Leni Behrendt Staffel 5 – Liebesroman. Leni Behrendt

Leni Behrendt Staffel 5 – Liebesroman - Leni Behrendt


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du süßes, kleines Schaf –!« lachte Frau Fröse und küßte sie herzlich. »Fang womöglich noch zu heulen an über deine Unvernunft. Hast recht, laß uns beraten, mit welchem Mummenschanz wir Prinz Karneval imponieren wollen.«

      Das rüttelte Sölve auf.

      In ihrem Eifer wurde sie fast so fröhlich wie früher. Der Gatte sah das alles lächelnd mit an und öffnete seine Börse weit.

      Endlich war der ersehnte Abend da.

      Das Auto brachte die drei Uhlener rasch und sicher an die Stätte, wo der Narrenprinz sein Zepter schwang.

      Jobst kannte die Kostüme seiner Damen nicht. Er trug einen seidenglänzenden Domino über dem Frack, dessen Aufschlag eine Riesenchrysantheme schmückte. Ein rundes Seidenmützchen mit einer ellenlangen, schillernden Feder zierte den rassigen Kopf. Er sah so elegant und apart aus, daß er gleich bei seinem Eintritt in dem Festsaal von Masken aller Art umringt wurde. Längst verschüttete Lebensfreude wagte sich langsam hervor, und bald war er von der jauchzenden Lust, die ihn umbrauste, so eingesponnen, daß er sich zuerst mitreißen ließ und dann allmählich fröhlich mitmachte.

      Als die umringenden Masken ihn ein wenig freigaben, spähte er nach den Seinen aus. Tante Marga glaubte er bald in der pompösen Tracht der Madame Pompadour erkannt zu haben. Schmunzelnd sah er ihre Erfolge.

      Aber wo war Sölve? Das herauszufinden, war nicht so einfach. Dieses entzückende rotseidene Teufelchen war Ricarda, und der Freund verkörperte das Gegenstück. Lachend tollten sie durch die Menge.

      »Kleine Möwe, flieg nach Helgoland –«, klang es da auf. Sich umwendend, bemerkte er eine Maske, die unverkennbar eine Möwe darstellte. Weißschimmernd wie frisch gefallener Schnee gleißte das Gewand, das einem Möwengefieder gar ähnlich war. Die Möwenflügel streckten sich auf dem weißhaarigen Köpfchen, und lachend blau blitzten die Augen durch die Löcher der weißen Seidenmaske.

      Mein stolzer Vogel, dich werde ich schon fangen, dachte er übermütig. Und wirklich gelang es ihm, sich nach vielen Hindernissen zu ihr durchzuschlängeln, die sehr umringt war. Unzählige weiße Arme mußte er von seinem Nacken lösen, bis er endlich frei war.

      Dann stand er vor ihr und nahm sie ganz einfach einem Raben aus dem Arm, der zwar wundervoll zu ihr paßte, nun aber traurig davonflattern mußte. Denn mit diesem großen Domino anzubändeln, das schien dem Männlein nicht ratsam.

      »Nun, meine weiße Möwe, amüsierst du dich?« fragte er lachend und merkte, wie sie in seinem Arm zusammenfuhr.

      »Ja, mein Kind, da hättest du schon eine andere Maske wählen müssen, wenn du unerkannt bleiben willst. Dein Wahrzeichen zu verkörpern, ist leichtsinnig.

      Komm, mein Schatz, und küsse mich, küß mich auf den Mund. Schaden kann’s gewisse nicht, denn küssen ist gesund –«, sang er den Text des Schlagers mit und drückte zur Bekräftigung seine Lippen auf den Mund, der blutrot zu ihm emporleuchtete.

      »Jobst, was ist dir?« fragte sie zaghaft. »Bist du etwa berauscht?«

      »Jawohl, von der Freude ringsum. Laß sie uns bis zur Neige auskosten, mein stolzer, schneeweißer Vogel. Denn heut ist heut, der Abglanz des Rosenmontags und morgen ist Aschermittwoch. Doch der liegt so fern, so weltfern. Heut sind noch die Stunden der Rosen!«

      Eben klang die Barkarole aus »Hoffmanns Erzählungen« auf. Leise und betörend sang er ihr die Worte ins Ohr, sie so fest an sich pressend, daß sie sein Herz fühlte. Wie im Traum schwebte sie in seinem Arm dahin, der sie so elegant und sicher durch die schwankende Menge führte, ganz der vornehme Weltmann, der sich auf dem spiegelblanken Parkett zu Hause fühlt.

      Und wenn das Herz der silberweißen Möwe diesem halb ritterlichen, halb arroganten Domino nicht längst gehört hätte, so wäre es ihm heute restlos verfallen.

      Unermüdlich tanzten sie. Hatten wohl beide den gleichen Wunsch, für alle Zeit so dahinzuschweben. Sich die Sinne verwirren zu lassen von der Narrenwelt ringsum, dahinzuträumen bei der zärtlichen Tanzweise, ohne an ein Morgen zu denken, dem Heute wie verzaubert.

      Jung fühlte er sich heute, köstlich jung. Wie damals, da er, die entzückende Elga im Arm, dahingeschwebt war. Was dazwischenlag, war ausgelöscht.

      Dann wurde die Möwe vom Teufel geholt, der höhnisch lachend mit seiner Beute davonflitzte. Dafür schmiegte sich die grazile Teufelin in seinen Arm.

      Auch gut, dachte er und drückte sie fest an das heute so närrische Herz.

      »Komm, mein Teufel, kleiner Teufel, süßer rosenroter Teufel«, sang er seinen eigenen Text nach der einschmeichelnden Melodie. Schwenkte die Höllenbewohnerin voll Grazie und Schneid umher. Und warum leuchteten die jungroten Lippen so verführerisch zu ihm empor? Da mußte er sie eben küssen.

      »Baron von Götterun – ich glaube, Sie benehmen sich –«

      »Hol ihn, Teufel, kleiner Teufel, süßer rosenroter Teufel, hol das arg verrückte Huhn, hol den Jobst von Götterun –«, sang er unentwegt weiter.

      Und: »Laß ihn sausen, laß ihn brausen, ihn in seiner Klause hausen, dich hole ich am Ultimo, mein eleganter Domino –«, kam die lachende Antwort.

      »Nun sehen Sie sich bloß die beiden an«, sagte die Möwe zum Teufel, mit dem sie sich lustig drehte. »Sie singen und lachen wie die Kinder. Jetzt tanzen sie sogar einen Galopp zur Walzermelodie, durchfegen den Saal von einer Ecke zur andern. Was ist bloß in Jobst gefahren? Bei dem plötzlichen Umschwung kann einem ja angst und bange werden.«

      »Er ist zu köstlich in seinem Faschingstaumel«, lachte der Teufel. »So war er einst immer, kleine Möwe, bevor ihn das Schicksal duckte und trat. Aber Sie wollen zu diesem Schwerenöter im Domino gar nicht passen, wenn Ihre Gewandung in ihrer unantastbaren Weiße auch bezaubernd ist.«

      »Da haben Sie recht. Aber wie konnte ich auch ahnen, daß der schwerfällige Jobst sich so bedingungslos dem Zepter des Narrenprinzen unterwerfen würde? Das hat jedoch unsere hellseherische Tante Marga gewußt und wieder einmal vorgesorgt.

      Sehen Sie, jetzt hat er unsere Madame Pompadour erwischt. Wie er sich vor ihr verneigt im höfischen Zeremoniell. Und was hat er nun vor –?«

      »Kapelle, ein Menuett –!« forderte seine herrische Stimme.

      Schon klang eine galante Weise auf und der Domino tanzte mit Madame ein graziöses Menuett.

      »Wer schließt sich dem Ehrenreigen der Pompadour an?« wurde man höflich aufgefordert – und schon traten die Paare zierlich und kokett in die Reihe.

      Sölve wollte sich ausschütten vor Lachen, was sich da alles zusammenfand und ernst und feierlich dahinschritt. Selbst ein Storch stolzierte umher, ein Kakadu, eine Maus, ein Schornsteinfeger, Don Quichotte, Landsknecht und Teufel, Bacchantin und Nonne, alles machte todernst mit. Die rotseidene Teufelin wurde vom Götterknaben Amor geführt – und vorweg in vorbildlicher Grazie Madame Pompadour und der galante Domino.

      »O du goldige Tante Marga!« jubelte Sölve. »Ist sie nicht köstlich?«

      »Das ist sie –«, wurde inbrünstig bestätigt.

      Nun gab es eine neue Sensation, und das Menuett versank wie ein Schemen. Der Domino ging auf weitere Abenteuer aus, während Sölve aus dem Saal schlüpfte.

      Bald darauf ertönte wieder ein Hallo, die Musik spielte einen Tusch – und durch den Saal fegte auf silberglänzendem Besen mit langem Stiel eine glitzernde, gleißende Maske.

      »Bernsteinhexe –«, jubelte es ringsum. Und tatsächlich war diese in berückender Weise verkörpert. Bernsteinübersät war das Kleidchen aus meerblauer bauschiger Gaze. Bernsteinfunkelnd die Schuhe, die Strümpfe. Bernsteinketten klirrten an den Gelenken, schlangen sich um den Nacken, selbst die Atlasmaske zeigte die Farbe des Meergoldes. Und die Haare.

      »O du mein kleines, süßes, raffiniertes Hexlein«, schmunzelte Götterun vergnügt. Rücksichtslos bahnte er sich den Weg durch die Menschenmenge, ergriff sein lachendes Hexchen und tanzte mit ihm davon,


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