Hand gegenübertreten lassen, dann werde sich bald zeigen, wer von ihnen der Poltron sei. Andere hatten es gewagt, den Baron aufzusuchen und ihn im Namen der Mutter zu beschwören, von dem Duell zurückzutreten. Er hörte die Herren mit kalter Höflichkeit an und bedauerte, das an ihn gestellte Gesuch nicht erfüllen zu können.
»Er oder ich!« das waren die Worte, mit welchen der Baron die Herren entließ.
Am andern Morgen sollte das Duell stattfinden. Man war zu Buitenzorg in großer Spannung auf dessen Ausgang.
Um diese Zeit erschien Herr de Klaat in dem Palast des Generalgouverneurs und ersuchte um eine Audienz.
»Was führt Mynheer Willem de Klaat zu mir?« fragte der Generalgouverneur eintretend. »Ich muß bitten, sich kurz zu fassen, denn meine Zeit ist sehr gemessen.«
»Exzellenz,« entgegnete der Pflanzer, »ich komme, um Euer Exzellenz zu melden, daß dieser Baron Eberhard ...«
»Ist er geblieben?« fragte der Generalgouverneur hastig.
Der Pflanzer, welcher von dem Duell nichts wußte, mißverstand die Frage und sagte:
»Der bleibt solange, bis man ihm die Tür weist und, weil das geschah, ist man nicht sicher, daß er zum Fenster wieder hineinkommt.«
»Was soll das?« fragte die Exzellenz stirnrunzelnd.
Mynheer Willem de Klaat sprach von den Besuchen des Barons in seinem Hause, von den Gerüchten, die über denselben umgingen, und von den Gefahren, die eine Familie liefe, die sich mit einem Manne von zweideutigem Rufe einlasse. Mynheer war im besten Gange, als er plötzlich von dem Generalgouverneur mit der Frage unterbrochen wurde:
»Wo sind die Beweise?«
Der eintretende Adjutant befreite Mynheer von der Verlegenheit, zu bekennen, daß die Beweise erst erwartet würden.
Der Generalgouverneur ging dem Adjutanten entgegen. Beide sprachen angelegentlich miteinander. Es geschah so leise, daß Mynheer de Klaat nur einzelne Worte verstehen konnte. Als der Bericht beendet war, sagte der Gouverneur zu dem Adjutanten:
»Begebt Euch sogleich zu der Mutter des jungen Mannes und drückt ihr in meinem Namen das Bedauern über den beklagenswerten Vorfall aus. Ich will hoffen, daß die Verwundung nicht schwer ist und der junge Mann bald wieder seinen Dienst antreten kann. Das Duell selbst betreffend, soll die Untersuchung allen Ernstes geführt werden. Ich will diese blutigen Raufereien nicht dulden, die seit einiger Zeit wieder an der Tagesordnung sind. Der Baron Eberhard ...«
»Exzellenz,« sagte der Adjutant. »Wenn ich gleich bekennen muß, daß der Baron sich bei dem Duell durchaus ehrenhaft benahm, ist es mir wieder unbegreiflich, weshalb derselbe es vorgezogen hat, Buitenzorg auf das Schleunigste zu verlassen. Man sagt, er habe sich gestern Abend einen Platz auf einem der Küstenfahrer ausbedungen, die für Rechnung der Compagnie von einem Punkt der Küste zur andern gehen. Soll ich suchen, die Abreise zu verhindern, wenn es noch Zeit ist?«
»Verhüte der Himmel,« sagte die Exzellenz lachend, auf den Pflanzer deutend, »daß wir diesem Herrn einen solchen Kummer bereiteten. Mynheer de Klaat, Ihr könnt beruhigt heimgehen, da Ihr vernommen habt, daß der Mann, der Euerm Hause so gefährlich scheint, unser Eiland ohne unser aller Zutun verlassen hat. Habt guten Morgen, Mynheer.«
Der Pflanzer empfahl sich mit erleichtertem Herzen. Der General-Gouverneur entließ den Adjutanten, indem er sagte:
»Der Baron erwählt das klügste Teil, indem er dem Sturm aus dem Wege geht, der ihn bedroht. Er denkt vielleicht, in vier Wochen ist die Geschichte vergessen. Aber mich bringt dies auf die Vermutung, daß diejenigen Recht haben, die den Baron für einen Abenteurer halten. Ein echter Kavalier hätte dem Sturm getrotzt. Behaltet die Sache im Auge, Herr.«
Der Adjutant empfahl sich.
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