Ausgewählte Werke von Arthur Schnitzler (76 Titel in einem Band). Ðртур Шницлер
– Ja, ja – nicht für immer, ich weiß ja – aber auf einmal hört ja das nicht auf –!
Mizi Ich kenn' ja den Fritz nicht so genau.
Christine Er kommt zurück, der Theodor kommt auch zurück, gewiß!
Mizi Geste, die ausdrückt: ist mir ziemlich gleichgültig.
Christine Mizi... Tu mir was zulieb'.
Mizi Sei doch nicht gar so aufgeregt – also was willst denn?
Christine Geh du zum Theodor, es ist ja ganz nah, schaust halt vorüber... Du fragst bei ihm im Haus, ob er schon da ist, und wenn er nicht da ist, wird man im Haus vielleicht wissen, wann er kommt.
Mizi Ich werd' doch einem Mann nicht nachlaufen.
Christine Er braucht's ja gar nicht zu erfahren. Vielleicht triffst ihn zufällig. Jetzt ist bald ein Uhr; – jetzt geht er grad zum Speisen –
Mizi Warum gehst denn du nicht, dich im Haus vom Fritz erkundigen?
Christine Ich trau' mich nicht – Er kann das so nicht leiden... Und er ist ja sicher noch nicht da. Aber der Theodor ist vielleicht schon da und weiß, wann der Fritz kommt. Ich bitt' dich, Mizi!
Mizi Du bist manchmal so kindisch –
Christine Tu's mir zuliebe! Geh hin! Es ist ja doch nichts dabei. –
Mizi Na, wenn dir soviel daran liegt, so geh' ich ja hin. Aber nützen wird's nicht viel. Sie sind sicher noch nicht da.
Christine Und du kommst gleich zurück... ja?...
Mizi Na ja, soll die Mutter halt mit dem Essen ein bissel warten.
Christine Ich dank' dir, Mizi, du bist so gut...
Mizi Freilich bin ich gut; – jetzt sei aber du vernünftig... ja?... Also grüß dich Gott!
Christine Ich dank' dir! –
Mizi geht.
Christine, später Weiring
Christine allein. Sie macht Ordnung im Zimmer. Sie legt das Nähzeug zusammen usw. Dann geht sie zum Fenster und sieht hinaus. Nach einer Minute kommt Weiring herein, den sie anfangs nicht sieht. Er ist in tiefer Erregung, betrachtet angstvoll seine Tochter, die am Fenster steht.
Weiring Sie weiß noch nichts, sie weiß noch nichts... Er bleibt an der Tür stehen und wagt keinen Schritt weiter zu machen.
Christine wendet sich um, bemerkt ihn, fährt zusammen.
Weiring versucht zu lächeln. Er tritt weiter ins Zimmer herein Na Christin'.. . Als riefe er sie zu sich.
Christine auf ihn zu, als wollte sie vor ihm niedersinken.
Weiring läßt es nicht zu Also... was glaubst du, Christin'? Wir Mit einem Entschluß wir werden's halt vergessen, was? –
Christine erhebt den Kopf.
Weiring Na ja... ich – und du!
Christine Vater, hast du mich denn heut früh nicht verstanden?...
Weiring Ja, was willst denn, Christin'?... Ich muß dir doch sagen, was ich drüber denk'! Nicht wahr? Na also...
Christine Vater, was soll das bedeuten?
Weiring Komm her, mein Kind... hör mir ruhig zu. Schau, ich hab' dir ja auch ruhig zugehört, wie du mir's erzählt hast. – Wir müssen ja –
Christine Ich bitt' dich, sprich nicht so zu mir, Vater... wenn du jetzt darüber nachgedacht hast und einsiehst, daß du mir nicht verzeihen kannst, so jag' mich davon – aber sprich nicht so...
Weiring Hör mich nur ruhig an, Christin'! Du kannst ja dann noch immer tun, was du willst... Schau, du bist ja so jung, Christin'. – Hast denn noch nicht gedacht... Sehr zögernd daß das Ganze ein Irrtum sein könnt' –
Christine Warum sagst du mir das, Vater? – Ich weiß ja, was ich getan hab' – und ich verlang' ja auch nichts – von dir und von keinem Menschen auf der Welt, wenn's ein Irrtum gewesen ist... Ich hab' dir ja gesagt – jag mich davon, aber...
Weiring sie unterbrechend Wie kannst denn so reden... Wenn's auch ein Irrtum war, ist denn da gleich eine Ursach' zum verzweifelt sein für so ein junges Geschöpf, wie du eins bist? – Denk doch nur, wie schön, wie wunderschön das Leben ist. Denk nur, an wie vielen Dingen man sich freuen kann, wie viel Jugend, wie viel Glück noch vor dir liegt... Schau, ich hab' doch nicht mehr viel von der ganzen Welt, und sogar für mich ist das Leben noch schön – und auf so viel Sachen kann ich mich noch freuen. Wie du und ich zusammen sein werden – wie wir uns das Leben einrichten wollen – du und ich... wie du wieder – jetzt, wenn die schöne Zeit kommt, anfangen wirst zu singen, und wie wir dann, wenn die Ferien da sind, aufs Land hinausgehen werden ins Grüne, gleich auf den ganzen Tag – ja – oh, so viele schöne Sachen gibt's... so viel. – Es ist ja unsinnig, gleich alles aufzugeben, weil man sein erstes Glück hingeben muß oder irgend was, das man dafür gehalten hat –
Christine angstvoll Warum... muß ich's denn hingeben...?
Weiring War's denn eins? Glaubst denn wirklich, Christin', daß du's deinem Vater erst heut hast sagen müssen? Ich hab's längst gewußt! – Und auch, daß du mir's sagen wirst, hab' ich gewußt. Nein, nie war's ein Glück für dich!... Kenn' ich denn die Augen nicht? Da wären nicht so oft Tränen drin gewesen und die Wangen da wären nicht so blaß geworden, wenn du einen lieb gehabt hättest, der's verdient.
Christine Wie kannst du das... Was weißt du... Was hast du erfahren?
Weiring Nichts, gar nichts... aber du hast mir ja selbst erzählt, was er ist... So ein junger Mensch – Was weiß denn der? – Hat denn der nur eine Ahnung von dem, was ihm so in den Schoß fällt – weiß denn der den Unterschied von echt und unecht – und von deiner ganzen unsinnigen Lieb' – hat er denn von der was verstanden?
Christine immer angstvoller Du hast ihn... – Du warst bei ihm?
Weiring, Aber was fällt dir denn ein! Er ist ja weggefahren, nicht? Aber Christin', ich hab' doch noch meinen Verstand, ich hab' ja meine Augen im Kopf! Schau, Kind, vergiß drauf! Vergiß drauf! Deine Zukunft liegt ja ganz woanders! Du kannst, du wirst noch so glücklich werden, als du's verdienst. Du wirst auch einmal einen Menschen finden, der weiß, was er an dir hat –
Sehr rasch:
Christine ist zur Kommode geeilt, ihren Hut zu nehmen.
Weiring Was willst du denn? –
Christine Laß mich, ich will fort...
Weiring Wohin willst du?
Christine Zu ihm... zu ihm...
Weiring Aber was fällt dir denn ein...
Christine Du verschweigst mir irgend was – laß mich hin –
Weiring sie fest zurückhaltend So komm doch zur Besinnung, Kind. Er ist ja gar nicht da... Er ist ja vielleicht auf sehr lange fortgereist... Bleib doch bei mir, was willst du dort... Morgen oder am Abend schon geh' ich mit dir hin. So kannst du ja nicht auf die Straße... weißt du denn, wie du ausschaust...
Christine Du willst – mit mir hingehn –?
Weiring Ich versprech' dir's. – Nur jetzt bleib schön da, setz dich nieder und komm wieder zu dir. Man muß ja beinah lachen, wenn man dich so anschaut... für nichts und wieder nichts. – Hältst du's denn bei deinem Vater gar nimmer aus?
Christine Was weißt du?
Weiring immer ratloser Was soll ich denn wissen... ich weiß, daß ich dich lieb hab', daß du mein einziges Kind bist, daß du bei mir bleiben sollst – daß du immer bei mir hättest bleiben sollen –
Christine Genug – – – laß mich – Sie reißt sich von ihm los, macht die Tür auf, in der Mizi erscheint.
Weiring, Christine, Mizi, dann Theodor
Mizi schreit leise auf, wie Christine