Gesammelte Werke. Henrik Ibsen

Gesammelte Werke - Henrik Ibsen


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      Jarl Skule schweigt und blickt sprachlos dem Könige nach.

      Bischof Nikolas mit stärkerer Betonung. Und ist vielleicht doch nicht von königlicher Geburt.

      Jarl Skule wendet sich plötzlich in starker Erregung um und packt den Bischof am Arm. Des Pfarrers Trond Beichte – wo ist sie?

      Bischof Nikolas. Er hat sie mir aus England gesandt, eh' er starb; ich weiß nicht, durch wen, – und ich habe sie nicht erhalten.

      Jarl Skule. Aber sie muß sich finden lassen!

      Bischof Nikolas. Das glaub' ich fest und bestimmt.

      Jarl Skule. Und wenn Ihr sie findet, wollt Ihr sie mir dann aushändigen.

      Bischof Nikolas. Das gelob' ich.

      Jarl Skule. Schwört Ihr's bei Eurer Seele Seligkeit?

      Bischof Nikolas. Das schwör' ich bei meiner Seele Seligkeit.

      Jarl Skule. Gut; – bis dahin will ich Håkon im Wege stehen wo es im stillen und geheimen geschehen kann. Es muß verhütet werden, daß er mächtiger ist als ich, wenn der Kampf beginnen soll.

      Bischof Nikolas. Aber wenn es sich zeigt, daß er der rechte Königssohn ist, – was dann?

      Jarl Skule. Dann will ich versuchen zu beten, – zu beten um demütigen Sinn ihm als ehrlicher Häuptling und nach all meinen Kräften zu dienen.

      Bischof Nikolas. Und wenn er der falsche ist?

      Jarl Skule. Dann soll er mir weichen! Königsnamen und Königsstuhl, Gefolgschaft und Heer, Schatz und Flotte, Städte und Burgen, alles will ich haben!

      Bischof Nikolas. Er wird sich nach Vike retten –

      Jarl Skule. Ich jage ihn aus Vike fort!

      Bischof Nikolas. So setzt er sich in Nidaros fest.

      Jarl Skule. Ich stürme Nidaros!

      Bischof Nikolas. Er sperrt sich ein in Olafs heiliger Kirche –

      Jarl Skule. Ich breche den Kirchenfrieden!

      Bischof Nikolas. Er flüchtet sich auf den Hochaltar und klammert sich an Olafs Schrein –

      Jarl Skule. Ich reiße ihn herunter vom Altar, und müßte ich den Heiligenschrein mitreißen –

      Bischof Nikolas. Er hat aber doch die Krone noch auf dem Haupte, Jarl!

      Jarl Skule. Ich schlage die Krone herunter mit meinem Schwerte!

      Bischof Nikolas. Doch wenn sie zu fest sitzt –?

      Jarl Skule. Nun denn, in Gottes oder des Satans Namen – so schlag' ich das Haupt mit herunter! Ab rechts.

      Bischof Nikolas schaut ihm nach, nickt langsam und spricht: Ja – ja; – so gefällt mir der Jarl!

      Der Vorhang fällt.

      Dritter Akt

       Inhaltsverzeichnis

      Ein Gemach im Bischofspalaste zu Oslo.

      Rechts die Eingangstür. Im Hintergrunde führt eine kleine offenstehende Pforte zur Kapelle, die erhellt ist. Eine Tür mit einem Vorhange in der linken Seitenwand geht in des Bischofs Schlafzimmer. Vorn auf derselben Seite steht eine gepolsterte Ruhebank. Rechts gegenüber ein Schreibtisch mit Briefen, Dokumenten und einer brennenden Lampe.

      Das Zimmer ist anfangs leer; hinter dem Vorhange links erschallt der Gesang von Mönchen. Bald darauf tritt von rechts Paul Flida im Reisegewand ein, bleibt in der Tür stehen, wartet, blickt sich um, und pocht dann dreimal mit seinem Stab auf die Diele.

      Sira Viljam kommt von links heraus und ruft mit gedämpfter Stimme: Paul Flida! Gott sei gelobt – dann ist auch der Jarl nicht mehr weit.

      Paul Flida. Die Schiffe sind schon auf der Höhe von Hovedö; ich fuhr voraus. Und wie steht's mit dem Bischof?

      Sira Viljam. Er empfängt eben die letzte Ölung.

      Paul Flida. Also ist hohe Gefahr?

      Sira Viljam. Meister Sigard von Brabant hat gesagt, er könnte die Nacht nicht überleben.

      Paul Flida. Dann, mein' ich, hat er uns zu spät zu sich beschieden.

      Sira Viljam. Nein, nein, – er hat volles Bewußtsein und auch noch einige Kraft, – jeden Augenblick fragt er, ob der Jarl nicht bald kommt.

      Paul Flida. Ihr nennt ihn noch Jarl; wißt Ihr nicht, daß der König ihm den Herzogsnamen verliehen hat?

      Sira Viljam. Ja, gewiß, ja – es ist nur so eine alte Gewohnheit. Pst! Er und Paul Flida bekreuzigen und verneigen sich. Aus des Bischofs Kammer kommen zwei Chorknaben mit Lichtern, dann zwei andere mit Weihrauchfässern; darauf Priester, die Kelch, Tisch, ein Kruzifix und eine Kirchenfahne tragen; ihnen folgt ein Zug von Priestern und Mönchen; Chorknaben mit Lichtern und Weihrauchfässern beschließen die Prozession, die sich langsam zur Kapelle bewegt, deren Tür sich hinter ihnen schließt.

      Paul Flida. Da hat nun der alte Herr mit dieser Welt abgeschlossen.

      Sira Viljam. Ich darf ihm wohl sagen, daß Herzog Skule jeden Augenblick kommen kann?

      Paul Flida. Er geht von der Brücke geraden. Wegs hierher nach dem Bischofshofe. Lebt wohl! Ab.

      Mehrere Priester, darunter Peter, nebst Dienern des Bischofs treten zur Linken heraus mit Decken, Kissen und einem großen Kohlenbecken.

      Sira Viljam. Was soll das?

      Ein Priester macht die Bank in Ordnung. Der Bischof wünscht hier draußen zu liegen.

      Sira Viljam. Aber ist das ratsam?

      Der Priester. Meister Sigard meint, wir sollten ihm nur seinen Willen tun. Da ist er schon.

      Bischof Nikolas erscheint, von Meister Sigard und einem Priester unterstützt. Er ist im Bischofsornat, doch ohne Mitra und Stab.

      Bischof Nikolas Steckt mehr Lichter an! Er wird zu der Bank neben dem Kohlenbecken geleitet und in die Decken gehüllt. Viljam, jetzt hab' ich Vergebung erlangt für alle meine Sünden! Sie nahmen sie alle mit – mir ist jetzt so leicht.

      Sira Viljam. Der Herzog hat Euch einen Boten gesandt, Herr, – er selbst ist schon diesseits Hovedö.

      Bischof Nikolas. Das ist gut, sehr gut. Der König wird auch wohl bald hier sein. Ich war ein sündiger Hund all mein Lebtage, Viljam; ich habe mich schwer an dem König vergangen. Die Priester drinnen, die sagten, daß all meine Sünden mir vergeben sein sollen; – ja, das mag wohl sein; aber die haben gut versprechen; an ihnen hab' ich mich nicht vergangen. Nein, nein – es ist wohl das Sicherste, es aus des Königs eignem Munde zu hören. Heftig auffahrend. Licht, sag' ich! Es ist so dunkel hier.

      Sira Viljam. Die Lichter sind ja schon –

      Meister Sigard winkt ihm zu schweigen und nähert sich dem Bischof. Wie geht's Euch, Herr?

      Bischof Nikolas. Nun, so so, – so so, meine Hände und Füße sind kalt.

      Meister Sigard halblaut, indem er das Kohlenbecken näher rückt. Hm, – das ist der Anfang vom Ende.

      Bischof Nikolas ängstlich zu Viljam. Ich habe gesagt, acht Mönche sollen heut Nacht in der Kapelle für mich singen und beten. Hab' ein Aug' auf sie; es sind faule Knechte drunter.

      Sira Viljam deutet stumm auf die Kapelle, aus der Gesang ertönt, der während der folgenden Szene fortdauert.

      Bischof Nikolas. So vieles noch ungetan, und all das verlassen zu müssen! So vieles ungetan, Viljam!

      Sira Viljam. Herr, denkt an das Himmlische!

      Bischof Nikolas. Ich habe noch Zeit vor mir; – bis zur Morgenstunde, meint Meister Sigard –


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