Leni Behrendt Staffel 5 – Liebesroman. Leni Behrendt

Leni Behrendt Staffel 5 – Liebesroman - Leni Behrendt


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dazu geschaffen ist, glücklich zu machen und glücklich zu sein. All diese Gaben hat dir die Natur in verschwenderischem Maße mitgegeben. Und ich – Sölve – ich habe dir nichts zu bieten. Ich habe daher kein Recht, dich zu halten. Das wäre ein sträflicher Egoismus.

      Ja, die andere Sölve, die elende, kranke, die hätte ich bei mir behalten dürfen. Mit gutem Recht. Aber diese Sölve nein –!«

      Es war, als hätte sie gar nicht auf seine Erklärungen gehört. Nur ein Gedanke schien in ihrem Hirn zu kreisen, den sie nun aussprach:

      »Du liebst – mich – nicht –?«

      »Nein!« sagte er hart, und sie zuckte wie unter einem Hieb zusammen. Sekundenlang saß sie unbeweglich, den Kopf gesenkt, die Hände in die Seitenlehnen des Sessels gekrallt.

      »So«, sagte sie endlich ganz tief und rauh. »So! Du willst mir also die Heimat nehmen, nur weil ich gesund bin? Bin ich dir nicht von Anfang an nachgelaufen wie ein Hund? Lasse ich mich nicht von dir quälen und demütigen, ohne mich zu beklagen? Habe ich meinen Stolz nicht immer wieder niedergerungen, so sehr, daß es meiner schon unwürdig ist? Und alles, damit ich nur bei dir bleiben darf.«

      »Mein Gott, Sölve – so ist es doch nicht – so doch nicht –!«

      Er war ebenso blaß wie sie. Saß in seinem Sessel wie sprungbereit und wagte doch nicht, sich ihr zu nähern.

      »Wenn du bleiben willst – ich wäre ja so froh! Aber glaube mir, es wird die Zeit kommen, wo du von selbst von mir gehen willst.«

      »Ach, laß – ich verstehe dich ja –«, wehrte sie mit einem Lächeln, das weh genug ausfiel. »Aber mich wegschicken, nein, das darfst du nicht. Das wäre mein Tod.«

      Langsam erhob sie sich und ging davon. Warf sich in ihrem Schlafzimmer über das Bett und weinte, weinte – wie nur ein Mensch weinen kann, der maßlos gedemütigt wurde – und dem das Herz so bitter weh tut.

      *

      Frau Sölve, rufe die Ross’ herbei,

      es gibt ein fröhliches Reiten.

      Und das Herz wird dein,

      das Herz allein,

      um das es sich lohnet zu streiten.

      Sölve stand in ihrem Ankleidezimmer vor dem Spiegel.

      Entzückend sah sie aus in dem Jagddreß. Wie angegossen saßen der rote Frack, die schwarze Hose, die glänzenden Lackstiefelchen. Keck saß die schwarze Samtmütze auf den bernsteinhellen Locken, die hie und da neugierig hervorlugten.

      Diesen Anzug hatte sie am Morgen nach der qualvollen Aussprache in ihrem Wohnzimmer gefunden. An den Aufschlag des Fracks geheftet, prangte ein funkelnder Armreif, durch den eine rote Rose gesteckt war. Auch ein Brief lag dabei, dessen Inhalt sich ihrem Herzen eingegraben hatte.

      »Vergib mir, süße kleine Sölve, ich bitte Dich! Ich gebe Dir mit diesem Geschenk etwas Köstliches, das einst Konstanze gehörte. Trage es zu Deinem Fest, das in vier Tagen stattfinden soll, Du, die Herrin von Uhlen – die Du sein sollst, solange Du willst, Jobst.«

      Da hatte ihr müdes, zerrissenes Herz wieder aufgejubelt.

      Und nun stand sie hier und trug das wertvolle Geschenk, das nach kleinen Änderungen so wunderbar paßte. Ihre Augen lachten und blitzten.

      »Frau Sölve, rufe die Ross’ herbei, es gibt ein fröhliches Reiten«, sang sie übermütig.

      »Und das Herz wird dein,

      das Herz allein,

      um das es sich lohnet zu streiten.«

      Jawohl, ein Streiten mit allen Waffen. War sie nicht eine echte Eva, ausgestattet mit allen Reizen, die einen Mann betören können? Sollte sie diese Waffen brach liegen lassen und sich damit um das Köstliche bringen: um den heißgeliebten Mann?

      Warte nur, du sollst schon noch in den Apfel beißen, den dir deine Eva reicht.

      Es klopfte, und der Gatte trat ein. Genauso gekleidet wie sie.

      »Donnerwetter!« entfuhr es ihm.

      »Gefalle ich dir?«

      »Gefallen ist gar kein Ausdruck. Ich fürchte nur –«

      »Was denn?«

      »Die Antwort würde dich zu klug machen, mein kecker Page. Aber schau einmal zum Fenster hinaus. Vielleicht gefällt dir, was du da erblicken wirst.«

      Unten stand ein Pferd, ein Goldfuchs.

      »Für mich –?« fragte sie atemlos.

      »Für dich. Und weißt du auch, wie es heißt?«

      Sie sah ihn fragend an.

      »Bernsteinhexe.«

      »Meinen Namen!« jubelte sie hinaus. »Ist gut, daß du mich an den erinnerst.«

      »Nun ist es an mir, neugierig zu

      sein –«

      »Und an mir, mit derselben Antwort aufzuwarten wie du vorhin.«

      »Du scheinst deinen Namen nicht umsonst zu tragen –«

      »Das walte Gott –«, war die mysteriöse Antwort. Unten klang das Jagdhorn auf, da reichte er ihr den Arm:

      »Auf, auf, Herrin – frischauf zum fröhlichen Jagen!«

      In der Halle trafen sie Frau Fröse, die auch im Jagddreß war. Als Gattin eines Offiziers hatte sie früher viel Jagden mitgeritten und nun nach langer Zeit den Dreß wieder hervorgeholt. Nur trug sie statt der Hose einen Reitrock.

      »Tante Marga!« jubelte Sölve. »Du bist ja so schön – und so jung!«

      »Danke, du Ungestüm«, lachte sie, dem Anprall auf ihre Person tapfer standhaltend. »Das Kompliment kann ich dir zurückgeben. Ihr Jäger, nehmt euer Herz in acht.«

      Die ersten Gäste erschienen, und es gab ein frohes Begrüßen. Immer mehr kamen herbei, so daß zuletzt eine stattliche Anzahl beisammen war. War es doch das erste größere Fest, das man nach der Heimkehr des Herrn in Uhlen gab, da wollte keiner der Geladenen fehlen.

      Die Jagd begann, und Sölve, die ihr neues Roß bald gut und sicher unter der Faust hatte, jagte wie ein kleiner Kobold umher. Man fand sie bezaubernd, berückend und beglückwünschte den Jagdherrn zu dieser Frau.

      Nur er schien das nicht zu sehen. Seine düstere Miene wollte nicht zu diesem Fest passen.

      Natürlich fanden sich Herren genug, die dieser Herrin auf Leben und Tod den Hof machten. Und siehe da, es stellte sich heraus, daß diese ihre ohnehin gefährlichen Augen recht gut zu gebrauchen verstand. Das schien tatsächlich eine Bernsteinhexe zu sein.

      Nach der Jagd kam das »Kesseltreiben«, das Einnehmen der obligaten Erbsensuppe, und abends folgte der Ball.

      Als Sölve ihr Ankleidezimmer betrat, um sich für den Ball umzukleiden, wartete ihrer eine Überraschung. Eine märchenhafte Toilette mit passendem Schmuck lag bereit.

      Mit so großer Freude schlüpfte sie hinein, wie Aschenbrödel es getan haben mochte.

      Wieder stand sie vor dem Spiegel und betrachtete kritisch ihr Bild. Schön wollte sie sein – schön und noch schöner! Schön wie Aschenbrödel. Als der Gatte sie holen kam, hob sie schüttelnd die Arme.

      »Bäumchen, rüttle dich und schüttle dich, wirf Gold und Silber über

      mich –«, sang sie übermütig und versank dann vor ihm in einem Knicks.

      »Dein Aschenbrödel wartet, mein Prinz.«

      Voll heimlichen Entzückens ruhte ihr Blick auf seiner distinguierten Gestalt in Jagduniform, die er zu Ehren des Festes trug. Nur seine Augen blickten so finster, daß sich ihr eben noch so freuderfülltes Herz schmerzend zusammenzog.

      »Mißfalle ich dir?« fragte sie beklommen.


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