Leni Behrendt Staffel 5 – Liebesroman. Leni Behrendt

Leni Behrendt Staffel 5 – Liebesroman - Leni Behrendt


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ein verfahrenes Schifflein flottgemacht. Das heißt, so einfach, wie sie es Sölve hingestellt, würde die Zukunft der ihr lieben Menschen nicht werden. Wer weiß, was ihnen noch alles bevorstand.

      Und es kam tatsächlich noch mehr Kummer für Sölve.

      Frau Fröse stürzte eines Tages so un glücklich eine Treppe hinab, daß sie sich den Oberschenkel brach.

      Fassungslos vor Jammer stand Sölve diesem neuen Schlag gegenüber.

      Jörn von Jührich, der herbeigerufen wurde, setzte sich mit einem Spezialarzt in Verbindung, und der verlangte Überführung der Verletzten in seine Klinik, wenn er für gute und schnelle Heilung garantieren sollte.

      Sölve sträubte sich zuerst dagegen, die liebe Frau aus dem Hause zu geben, mußte sich dann aber fügen.

      Stundenlang saß sie in der Klinik an dem Bett der Kranken, die ganz vergnügt war, weil sie verhältnismäßig wenig Schmerzen hatte. Sölve wußte kaum, was sie ihr zuliebe alles tun sollte. Sie schleppte immer wieder Leckereien herbei, so daß Tante Marga eines Tages lachend behauptet, nun ein Delikatessengeschäft eröffnen zu können.

      Wenn Sölve dann nach Hause zurückkehrte, kam es ihr öde und traurig darin vor. Nun merkte man, daß die gütige, vornehme Frau wirklich der gute Geist des Hauses gewesen war.

      Öfter als sonst fuhr Sölve nach Kalmucken, saß still bei Frau Fränze, die langsam zum Leben zurückzufinden schien. Es schien, als sähe sie die junge Frau gern.

      Nur daß sich Jobst noch immer nicht gemeldet hatte, machte sie traurig.

      »Wird schon wieder werden«, tröstete sie der Hausherr, als seine Frau mit ihm über Jobst beängstigendes Schweigen sprach. »So was überwindet sich nicht von heute auf morgen. Das braucht seine Zeit.«

      Was jedoch Sölves trübe Tage erhellte, das waren die Fortschritte, die Heike machte. Als müsse die Natur auf schnellstem Wege nachholen, was sie so lange versäumt, so rasch ging sie nun vor. Es gab fast keinen Tag, der nicht etwas Neues brachte.

      So verging ein Vierteljahr, da kam die erste Nachricht von Jobst. Und zwar zeigte er seine Ankunft in den nächsten Tagen telegraphisch an.

      »Ich muß fort – sobald als möglich fort –«, begann Sölve wieder ihr altes Lied, und da niemand da war, der sie zurückhielt, nahm ihr Plan feste Formen an. Tante Marga konnte sie jetzt mit ihrer Not nicht kommen, die durfte nicht erregt werden, also vertraute sie sich der Kinderschwester an.

      »Ich bin Ihrer Meinung, Frau Baronin«, sagte das kluge ernste Mädchen einfach. »Ich würde an Ihrer Stelle genauso handeln.«

      Da atmete Sölve auf. An diesem Mädchen würde sie eine starke Stütze haben.

      Nun mußte ein neuer Wohnort gesucht werden, und Sölve fiel ein kleiner romantisch gelegener Badeort ein, den sie einmal mit ihren Eltern besucht hatte. Sicherlich würden sie da leicht eine Wohnung finden, vielleicht ein kleines Haus mieten können.

      Während sie eifrig mit der Schwester sprach, legten sich zwei Hundeköpfe rechts und links auf ihre Knie, und zwei Paar Hundeaugen sahen sie traurig an.

      »Natürlich, ihr Kerle, ihr kommt mit«, lachte Sölve. »Erstens mal seid ihr ein Stück Heimat, und außerdem noch ein zuverlässiger Schutz. Die kleinen Strolche nebst Schneeweißchen werden ja unglücklich sein, daß sie hierbleiben müssen, aber die würden doch zu viel Unruhe bringen.«

      So kam es denn, daß schon einige Stunden später das große vollgepackte Auto Uhlen verließ.

      Sölve hätte aufschreien mögen vor Schmerz, als ihr tränenumflorter Blick die Fassade des Schlosses streifte. Da legte sich eine Hand leise auf die ihre, zwei treue Augen sahen sie tröstend an.

      »Nicht traurig sein, Frau Baronin. So weh der Abschied jetzt tut, so groß wird die Freude des Wiederkehrens sein.«

      *

      Wo bist du geblieben, du Kind

      mit den Locken,

      hellsonnig wie Flachs auf

      Freyas Rocken?

      Du hältst mein Herz auf Wacht,

      Tag und Nacht.

      Komm, küsse mich wieder

      und sing deine Lieder,

      die mich so unsagbar

      glücklich gemacht.

      Starr blickten die Augen Jobst von Götteruns auf das Briefblatt in seiner Hand: »Jobst! Zürne mir nicht, ich kann nicht anders handeln. Heike, die Schwester und die beiden großen Hunde nehme ich mit mir. Tu mir die Liebe und forsche mir nicht nach. Wenn es Zeit ist, melde ich mich. Sölve.«

      Ja, hatte er denn etwas anderes erwartet? Etwa, daß sie ihm freudig um den Hals fallen würde? Das konnte er nach dem, was er ihr angetan hatte, wohl schwerlich verlangen.

      Eine heiße Sehnsucht nach Tante Marga packte ihn. Eine Aussprache mit ihr würde die quälende Unruhe in seinem Herzen sicherlich besänftigen.

      Doch da mußte er erfahren, daß diese schon seit acht Wochen in der Klinik lag und eine Stunde später trat er zu ihr, die ihm vom Lehnstuhl entgegenlachte

      »Tante Marga, so weit bist du schon? Wie schön!«

      »Gottlob, mein Junge. Komm, nimm Platz«, begrüßte sie ihn herzlich. Und wieder einmal war er dem Schicksal von Herzen dankbar, daß es ihm diese prächtige Frau zur Seite gestellt hatte. Wenn man in ihre gütigen Augen sah, dann wurde man sofort ruhiger.

      »Weißt du, daß Sölve fort ist, Tante Marga?«

      »Ja, sie hat es mir brieflich mitgeteilt. Auch daß du in diesen Tagen heimkehren würdest.«

      »Hat sie auch dir nicht gesagt, wohin sie sich wenden wollte?«

      »Nein. Und wir müssen ihren Wunsch berücksichtigen und ihr nicht nachforschen.«

      »Ob sie Geld genug hat?«

      »Ganz bestimmt. Mit dem, was sie auf ihrem Konto hat, kann sie jahrelang leben.

      Und wie ist es mit dir, mein Junge? Ich fürchte fast, daß du genauso zerquält wiedergekommen bist?«

      »Da hast du recht, Tante Marga.«

      »Dann ist es ja ein wahrer Segen, daß Sölve fort ist. Sonst würde die Quälerei da wieder anfangen, wo sie aufgehört hat. Und nun werde ich mit dir nach Hause kommen.«

      »Tante Marga, das wäre sträflicher Leichtsinn.«

      »Laß nur«, winkte sie ab. »Ich habe mit dem Professor gesprochen. Er hat nichts dagegen, wenn ich mit dir komme. Jörn soll mich dann weiter behandeln.«

      So fuhr sie denn mit ihm, und die beiden Menschen lebten wieder so, wie sie vor seiner Verheiratung gelebt hatten. Es war alles so wie sonst.

      Und doch so anders. Die Weite des Schlosses hatte sie sonst nicht gestört, doch jetzt schien es ihnen so unendlich groß zu sein – und leer. Unmöglich konnte es der eine Mensch sein, der diese gähnende Leere gefüllt hatte; denn die kleine Heike hatte ja noch nicht gezählt.

      Also war es tatsächlich so, dieser eine, einzige Mensch fehlte. Es fehlte das goldige, klingende Lachen, die zärtliche Stimme, die auch dem schlichtesten Lied Innigkeit zu geben verstand, es fehlte das Spiel – kurz, es fehlte die ganze Sölve an allen Ecken und Enden.

      Wohl kamen die große und die kleine Rosenrot fast täglich und brachten lachendes Leben mit. Es kam Herr Julius, kamen liebe Bekannte – aber niemand konnte Sölve ersetzen.

      Wenigstens Frau Marga nicht, die sich, auf einen Stock gestützt, nur mühsam fortbewegen konnte. Jeden Abend, wenn sie zu Bett ging, dachte sie voll Inbrunst:

      Wird der morgige Tag eine Nachricht bringen? Aber Tag um Tag, Woche um Woche, Monat um Monat verging, ohne ein Lebenszeichen von Sölve gebracht zu haben. Längst durchschritt Frau Marga wieder mit ihrem raschen,


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