Dr. Norden Staffel 6 – Arztroman. Patricia Vandenberg

Dr. Norden Staffel 6 – Arztroman - Patricia Vandenberg


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Abendessen vor der Nase wegschnappt.«

      »Halt, dieser Eindruck ist vollkommen falsch«, verteidigte sich Fee kauend. »Aber wenn du mir die Pizza schon so hinhältst … Wie soll ich da widerstehen?« Sie trank einen Schluck Wein und rutschte dann näher. »Das ist ähnlich wie mit dir«, murmelte sie und schmiegte sich an ihren Mann. »Dir kann ich ja auch nie länger als fünf Minuten widerstehen.« Felicitas beugte sich vor und küsste seinen Hals, dass Daniel seinen Hunger schlagartig vergaß.

      »Wenn das so ist, will ich mal nicht so sein«, raunte er ihr zu und schob den Teller zur Seite. Obwohl noch mehr als die Hälfte von seinem Abendessen übrig war, verlangte es ihn plötzlich nach ganz anderen Köstlichkeiten, die nicht nur den Leib, sondern auch die Seele in Brand setzten und noch nachglühten, als er längst mit seiner Frau in den Armen eingeschlafen war.

      *

      Das Feuer brannte auch noch in Dr. Felicitas Norden, als sie am nächsten Morgen zu Marla ins Krankenzimmer kam.

      »Guten Morgen, meine Liebe. Wie geht es dir heute?«, fragte sie sichtlich gut gelaunt und schob das Ultraschallgerät, das sie mitgebracht hatte, ans Bett.

      »Ganz gut, danke!« Marla musterte die Ärztin mit Interesse. »Das Streichen scheint dir gut bekommen zu sein.«

      Im ersten Moment wollte Fee widersprechen, konnte sich aber gerade noch zurückhalten.

      »Ja, nachdem Daniel Entwarnung gegeben hat, war es sehr lustig mit Pascal und den Kindern. Da hast du dir schon einen Netten ausgesucht«, lenkte Fee ab und setzte sich auf die Bettkante.

      Marlas Wangen wurden rot vor Freude, und sie zog ihr Nachthemd hoch, damit die Ärztin mit der Untersuchung beginnen konnte.

      »Es freut mich, dass ihr euch mögt«, erklärte sie, als sie bemerkte, wie das Lächeln auf Fee Nordens Gesicht verschwand.

      »Stimmt was nicht?«

      »Das Herz deines Kindes schlägt wieder arrhythmisch wie bei der Operation gestern«, kam sie nicht umhin, die Wahrheit zu sagen.

      Marla erschrak.

      »Und was bedeutet das?«

      Konzentriert studierte Felicitas die Bilder auf dem Monitor.

      »Zunächst einmal solltest du dir keine Sorgen machen. Solche Unregelmäßigkeiten sind keine Seltenheit, müssen aber trotzdem abgeklärt werden. Ich schlage vor, dass wir eine Dopplersonographie machen. Das ist eine spezielle Ultraschalluntersuchung, mit der die Fließgeschwindigkeit des Blutes in den Arterien und Venen gemessen wird. So lassen sich Gefäßverengungen aufdecken«, erläuterte sie das weitere Vorgehen. »Außerdem werde ich Dr. Lammers zu Rate ziehen. Er hat sehr viel Erfahrung auf dem Gebiet der pränatalen Diagnostik.«

      Marla schluckte und nickte.

      »Bitte mach alles, was nötig ist, damit es meinem Spatz gut geht«, bat sie und legte die Hände auf ihren Leib, den Fee inzwischen vom durchsichtigen Gel befreit hatte.

      Schon jetzt konnte die junge Künstlerin ihre anfängliche Ablehnung nicht mehr verstehen. Wenn sie nur daran dachte, dass es ihrem Baby schlecht ging, wollte sie in Panik ausbrechen.

      Felicitas bemerkte die Sorgen der werdenden Mutter und versuchte, sie abzulenken.

      »Willst du wissen, was es wird?«

      Der Versuch zeigte zumindest kurzfristig Erfolg.

      »Gern. Kann man das denn schon erkennen?«

      »Inzwischen bist du in der 21. Woche. Und ich habe genug gesehen, um ganz sicher zu sein.«

      »Ein Junge?«, mutmaßte Marla, und Felicitas lächelte und nickte. »Freust du dich?«

      »Und wie! Ehrlich gesagt hab ich mir sogar einen Jungen gewünscht. Rosa und Rüschen und Kleider sind nicht so mein Ding. Dann schon lieber so ein cooler kleiner Kerl«, geriet Marla unvermittelt ins Schwärmen.

      »Oh, nur weil du ein Mädchen hast, heißt das noch lange nicht, dass es Kleider und Spitzensöckchen tragen will«, konnte Fee aus ihrem reichen Erfahrungsschatz berichten. »Die Emanzipation hat längst Einzug ins Kinderzimmer gehalten.«

      »Na, hoffentlich will mein Fynn dann keine Kleider anziehen«, grinste Marla, bevor sich Felicitas für den Moment verabschiedete, um Dr. Lammers zu holen.

      Glücklicherweise musste die werdende Mutter nicht lange warten. Diesmal verzichtete der Kinderarzt auf unflätige Kommentare in Richtung seiner Kollegin und nahm sich sofort des Falles an. Doch das Ergebnis seiner Untersuchung war niederschmetternd.

      »Es tut mir leid, aber das Herz des Kindes ist nicht richtig ausgebildet«, redete er nicht lange um den heißen Brei herum.

      Marla hatte immer noch gehofft, dass es sich um ein Versehen handelte, und wollte es nicht wahrhaben.

      »Wie bitte?«

      »Der linke Herzmuskel ist deutlich verdickt, die Kammer unterentwickelt«, fasste Volker Lammers seine Erkenntnisse zusammen. »Das ist ein signifikanter Hinweis auf eine Aortenklappen­stenose. Aber natürlich brauchen wir noch weitere Untersuchungen.«

      Verständnislos sah Marla von einem zum anderen.

      »Aber was heißt dieses Aorten­stenosendings genau?«

      »Das bedeutet, dass sich die Herzklappe nicht vollständig öffnen kann. Dadurch ist der Strömungswiderstand des Blutes an der Klappe erhöht, der Druck in der linken Herzkammer steigt an. Ein Druckunterschied zwischen Herzkammer und Aorta ist die Folge.«

      Fee hatte den Ausführungen des Kollegen schweigend gelauscht. Doch an dieser Stelle meldete sie sich zu Wort.

      »Einfacher ausgedrückt kann das Blut bei dieser Erkrankung nicht mehr richtig aus dem Herzen ausströmen. Das Herz muss mehr Kraft aufbringen, um dagegen anzupumpen«, versuchte sie, Marla die Vorgänge so verständlich wie möglich auseinanderzusetzen. »Trotzdem gelangt nicht mehr genug sauerstoffreiches Blut in den Körperkreislauf. Das kann zuerst für das Gehirn gefährlich werden. Es braucht den Sauerstoff am dringendsten, um seine Funktion aufrecht zu erhalten.« Mehr wollte die Ärztin zu diesem Zeitpunkt noch nicht sagen.

      »Du meinst …«, wollte Marla zu einer Frage ansetzen, als Dr. Lammers sie unterbrach.

      »Wir meinen, dass Ihr Kind einen Herzfehler hat«, wählte er klare Worte, die keine Fehlinterpretation zuließen.

      Marlas Augen füllten sich mit Tränen, und Fees Herz zog sich zusammen vor Mitgefühl. Auf der einen Seite verabscheute sie den Kollegen dafür, so deutliche Worte zu wählen. Auf der anderen Seite wusste sie, dass es so das Beste war.

      In ihre Gedanken hinein schluchzte Marla auf.

      »Aber … aber … das kann doch gar nicht sein«, stammelte sie. »Danny hat mich doch untersucht. Er hätte doch was merken müssen.« Es war offensichtlich, dass sie sich an jeden Strohhalm klammerte.

      »Ob das Herz richtig ausgebildet ist, kann man frühestens in der 21. Woche feststellen«, musste die Ärztin zugeben und suchte nach Worten des Trostes. »Ich kann mir vorstellen, wie dir zumute ist. Aber statistisch gesehen hat jedes hundertste Kind kein perfektes Herz. Ich weiß, das ist nur ein schwacher Trost, aber bei der der Mehrheit der Kinder kann die Missbildung im Laufe der Zeit vollständig korrigiert werden. Das trifft bestimmt auch auf euer Kind zu.« Felicitas wollte selbst daran glauben, dass alles gut werden würde.

      Volker Lammers machte keinen Hehl daraus, was er von der Prognose seiner Kollegin hielt.

      »Jeder Fall ist anders.« Seine Stimme klirrte vor Kälte. »Sicher ist nur, dass Ihr Kind nach der Geburt sofort in eine Spezialklinik verlegt und operiert werden muss.«

      Marla trocknete sich die Tränen mit dem Tuch, das Felicitas ihr gereicht hatte. Ihre Augen waren rot und verquollen vom Weinen.

      »Aber mein Sohn ist doch dann noch so klein«, presste sie mühsam hervor.

      Diesen Einwand ließ Dr. Lammers nicht gelten. Auf dem


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