Reise im Glück. Barbara Cartland

Reise im Glück - Barbara Cartland


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bleibt deine Vergnügungslust?« hatte Robert spöttisch gefragt.

      »Vergnügen? Das nennst du Vergnügen?« Lord Harleston sagte es voller Verachtung. »Da vergnüge ich mich lieber mit einem hübschen Mädchen auf der Wiese in Hampstead Heath.«

      »Das würde jeder gern«, hatte Robert geantwortet.

      Jetzt sagte Alva Vanderbilt zu Lord Harlestons Entsetzen: »Ich stelle Sie mir als Sir Galahad vor, aber vielleicht würden Sie lieber Hamlet sein. Einerlei, in beiden Kostümen würden Sie eine wunderbare Figur machen.«

      Lord Harleston ließ keinen Zweifel daran aufkommen, daß er zu seinem Bedauern keine dieser Rollen spielen konnte.

      »Mrs. Vanderbilt, es ist wirklich bedauerlich, doch ich bin mit einem Freund in Denver verabredet. Es ist sehr wichtig, deshalb muß ich morgen früh abreisen.«

      Mrs. Vanderbilt stieß einen schrillen Protestschrei aus.

      »Das dürfen Sie nicht! Ganz ausgeschlossen! Diesen Ball gebe ich eigens für Sie!«

      »Ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie leid es mir tut, aber mein Besuch bei Ihrem Schwiegervater neigt sich dem Ende zu.«

      Alva Vanderbilt war eine intelligente, entschlossene, aber unglücklich verheiratete Frau, deren einziger Lebensinhalt ihre gesellschaftlichen Aktivitäten waren. Innerhalb der Familie pflegte sie sich stets durchzusetzen, weil sie ihre Umwelt zermürbte, doch in Lord Harleston hatte sie einen ebenbürtigen Gegner gefunden.

      Er reiste in dem Moment ab, als ganze Wagenladungen von Topfpflanzen in den Ballsaal geschleppt wurden, um einen festlichen Hintergrund für das köstliche und kostspielige Souper zu schaffen, das von einer hervorragend eingespielten Dienerschaft in braunen Livreen serviert werden würde.

      Das Durcheinander von Schäferinnen und Schäfern, Portias und venezianischen Prinzessinnen, Pierrots und Räubern vor Augen, die sich zu den Klängen von hundert Violinen im Ballsaal drehen würden, ließ Lord Harleston sich mit einem Seufzer der Erleichterung im Salon des Schlafwagens in einen Sessel fallen.

      »Higgins, das war ein Entkommen in letzter Minute«, sagte er zu seinem Kammerdiener, als der Zug aus der Bahnhofshalle fuhr.

      »Ein wahres Wort, Mylord«, stimmte Higgins zu. »Ich kann mir Eure Lordschaft nicht kostümiert vorstellen, und wenn mir die Äußerung gestattet ist, ich halte Kostüme für rausgeworfenes Geld.«

      »Geld scheint in diesem Land niemandem Kopfzerbrechen zu machen«, gab Lord Harleston trocken zurück.

      Seiner Ansicht nach hatten die Amerikaner hoch viel dazuzulernen, um ihren enormen und ständig wachsenden Reichtum vernünftig zu nutzen.

      Da er mehr als die Hälfte des Kontinents durchfahren mußte, um Denver zu erreichen, dauerte die Fahrt sehr lange, und seine Neugier auf das Land, das sich durch die Goldfunde sehr verändert hatte, wuchs mit jeder Stunde. Colorado hatte seinen ursprünglichen Charakter als reines Viehherdenland mit den ersten Goldfunden verloren, als aus allen Teilen der Welt die Menschen kamen, um hier ihr Glück zu machen. Zwischen 1859 und 1870 wurde aus Gewässern und Bergen Gold im Wert von über 27 Millionen Dollar gewonnen. Doch die ersten Goldsucher hatten nur die Oberfläche angekratzt, so daß man später dazu überging, Gold auch unter Tage abzubauen.

      Doch das Gold, das alle Probleme lösen sollte, war nicht so leicht zu finden, wie es zunächst den Anschein gehabt hatte, so daß der Staat verarmte.

      Diesen Augenblick hatten sich die Indianer für eine Revolte gegen die weißen Eindringlinge ausgesucht, und die Lage verschlimmerte sich immer mehr trotz der Friedensbemühungen der Weißen.

      Aus der Literatur, die Lord Harleston zu diesem Thema gefunden hatte, ging hervor, daß um 1864 die Angriffe der Indianer auf die großen Verbindungswege immer häufiger wurden und viele Rancher bei Überfällen getötet oder skalpiert wurden.

      Die Lage beruhigte sich, als die Eisenbahnstrecke fertiggestellt war. Und während man dieses Ereignis noch gebührend bejubelte, wurde Silber gefunden, und es begann ein neuer Aufschwung in Colorado.

      Die Bevölkerung wuchs, entlang der Eisenbahnstrecke entstanden neue Ansiedlungen, und viele neue Siedler strömten in dieses Gebiet.

      Da Lord Harleston gern Bescheid wußte, in was er investierte, informierte er sich anhand seiner Unterlagen gründlich über die finanzielle Lage Colorados. Überrascht stellte er fest, wie unerwartet stark ihn der Bergbau interessierte. Wenn ich schon da bin, könnte ich mir auch alles ansehen, dachte er bei sich.

      So erfuhr er, daß die Entdeckung von Blei und Silberadern in den Bergen von Leadville vor zwei Jahren zu einem Ansturm von Erzsuchern und Spekulanten geführt hatte, der immer noch anhielt.

      Was er in Denver zu finden hoffte, wußte er nun nicht so recht, da seine Lektüre ihm einen gänzlich anderen Eindruck vermittelte, als den, den er vorher gehabt hatte. Vielleicht würde sich sein Aufenthalt amüsanter gestalten als erwartet.

      Im Geist stellte er bereits eine Liste der Dinge auf, von denen er Robert berichten mußte, und er bedauerte, daß er und Robert diese Fahrt nicht hatten gemeinsam unternehmen können wie so viele andere in vergangenen Jahren. Damals hatte es immer Dinge gegeben, die sie beide amüsierten und zum Lachen brachten, so daß die langweiligste Party und die längste Reise weniger öde und anstrengend waren, weil sie zusammen waren.

      »Vielleicht stirbt sein Vater, und er kann nach der Beerdigung nachkommen«, dachte Lord Harleston optimistisch.

      Nach stundenlanger Fahrt durch ebenes, ödes Land ohne Anzeichen irgendwelcher menschlicher Besiedlung, näherte sich der Zug Denver.

      Da es sich dabei angeblich um eine ungewöhnliche und höchst interessante Stadt handeln sollte, freute Lord Harleston sich, daß die lange Reise endlich vorüber war. Er war in Denver mit einem Mann verabredet, der ihm die Viehherden zeigen sollte, in die er, wie viele andere Engländer auch, investiert hatte.

      Die Prarie Cattle Company wurde ausschließlich durch britisches Kapital finanziert, und Lord Harleston hatte bereits erfahren, daß auch an den Minen viele britische Unternehmen beteiligt waren.

      »Ehe ich mich dazu entschließe, werde ich mir die Sache sehr gründlich überlegen«, entschied er.

      Er hatte zu viel von Erzadern gehört, die plötzlich nichts mehr einbrachten, von Männern, die man ermordete oder um ihre Anteile betrog, weil sie zu viel Erfolg gehabt hatten, so daß er nicht gewillt war, auf etwas zu setzen, das lediglich auf Treu und Glauben beruhte und Erfolgsaussichten erst erkennen ließ, wenn die Arbeiten schon fortgeschritten waren.

      Doch diese Überlegungen führten im Augenblick zu nichts. Er hatte sowieso nicht vor, lange hierzubleiben, deshalb wollte er sich Gedanken über die nächste Station seiner Reise machen. Das Land war weiß Gott groß genug und die Möglichkeiten grenzenlos.

      Unvermittelt dachte er daran, was sich jetzt im Augenblick in England ereignete. Er hatte über die Reise das Derby in Epsom völlig vergessen, und er rechnete doch fest damit, daß sein Pferd gewinnen würde. Und nun würde er nicht an der Siegerehrung teilnehmen können!

      »Der Teufel soll alle Frauenzimmer holen!« rief er wütend, als der Zug langsam und in weiße Dampfwolken gehüllt in den Bahnhof von Denver einfuhr.

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