Wir Seezigeuner (Abenteuer-Klassiker). Robert Kraft

Wir Seezigeuner (Abenteuer-Klassiker) - Robert Kraft


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      »O, das ließe sich schon machen.«

      »Dazu müssen Sie aber wohl erst ins Innere reisen?«

      »Hm, das kommt darauf an … «

      »Sind denn sonst auch in den Städten oder gar gleich in New- York echte Indianer zu finden?«

      »In New-York gerade nicht – höchstens auf Ausstellungen, in Schaubuden, die dann aber natürlich auch schon etwas von der Kultur beleckt sind – aber in weiter entfernten Städtchen – auch auf den kleinen Eisenbahnstationen treiben sich immer Rothäute herum, freilich nicht gerade sehr edle Erscheinungen, sie betteln um Tabak und mehr noch um Geld für Whisky …«

      »Na, sehen Sie nur, wo Sie sie herbekommen. Ganz so echt brauchen sie ja nicht zu sein. Wenn es nur wirkliche Indianer sind, mit so einer kupferroten Haut. Und ihre Sprache müssen sie noch sprechen. Jawohl, das müssen sie unbedingt. Und wenn die Kerls keinen Tomahawk und kein Skalpiermesser mehr haben, dann besorgen Sie solche – die müssen aber echt sein – und Friedenspfeife und Federschmuck und den ganzen Klimbim, der dazu gehört – und dann rasieren Sie ihnen das Haar ab und lassen nur in der Mitte ein Büschel stehen, da machen wir eine echte Skalplocke daraus… wissen Sie, was ich meine?«

      »Jawohl, ich verstehe,« lächelte ich.

      »Und unterwegs lassen Sie die Kerls mit dem Tomahawk und mit dem Messer nach einem Ziele schmeißen, sie müssen sich üben – und – und – wissen Sie, was ein Lasso ist?«

      »Natürlich, ich habe früher doch selber Indianers gespielt.«

      »Gespielt habe ich niemals, aber doch solche dumme Geschichten gelesen … also auch einen Lasso müssen die Kerls haben – und da müssen sie sich unterwegs üben – Zeit genug haben sie doch während der Fahrt dazu. Wissen Sie, was ich will?«

      »Jawohl, Käpt’n. Ich soll Ihnen bei meinem Wiedereintreffen hier echte Indianer, echte rote Krieger abliefern, die direkt aus dem Wigwam, von der Kriegsfährte kommen – ganz gleichgültig, was und wo sie bisher gewesen sind.«

      Karlemann trat auf mich zu und schlug mir auf die Schulter, was er konnte, weil ich auf einer niedrigen Steinbank saß.

      »Jansen, Sie sind ein Mordskerl! Sie reden ja wie ein Buch – Sie hätten wirklich einen guten Pastor abgegeben.«

      Dann nahm er seine Wanderung wieder auf. Ich blickte ihm sinnend nach. Mehr als dieses Lob hatte etwas anderes auf mich Eindruck gemacht.

      Ich habe niemals gespielt, hatte er gesagt.

      Es hatte einen tiefen Eindruck auf mich gemacht. Er hatte sich selbst charakterisiert.

      »Ja,« fing er dann wieder an, »und vielleicht noch so ein rotes Frauenzimmer dazu – eine – eine – wie heißen diese Weiber doch gleich bei den Indianersch?«

      »Squaw.«

      »Jawohl, eine Squaw. Nicht wahr, die sollen manchmal recht hübsch sein?«

      »Ich habe sogar Schönheiten darunter gesehen.«

      »Dann so eine Schönheit. Und jung. Schreiben Sie auf; jung und schön. Haben Sie geschrieben?«

      »Ich habe.«

      »Aber vor allen Dingen recht kupferrot, und das muß echt sein. Daß Sie sie mir nicht etwa anpinseln!«

      »Gott bewahre.«

      »Wenn Sie ein Kind hat, schadet’s nicht. Wie alt, ist egal. Womöglich Säugling. Aber kupferrot. Nicht wahr, diese Frauenzimmer werden immer, wenn sie alt werden, furchtbar häßlich?«

      »Es werden immer ausgedörrte Hexen.«

      »Hm. Na, dann kommt mir’s nicht drauf an. Dann bringen Sie mir auch eine alte mit. Aber es muß eine furchtbar alte, ausgedörrte Hexe sein.«

      »Wird alles besorgt, Käpt’n.«

      »Und dann müssen sie solche Perlschnüren haben, die sie sich in die Haare flechten, und gestickte Stiebeln oder sonstige Latschen … «

      »Mokassins.«

      »Jawohl, echte Mokassins. Woher Sie die bekommen, ist mir egal. Und dann müssen sie auch solche bunte Röcke haben und – und … «

      »Mein Gott, ich bin doch nicht so schwer von Begriffen – Sie wollen eben eine echte Indianerfamilie haben.«

      »Richtig, richtig, eine echte Indianerfamilie mit Bogen und Skalpiermesser und Fitschepfeilen und was sonst noch dazu gehört. Und da können Sie auch gleich noch ein ganzes Zelt – oder Wigwam heißt es wohl – so ein buntbemaltes Wigwam mitbringen, und dann vielleicht noch ein – ein … «

      »Ich will Ihnen einmal etwas sagen, Algots.«

      Ich hatte es wohl in einem besonderen Tone gesagt, daß er so herumfuhr.

      »Na?«

      »Sie wollen so ein Jahrmarktsbudiker werden und als erstes dem geehrten Publikum eine echte Indianertruppe aus dem Wilden Westen Nordamerikas vorführen. Stimmt’s nicht?«

      Karlemann machte ein recht verdutztes, wenn nicht mißtrauisches Gesicht.

      »Woher wissen Sie das?«

      »Na,« lachte ich, »so bin ich doch nicht auf den Kopf gefallen, und Sie sagten doch selbst, an mir wäre ein Pastor verloren gegangen, und ein solcher muß auch die schwierigsten Bibelstellen auslegen können. Also stimmt’s?«

      »Ja.«

      »Dann weiß ich auch alles, was ich Ihnen zu besorgen habe.«

      »Alles?«

      »Eben so eine echte Indianertruppe.«

      »Und wo soll ich die ausstellen? Hier etwa, auf dieser Insel?«

      In der Tat, daran hatte ich noch gar nicht gedacht. In diesem Augenblick aber hatte ich eine sonderbare Idee.

      »Sie wollen doch nicht etwa – etwa …«

      »Na, was?«

      »Ich denke an die grünen Wagen, mit den Fensterchen und mit dem rauchenden Schornstein, in dem die fahrenden Zigeuner wohnen.«

      »Ja, aber mein Wagen soll schwimmen.«

      Da hatte ich wieder einmal eine Vision. Ich will sie jetzt nicht schildern, da ich sie später als Wirklichkeit beschreiben werde.

      Karlemann trat wieder auf mich zu, um mir die Hand auf die Schulter zu legen.

      »Jansen, wollen wir Kumpe machen? Ich glaube, wir beide passen zusammen. Wenn wir auch ganz anders sind. Aber gerade deshalb passen wir zusammen. Was der eine nicht kann, kann der andere. Und ich sage Ihnen: wir schmeißen einen Haufen Geld zusammen.«

      Mit einem Male mußte ich hellauflachen, und dann ergriff ich seine Hand und schüttelte sie.

      »Top, ich mache mit!«

      »Wissen Sie auch wirklich schon, was ich vorhabe?«

      »Sie wollen ein Schausteller zur See werden.«

      »Das ist’s! Die Menagerie liefere ich selber, das andere liefern Sie mir.«

      »Meinen Sie, daß sich das rentiert?«

      »Das lassen Sie meine Sorge sein. Meine Kalkulation ist fertig, und es wird sich großartig rentieren. Aber ich kann nicht von hier fort, deshalb müssen Sie mir das andere Material besorgen.«

      »Zunächst eine echte Indianertruppe aus dem Wilden Westen.«

      »Nicht nur das können Sie mir aus Amerika besorgen. Da gibt es noch anderes zu denken, was in Amerika alles zu haben ist.«

      Und Karlemann fing an den Fingern herzuzählen.

      »Ein oder zwei Klapperschlangen – ein oder zwei Büffel – ein oder zwei amerikanische Bären – ein oder zwei… «

      »Ich verstehe, ich verstehe! Eben


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